Die Feuertaufe - Band 1 (Rettungskreuzer Ikarus) (German Edition)
sei.
Ein Grund mehr, das erste Schiff der neuen Rettungsabteilung auf Vortex Outpost zu stationieren.
Die Mannschaft erhielt einen eigenen Bereich zugeteilt, in unmittelbarer Nähe der Schleusenstationen, in denen die Zubringerboote für alle jene Raumfahrzeuge lagen, die zu große waren, als dass sie sinnvoll an die Station andocken konnten. Die Ikarus gehörte in diese Kategorie. Die Krankenstation war bereits vorher durch Dr. Ekkri um eine große Notaufnahmeabteilung erweitert worden und zusätzliches Fachpersonal war eingetroffen. Sie waren nicht unmittelbar der Rettungsabteilung zugeordnet, Vortex Outpost wäre ohnehin ausgebaut worden. Doch so konnte das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden werden, und Sally McLennane, die ihr Hauptquartier ebenfalls auf der Station aufschlug, musste die Kosten minimieren und den Nutzen maximieren. Vortex Outpost war der ideale Standort dafür. Außerdem schien es, als sei die Corpsleitung über diese Entscheidung ebenfalls sehr glücklich gewesen, denn das bedeutete, dass Sally 116 Lichtjahre vom Corps-HQ entfernt stationiert werden würde. Und dies schien den Verantwortlichen ausgezeichnet in den Kram zu passen.
Der kleine Besprechungsraum war karg ausgestattet. In der Mitte stand ein Kommunikationstisch mit Holoprojektor und Computerterminals. Um ihn herum eine Reihe von Sesseln, an der Wand Zeitpläne, Diensttabellen und technische Blaupausen. In einer Ecke stand ein Versorgungsautomat, der Getränke und Snacks bereitstellte. Eine Tür führte in den Unterkunftsbereich der Rettungsabteilung, eine andere direkt in den Hangar, der die Ikarus schnell ins Weltall katapultieren konnte, da das Schiff auf einer energetischen Startanlage ruhte. Der Raum war mit Menschen voll besetzt: Captain Sentenza saß am Kopfende und starrte in die Runde, als könne er nicht glauben, wieder über eine Mannschaft zu präsidieren. Seit er die Blutwäsche des Alkoholentzugs verlassen hatte und eine psychische Grundreinigung erhalten hatte, erinnerte nur noch wenig an die völlig heruntergekommene Person, die Corpsleute in einer schäbigen Raumhafenbar aufgelesen hatten. Sentenza war hagerer geworden und seine Gesichtszüge schärfer, doch hielt er sich aufrecht und kontrolliert. Sein Blick taxierte jedes Mitglied seiner Mannschaft genau, der Captain war die personifizierte Aufmerksamkeit. Keine Geste, keine Mimik, kein Wort, und sei es noch so leise, entging ihm. Es war offensichtlich, dass, was immer zu seinem Prozess und der Verurteilung geführt hatte, er es nicht zu wiederholen gedachte.
Dr. Anande saß unruhig auf einem Sessel und spielte mit seinen Händen. Von der ruhigen, fast stoischen Persönlichkeit, die er einmal gewesen war, war nicht mehr viel übrig. Er wirkte unsicher, lächelte fahrig, seine Finger in ständiger Bewegung. Die Corpsleute hatten auch ihn in wenig bemitleidenswerter Lage aufgegriffen, ohne Erinnerung an wichtige Teile seines Lebens, mit nur noch knappen Finanzmitteln ausgestattet, arbeitete er als Assistenzarzt in einer kleinen xenomedizinischen Krankenstation und versuchte, seine offenbar vorhandenen umfangreichen Kenntnisse irgendwie mit seinem Lebenslauf in Einklang zu bringen, was ihm jedoch nie recht gelingen wollte. Das Angebot des Corps kam da wie gerufen, Anande sah diese Herausforderung nicht zuletzt als Möglichkeit, mehr über sich selbst zu erfahren und zu erkennen, welche Möglichkeiten er besaß. In gewisser Hinsicht war der Mediziner auf der Suche.
Chief DiMersi machte einen ähnlichen Eindruck wie der Captain, doch in ihr war eine starke, innere Unruhe erkennbar. Sie wirkte wie ein in den Bogen gespannter Pfeil, jederzeit bereit, aufzuspringen und ihren Dienst zu beginnen, um eine Schuld abzuzahlen, die sie niemals begleichen konnte. Das Angebot des Corps, eine neue Stelle anzunehmen, hatte sie nicht erwartet. Doch als sie erfahren hatte, worum es sich handelt, hatte sie keinen Augenblick gezögert. Das Bild des verstorbenen Captains, der sie aus der Oremi geholt hatte, lag immer wieder wie ein Schleier über ihr, wenn sie sich zu entspannen suchte. Seitdem suchte sie keine Entspannung mehr, sondern nur eine Chance, das Schicksal zu besänftigen. Ihre schlohweiße Haarpracht trug sie kurz geschnitten, aber ohne Färbung, sie trug ihre Frisur wie einen Schutzschild vor sich her: Seht, was ich durchgemacht habe – aber sprecht nicht darüber! Sie würdigte ihren Teamkollegen keines Blickes.
Arthur Trooid, der robotische Navigator und Mädchen
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