Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuerzangenbowle

Die Feuerzangenbowle

Titel: Die Feuerzangenbowle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Spoerl
Vom Netzwerk:
Schnauz räuspert sich bedrohlich.
    Ein zweiter Quietscher, länger und
kräftiger als vorher.
    Schnauz schaltet das Licht ein. Alle
sitzen da mit fromm gefalteten Händen und staunen.
    „Wär est das gewäsen?“
    Niemand.
    „Wär est das gewäsen?“
    Hans meldet sich freiwillig.
    „Onsenn, das war eine Schülerin. Ech
wärde die Öbeltäterin festställen.“
    Er läßt die Mädels einzeln an sich
vorbeimarschieren und der Reihe nach quietschen. Sie tun es herzhaft und mit
Lust. Nur Ilselotte hält es für angebracht, ihre Stimme zu verstellen und einen
tiefen Ton zu quaken.
    Das schlechte Gewissen wird zum
Verräter.
    „Warom haben Sä gequähtscht?“
    „Ich weiß nicht“, haucht Ilselotte.
Dabei schaut sie den armen Schnauz aus blauen Madonnenaugen so betörend an, daß
er völlig die Fassung verliert. Er muß wegblicken und ist wehrlos.
    „Sätzen Sä sech, ond passen Sä nächstes
Mal bässer auf, damet Sä künftig wessen, warom Sä quähtschen.“
    Ilselotte stöckelt auf ihren Platz
zurück. Sie saß neben Rudi Knebel.
    Die Mädels wußten nun Bescheid.
Professor Crey tat ihnen nichts. Augen wie eine Madonna konnten sie alle
machen.
    Der Schnauz sammelte sich rasch und
dozierte weiter. Er kam zum Schluß: „— ond so äntsteht bei dähsem Versoch ein
starker Öberschoß an Steckstoff. Wäderholen Sä das, Pfeiffer!“
    Hans wiederholte mit scheinheiligem
Gesicht: „Ond so äntsteht bei dähsem Versoch ein starker öberschoß an
Steckstoff.“
    Der Schnauz schnauzte: „Haben Sä emmer
däse alberne Aussprache?“
    Die Antwort erfolgt von der gesamten
Klasse in Form eines Brüllens. Aber über den rauhen Primanerbässen schwebt ein
hoher Oberton aus Mädchenkehlen. Aus dem Männerchor war ein gemischter Chor
geworden.
     
    *
     
    Am Nachmittag saßen Frau Direktor
Knauer und Tochter am festlich gedeckten Kaffeetisch und harrten des Herrn
Professor Crey.
    Eva sollte Hausmütterchen spielen und
hatte eine Tändelschürze umbinden müssen. Auch der gigantische Napfkuchen auf
dem Tisch war ihr Werk. Allerdings hatte die Mama dabei Oberaufsicht geführt.
Die verbrannte Seite war geschickt mit Zucker überpudert.
    Mama Knauer ist nervös. Sie rückt auf
dem Kaffeetisch bald ein Löffelchen, bald eine Tasse zurecht .
Sie dreht den Kuchen, daß die schöne Seite vor Professor Creys Platz zu stehen
kommt, und erteilt die letzten Ermahnungen:
    „Du mußt wirklich etwas liebenswürdiger
zu ihm sein, Eva. Er soll allmählich merken, daß du ihn gern hast. Zieh dir mal
die Bluse tiefer. Und halte dich besser. Brust heraus! Siehst ja aus wie ein
Kind.“
    Es klingelt.
    „Minna, den Herrn sofort hereinführen!“
    So! Rasch die Stühle geradegeschoben.
Dann hingesetzt. Und die Häkelarbeit zur Hand genommen. Bitte recht freundlich.
Jetzt kann der Besuch nähertreten.
    Der Besuch heißt Hans Pfeiffer. Hans
kommt mit seiner Strafarbeit. Einen so aufmerksamen Empfang hatte er nicht
erwartet. Er stellt sich den Herrschaften vor. Der Herr Direktor habe ihn
hergebeten.
    Mama Knauer weiß nicht recht. Aber es
wird schon stimmen. Ihr Gatte tut nichts Unüberlegtes.
    Sie nötigt den Primaner wohl oder übel
an den Tisch, und schon sitzt er zwischen Mutter und Tochter. Crey war für vier
Uhr geladen. Fangen wir einstweilen an. Kaffee, Sahne gefällig? Zucker?
Selbstgebackener Kuchen — bitte tüchtig zuzulangen.
    Hans fühlt sich. Endlich wird man
wieder für voll genommen. Endlich ist man nicht bloß ein armseliger Pennäler.
Sondern Besuch.
    Er unterhält die Damen so geistreich
wie möglich. Er spricht von der Kaffee-Ernte, von Eleonore Duse, von der
Erforschung des Nordpols, von der Sumpfschildkröte und von tausend anderen
Dingen. Und von jedem ein bißchen. Wie ein Magazin. Motto: Zehnmal so klug wie
sie.
    Mama Knauer hängt an seinen Lippen. Sie
wird von Hans hofiert. Er bewundert ihr Kleid und die Brosche. Er lobt den
Kaffee und den Kuchen. Er sagt zu ihr „Meine Gnädigste“. Er ist mitten in die
Familie gerutscht.
    Plötzlich steht er auf. Papa Knauer ist
eingetreten.
    Hinter ihm Crey.
    „Pfeiffer, wo haben Sie Ihre
Strafarbeit?“
    „Strafarbeit“ hat er gesagt. Eva wird
rot und beißt sich auf die Lippen. Frau Knauer weiß nicht, was sie sagen soll.
Die andern wissen es auch nicht. Die Stimmung ist eisig, unter Null. Endlich
findet Frau Knauer den Anlauf:
    „Herr — Pfeiffer — wir möchten Sie dann
nicht länger aufhalten.“
    „Sä haben sicher noch Ehre
Scholarbeiten zo machen“, ergänzt

Weitere Kostenlose Bücher