Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
Eingebung, die ihm noch einmal deutlich machte, wer und was er war. Er begriff den einzigen Grund, aus dem er auf der Welt war, den letzten Zweck seines sinnlosen, von zahllosen Fehlern geprägten Lebens. Und diesen Zweck würde er in einem letzten Anfall von Stolz erfüllen. Gewiss, er war allein, und zwei Marvashs gab es, aber es würde reichen.
Nein, ich werde mich nicht allein davonmachen , dachte er wütend.
34
Der letzte Marvash, die letzte Sheireen
D ie Zärtlichkeit ihrer Hände, mit denen sie ihm den Rücken streichelte. Die Wärme ihrer Umarmung und ihres Atems am Hals. Die Weichheit ihrer Lippen auf der Haut. Das waren Dinge, die er für immer verloren geglaubt hatte, Empfindungen, die er in seine Träume verbannt hatte. Doch nun lag er hier mit ihr, weinte an ihrer Schulter und hielt sie ganz fest, so als fürchte er, sie könne ihm jeden Moment wieder entgleiten.
»Verzeih mir«, murmelte Amhal.
Adhara hob den Kopf und blickte ihm ins Gesicht. Sie waren wieder da, seine grünen Augen, mit einem lebendigen Blick, der von Schmerz sprach, gewiss, aber auch von Hoffnung, Träumen, Zukunft. Sie konnte es nicht fassen. Obwohl sie seit Monaten nur auf dieses Ziel hingelebt hatte, wurde ihr nun bewusst, im Grunde selbst nicht daran geglaubt zu haben, dass sich ihre Hoffnungen erfüllen könnten. Ein Teil von ihr war stets überzeugt gewesen, dass Amhal für immer verloren war und dass sie als Sheireen, am Ende dieses langen Wegs, gezwungen sein würde, den Marvash zu töten, so wie
es seit Jahrtausenden geschah. Doch nun hatte sie es tatsächlich geschafft, sie hatte die Geschichte der Welt verändert und sich erfolgreich gegen die Götter aufgelehnt.
»Es gibt nichts, was ich dir verzeihen müsste«, sagte sie.
Da reckte er sich zu ihr vor und küsste sie voller Hingabe, so wie an jenem denkwürdigen Abend am Tor der Akademie. Doch nun lag nichts Gewaltsames in seiner Leidenschaft, nur die Verzweiflung eines Mannes, der sich der verlorenen Zeit bewusst war und mit aller Macht versuchte, die vielen finsteren Monate ungeschehen zu machen. Doch Adhara gab sich ganz dieser neuen Gegenwart hin. Was gewesen war, hatte nur dann einen Sinn, wenn sich alles, auch nur für einen kurzen Moment, ineinanderfügte. Wenn der lange Weg sein Ziel fand, der sie vom Erwachen auf der Wiese vor weniger als einem Jahr bis zu diesem Ort geführt hatte, um hier etwas zu wagen, wozu vor ihr noch niemand den Mut gefunden hatte. Und seine Hände auf ihrem Körper machten sie nun endlich ganz lebendig: Nun war es nicht mehr Elynas Leib, nun war sie nicht mehr das Fleisch, dem die Erweckten das Siegel der Geweihten aufgedrückt hatten. Diese Haut, die unter Amhals Berührungen bebte, war endlich nur noch ihre eigene. Jetzt war sie wirklich voll und ganz Adhara, die auf einer Wiese zum Leben erwacht war, die lange Zeit in den Sümpfen der Unsicherheit und des Leids nach sich selbst gesucht und sich schließlich zu dem entfaltet hatte, was sie hier und heute war. Und dieser lange, leidenschaftliche Kuss verschmolz endlich Leib und
Seele zu einer Einheit, versöhnte sie mit einem Körper, der sie zu oft im Stich gelassen hatte und in dem sie lange nur ein ruheloser Gast gewesen war. Es war ein Gefühl allumfassender Ganzheit, das sie tief bewegte.
Da brachten laute Schreie sie in die Wirklichkeit zurück. Adhara richtete sich auf und blickte sich um. »Wir müssen hier fort«, raunte sie.
Erst jetzt merkte sie, dass Amhals Gesicht blass und von einer Schweißschicht überzogen war. Dort, wo das Amulett gesessen hatte, klaffte ein dunkles Loch, aus dem langsam, aber unaufhörlich Blut rann. Sie musste sich zusammennehmen, um nicht in Ohnmacht zu fallen.
»Ich muss deine Wunden versorgen«, sagte sie hastig und wollte aufstehen. Doch ihre Beine gaben nach, und sie sank wieder zu Boden.
Im Kampf hatte sie alles gegeben. Auch wenn ihre Wunden nicht tief waren, fühlte sie sich völlig entkräftet.
»Geh nur …«, murmelte Amhal. »Lauf los und bring dich in Sicherheit.«
»So ein Unsinn … Nicht ohne dich«, erwiderte sie.
Sie schaute sich um und kroch dann zu der Eisenhand, die, wie sie fluchend feststellte, in ihre Einzelteile zerborsten und unbrauchbar war. Wieder bei Amhal, machte sie sich daran, mit der gesunden Hand und den Zähnen den Ärmel ihres Hemdes zu zerreißen, um die Fetzen als Binden zu benutzen.
»Ich kann ihn spüren«, flüsterte Amhal leise, während sein Blick durch den Saal schweifte.
»Nicht reden«, bat
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