Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
wie lange sie schon unterwegs waren. Mit dem Sack über dem Kopf war nicht nur ihr Orientierungssinn, sondern auch ihr Zeitgefühl verlorengegangen. Sie merkte aber, dass sie sich durch ganz unterschiedliches Gelände bewegten, mal eben, mal bergauf, mal bergab. Nur ein Stück des Wegs begleitete sie das Rauschen des Ozeans, dann wurde das Tosen immer schwächer, bis es ganz verklungen war. Adhara überlegte, ob sie diesem Unbekannten, der sie überfallen hatte, erklären sollte, dass der Sack über ihrem Kopf völlig überflüssig war, weil ihr das Land, in dem sie sich befanden, ganz fremd war. Doch vielleicht war es besser zu schweigen – so wie er.
Irgendwann waren die Wellen wieder zu hören, die Brandung wurde lauter, und sie erreichten einen Strand, wo der Entführer sie in ein Boot verfrachtete und losruderte. Es war eine stürmische Überfahrt, und mehrmals befürchtete Adhara, sie würden gleich kentern. Doch irgendwann beruhigte sich das Wasser, Stille kehrte
ein, und das Tageslicht, das bis dahin das Leinengewebe des Sacks durchdrungen hatte, erlosch. Gleichzeitig wurde die Luft kühler und feuchter, während das Geräusch der eintauchenden Ruderblätter an Wände zu prallen schien, so dass ein schwaches Echo entstand. Kurz darauf lief der Kiel auf etwas Festes, und der Mann zog Adhara den Sack vom Kopf.
»Los, steig aus«, befahl er ihr.
Jetzt konnte Adhara ihrem Entführer ins Gesicht schauen. Und ihr Verdacht bestätigte sich: Es war ein Elf. Sein magerer, unnatürlich langgezogener Leib, die harten Gesichtszüge mit den eiskalten Augen und die grünen, zu einem Pferdeschwanz gerafften Haare – all das waren unverkennbare Merkmale ihrer Feinde.
»Los, beweg dich!«, herrschte der Elf sie noch einmal an.
Adhara gehorchte, setzte einen Fuß über die Bordkante und musste dabei aufpassen, dass sie mit den gefesselten Armen nicht das Gleichgewicht verlor und ins Wasser fiel. So watete sie an Land.
Erst dort drehte sie sich um und erkannte genauer, wo sie gelandet waren. Es war ein zauberhafter Ort, wie sie staunend feststellte, eine Grotte, in der das klare Wasser gegen die Felswände schwappte, mit einem winzigen, nur wenige Ellen breiten Kiesstrand, wo sie angelegt hatten. Die Höhlendecke war vielleicht dreißig Ellen hoch und wies eine schmale Öffnung auf, deren Ränder von Gestrüpp überwuchert waren. Diese Scharte war jedoch nicht die Hauptlichtquelle. Die Grotte wurde von einem Schein erhellt, der die tiefblaue, fluoreszierende Wasseroberfläche zu
durchdringen schien, so als strahle dort unten auf dem Meeresgrund eine verborgene Sonne, die unwirkliche, traumhafte Reflexe an den Höhlenwänden tanzen ließ. Adhara war so hingerissen, dass sie einen Moment lang ihre bedrohliche Lage vergaß und sich fassungslos umblickte. Als sie eine Hand ins Wasser tauchte, färbte sie sich silbern.
Von dem kleinen Strand führte durch einen Spalt, der breit genug war, um eine Person hindurchzulassen, ein wackliges Treppchen die Höhlenwand hinauf. Da ihm die Seitenteile fehlten, schienen die knarzenden Stufen nur durch ein Wunder in der Wand zu halten. Während sie hinaufstiegen, blickte sich Adhara noch einmal um. Das Wasser unter ihnen hatte den kleinen Kiesstrand schon überspült und stieg zu ihnen hinauf.
An den hastigen Schritten des Elfen erkannte sie, dass ihnen nicht viel Zeit blieb, bis das Wasser sie erreichen würde. So beeilte sie sich ebenfalls, zusätzlich angetrieben durch das Messer, dass ihr der Entführer in den Rücken presste.
Oberhalb der Treppe sah sie einige schmalere Öffnungen – vielleicht die Eingänge in die Felsstollen –, aus denen andere Elfen die Köpfe hervorreckten und die Ankommenden neugierig betrachteten.
Sie schlüpften durch die größte dieser Öffnungen und gelangten in einen Tunnel. Der Stein war feucht und glatt, und Adhara musste aufpassen, wohin sie die Füße setzte. Vorbei an den neugierigen Blicken anderer Elfen, trieb der Entführer Adhara durch den Stollen, wobei die Feuerkämpferin feststellte, dass die Tunnel alle miteinander verbunden sein mussten. Mehrmals bogen sie ab,
durchliefen ein wirres Stollengeflecht, bis sie endlich in einen großen Saal kamen, der durch eine Anzahl kleiner runder Fenster erhellt wurde, die man in den Fels geschlagen hatte. Aus Stein war auch eine Art Bank, die man aus der Wand gemeißelt hatte und die den ganzen ovalen Raum umlief. Auch dort saßen Elfen, die größtenteils mit langen Lanzen bewaffnet waren.
»Da
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