Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
bist du ja gerade noch rechtzeitig gekommen, sonst hätte dir die Flut den Zugang versperrt. Wie ich sehe, hast du uns einen Gast mitgebracht.«
Gesprochen hatte ein Elf, der etwas erhöht in der Mitte zwischen den anderen saß. Er trug einen Brustpanzer sowie breite Schulterstücke und lederne Armschützer. Das Gewand darunter war aus rauem Stoff, und extrem muskulöse Arme und Beine schauten daraus hervor. Adhara fragte sich, ob er tatsächlich ein Elf war, denn einen solch kraftstrotzenden Angehörigen dieser Rasse hatte sie noch nie gesehen. Sein Kopf war rasiert, so dass die spitzen Ohren noch länger als die seiner Gefährten wirkten. Seine extrem hellvioletten Augen waren wie aus Eis, doch sein Gesicht hatte etwas ungewöhnlich Anmutiges, so dass es fast weiblich wirkte. Im Unterschied zu den anderen Elfen trug er keine Lanze, sondern eine Doppelaxt – lang und schmal, wie alle Waffen der Elfen –, auf die er seinen rechten Arm stützte.
»Ich habe den Eindringling oben auf den Thranar-Klippen entdeckt«, erklärte der Elf, der Adhara überfallen hatten. Alle Augen waren auf sie gerichtet.
»Wer bist du und was willst du bei uns in Mherar Thar?«, fragte der Elf mit dem geschorenen Schädel.
Erst jetzt fiel Adhara auf, dass die Unterhaltung nicht
in ihrer Sprache, sondern auf Elfisch geführt wurde. Als sie diese Sprache zuletzt gehört hatte, damals in Salazar, hatte sie bloß ein paar Brocken aufschnappen können. Jetzt aber verstand sie jedes Wort. Offenbar entwickelten sich manche Kenntnisse, die ihr Adrass eingepflanzt hatte, erst mit der Zeit.
Allerdings hielt sie es für ratsam, sich vor den Elfen nicht zu verraten. Sie setzte eine hilflose Miene auf, während die Versammelten vielsagende Blicke wechselten.
»Wer bist du?«, fragte der Anführer noch einmal, nun aber in der Sprache der Aufgetauchten Welt und mit dem gleichen Akzent und im zischenden Ton wie ihr Entführer.
»Ich heiße Adhara.«
»Adhara … Jungfrau …«
Sie stutzte. Seltsam, dass ihr Name in der Elfensprache diese Bedeutung hatte. Sie verspürte einen Stich im Herz, weil sie unwillkürlich an Amhal dachte, denn schließlich hatte er ihr diesen Namen gegeben.
»Was hast du hier zu suchen?«
»Das kann ich nicht sagen. Ich weiß ja noch nicht einmal, wo dieses ›hier‹ überhaupt liegt.«
Die Blicke der Elfen schienen noch misstrauischer zu werden.
»Du bist in Mherar Thar«, wiederholte der Anführer. Für einen Mann klang seine Stimme ungewöhnlich sanft.
Im Land der Tränen , übersetzte Adhara im Geiste. Aber das sagte ihr nichts.
»Ihr Menschen nennt sie die ›Unerforschten Lande‹.«
Sofort war die Feuerkämpferin im Bilde. Sie erinnerte sich vage an einige Einzelheiten dieser anderen Welt, an Kenntnisse, die Adrass ihr ebenfalls bei ihrer Erschaffung eingegeben haben musste. Zum Beispiel an ein Buch von Sennar, in dem dieser von der Überquerung des Saars berichtet und dann von einer verhängnisvollen Begegnung mit den Elfen. Sie befand sich also in der Welt, in der die Elfen jetzt zu Hause waren. Mit anderen Worten, sie war in der Höhle des Löwen gelandet. Ob die Siedlungen der Elfen wohl alle so angelegt waren? Unwahrscheinlich. Der komplizierte Weg hierher, die Tatsache, dass man ihr die Augen verbunden hatte, und dieser Zugang, der nur bei bestimmten Wasserständen möglich war, sprachen dagegen. Diese Elfen schienen sich zu verstecken. Aber vor wem?
»Ich weiß auch nicht, wieso ich hier gelandet bin. Ein Portal ist explodiert, und ich wurde an diesen Ort geschleudert«, versuchte Adhara zu erklären.
»Und warum soll dich dieses Portal ausgerechnet zu uns katapultiert haben?«
»Das weiß ich nicht. Als ich zu mir kam, lag ich in einem Wald, und dann bin ich eine Weile herumgeirrt, um herauszufinden, wo ich überhaupt bin.«
Der Elf starrte sie weiter misstrauisch an. »Und was soll das für ein Portal gewesen sein?«
Adhara wog ihre Worte sorgfältig ab, bevor sie antwortete. »Durch dieses Portal konnte ich in eine Bibliothek gelangen, in der lebensnotwendige Bücher für mich standen. Aber als ich dort war, wurde ich angegriffen, und in dem Zweikampf wurde das Portal zerstört.«
Der Elf ließ weiter seinen skeptischen Blick auf ihr ruhen. »Du hast blaue Haare …«, sagte er dann. »Bist du eine Halbelfe?«
»Ja, in meinen Adern fließt auch Halbelfenblut. Ein Vermächtnis meines Vaters …«
»Nun, Mensch oder Halbelf, wie dem auch sei. Jedenfalls ist es dir verboten, dich hier
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