Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten.
Die Voodoo-Puppe
A malie war den ganzen Abend vollauf damit beschäftigt, die Männer im Arbeitszimmer mit kochendheißem Kaffee zu versorgen, wobei sie geheimnisvolle jamaikische Flüche vor sich hin murmelte. Claire Pfeifer wußte, daß ihre Hausangestellte am glücklichsten war, wenn sie über die Demütigungen ihrer Stellung schimpfen konnte, und kümmerte sich folglich gar nicht darum. Sie steckte nur um halb zwölf den Kopf ins Arbeitszimmer, um ihren Mann und dessen Partner daran zu erinnern, daß die Kaffeequelle nicht unerschöpflich war.
Bill Pfeifer antwortete ihr nicht einmal, aber Joey Krantz blickte auf, sein jungenhaftes Gesicht voller Schuldbewußtsein, und entschuldigte sich, daß er jedermann wachhielt. Mrs. Pfeifer brachte Joey abwinkend zum Schweigen. Sie war an diese nächtlichen Konferenzen gewöhnt; seit Gründung der Firma für Spielwaren und Geschenkartikel hatte es schon viele von ihnen gegeben. Bill meinte, dies sei der Preis, wenn man für sich selbst arbeitete, man könne sich nicht mehr an die geregelte Arbeitszeit eines Arbeitnehmers halten. Es störte sie nicht wirklich. Die Luft knisterte, wenn die beiden sich über einem neuen Projekt in Begeisterung redeten. Eine solche Atmosphäre hatte niemals geherrscht, als Bill seine Brötchen noch als Vertreter für Spielwaren verdient hatte. Und außerdem brachte das Geschäft etwas ein. Das konnte sie schon an ihrem Kleiderschrank ablesen. Lächelnd lief Claire die Treppe hinauf, um im Kinderzimmer einen letzten mütterlichen Blick auf Poppys Engelsgesichtchen zu werfen.
Joey Krantz im Arbeitszimmer lächelte nicht. Er schüttelte störrisch den Kopf.
»Du mit deiner Phantasie«, sagte er bitter. »Wäre es nicht an der Zeit, die Phantasie mal ruhen zu lassen und einen vernünftigen Artikel rauszubringen?«
»Was ist los mit dir?« Sein Partner fuhr sich mit den Fingern durch sein glattes Haar. Er war acht Jahre älter als Joey, aber manchmal tat Joey, als wäre er neunzig. »Sag mir mal, wie wir aus den Startlöchern gekommen wären ohne diese Phantasie? Ohne das Spukhaus wären wir einfach nur ein unbedeutender Spielzeugladen unter vielen, das solltest du doch ganz genau wissen. Und diese Masche ist besser, Joey, das fühle ich hier.«
Er schlug sich auf seine breite Brust.
»Und ich fühle es dort«, sagte Joey, auf seine Brieftasche klopfend. »All diese makabren Gags laufen sich doch schnell tot. Wir brauchen etwas Solides. Kriegsspielzeug. Vielleicht ein paar gute Spiele.«
»Du verkalkst allmählich. Zwei Jahre im Geschäft und du wirst konservativ.«
»Aber diese Idee ist nicht bloß makaber, sie ist schlichtweg pervers.« Er nahm den großen weißen Bogen hoch, auf dem Bill Pfeifer seine Bleistiftskizze gemacht hatte. »Eine Voodoo-Puppe, heiliger Strohsack! Was für ein Irrer soll denn so was kaufen?«
»Der gleiche Irre, der das Spukhaus gekauft hat«, sagte Bill geduldig. »All die Irren, die jährlich eine Million Dollar für geschmacklose Glückwunschkarten und solches Zeug ausgeben. Aber du verstehst nicht, worum es geht, Joey. Das soll kein fabrikmäßig hergestellter Schund werden, zum Teufel. Wir würden wahrscheinlich kein Gros davon verkaufen, wenn wir sie in Syracuse, New York, herstellen ließen. Dies hier werden echte Voodoo-Puppen sein, made in Haiti.«
»Ich dachte, euer Mädchen käme aus Jamaika?«
»Amalie? Tut sie auch, aber sie weiß ebenso darüber Bescheid. Sie nennen es dort Obeah, aber es dreht sich um die gleiche Sache.«
Joey grunzte. »Jetzt holen wir uns unsere Ideen schon von Dienstmädchen. Mann, muß es uns schlecht gehen!«
»Die Idee ist von mir. Zwar haben mich Amalies Geschichten darauf gebracht, aber die Idee ist von mir.« Er griff nach seiner Kaffeetasse und leerte sie in drei großen Schlucken. »Paß auf«, sagte er, »ich habe schon geprüft, ob es möglich ist, daß Crosby die Puppen für uns herstellen läßt. Sie machen eine Menge Geschäfte mit Haiti, importieren hauptsächlich für Frankreich. Die Eingeborenen können die Puppen praktisch für Pfennige herstellen, und die sind dann so echt, wie man es sich nur wünschen kann.«
»Ich dachte, diese Puppen müßten aussehen wie das Opfer?«
»Nicht unbedingt. Ich meine, wenn wir jetzt in die technischen Details gehen wollen, sie sollten etwas Haar und ein paar abgeschnittene Nägel von dem Typen enthalten, den man verhexen will. Aber zum Teufel auch, Joey, es ist doch bloß ein
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