Die feurige Braut des Highlanders: Roman (German Edition)
erneut zu Boden sank. »Ihr seid der Rabe!«
Das silbrige Flimmern, von dem er umgeben war, flackerte wie zur Bestätigung, und er trat näher. Der Spalt in der Dunkelheit öffnete sich gerade weit genug, um ihn ihr in seiner ganzen Pracht zu offenbaren. Denn prachtvoll war er, ein Mann von sagenhafter Schönheit, der aussah, als stammte er aus einer der vielen gälischen Legenden. Ein dunkelhaariger, reinblütiger Kelte und so unwiderstehlich verführerisch, dass es fast wehtat, ihn anzusehen, so stark war seine Wirkung auf sie. Er war ein Highlandkrieger, wie sie ihn in ihren schönsten Träumen gesehen hatte, und Gelis wusste, dass er Furcht erregend sein würde im Kampf und unersättlich in der Liebe.
Und sie wusste auch, dass er sie begehrte.
Oder, besser gesagt, sie brauchte.
Und das in einer Weise, die weit über das brennende sinnliche Verlangen hinausging, das sie durch seinen mächtigen Körper rasen spüren konnte. Seine Augen machten ihn verwundbar. Dunkel wie die des Raben und ebenso bezwingend wichen sie nicht von den ihren, und irgendetwas in ihnen beschwor sie, ihm zu helfen.
Und ließ sie die Schatten sehen, die sein Herz verdunkelten.
Dann, als er so nahe herankam, dass Gelis eine zitternde Hand ausstreckte, um ihn zu berühren, verschwand er, als wäre er nie da gewesen.
Ließ sie allein auf dem von der Brandung ausgespülten kleinen Strand zurück, wo nur die hohen Gipfel von Kintail und die glitzernden Wasser des Loch Duich die einzigen Zeugen des Geschehenen waren.
»O Gott, o mein Gott«, flüsterte Gelis und setzte sich auf einen kalten, feuchten Felsbrocken. Ihr war kaum bewusst, dass sie sich das zerzauste Haar zurückstrich und das Gesicht in den schneidend kalten Wind hielt, um ihre brennenden Wangen zu kühlen, über die jetzt ungehindert heiße Tränen liefen.
Tränen, die sie trotz ihres stolzen Namens nicht mehr unterdrücken würde.
Trotz der eisernen Stärke ihres unbeugsamen Geschlechts. Eines Erbes, das offenbar weit mehr für sie bereithielt, als sie je geahnt hatte.
Mehr, als sie oder jemand in ihrer Familie je erraten hätte.
Noch immer am ganzen Körper zitternd legte sie den Kopf zurück und blickte zu dem strahlend blauen Himmel auf. Natürlich war der Rabe nirgendwo mehr zu sehen, und der Tag, der sich nun schon dem Mittag näherte, erstreckte sich so schön um sie wie jeder andere späte Oktobertag im Herzen von Kintail.
Und dennoch hatte dieser Tag sich zu einen gewandelt, wie es keinen zweiten gab.
Und Gelis wusste jetzt zwei Dinge, die sie heute Morgen beim Aufstehen noch nicht gewusst hatte.
Das Herz voller Erstaunen, gestand sie sich die Wahrheit ein. Wie ihre Mutter war sie eine taibhsear; sie hatte nicht nur Linnet MacKenzies rotgoldenes Haar geerbt, sondern auch ihre taibhsearachd.
Ihre hellseherische Gabe.
Eine Gabe, die bis heute Morgen in Gelis geschlummert hatte, um jetzt mit aller Heftigkeit über sie hereinzubrechen, sich ihr zu offenbaren und ihr das Gesicht ihres Geliebten zu zeigen.
Ihres zukünftigen Gemahls, ihrer einzig wahren Liebe.
Denn das ist er ohne jeden Zweifel, dachte Gelis, als sie sich langsam erhob, ihre Röcke ausschüttelte und den Umhang gegen den kalten Wind schützend zusammenzog.
»Ich hatte mich geirrt«, flüsterte sie, als sie nach Eilean Creag und zum hinteren Tor zurückkehrte und an die magische Wasserschüssel dachte. Die Magie war keineswegs verschwunden.
Sie war nur verstummt.
Und hatte darauf gewartet, auf wundersamste Art zurückzukehren.
Auf eine völlig unerwartete Art und Weise, musste Gelis zugeben, als sie den mittlerweile sehr belebten Burghof betrat. Sie besaß die Gabe ihrer Mutter, und da sie wusste, wie zutreffend solche Visionen waren, musste sie nur noch abwarten, bis ihr Rabe kam, um sie zu holen.
Dann würde sie wahres Glück erfahren.
Dessen war sie sich ganz sicher.
Etwa um die gleiche Zeit stand Duncan MacKenzie, der gefürchtete Schwarze Hirsch von Kintail, in einem von Eilean Creags oberen Turmzimmern am offenen Fenster und ballte die Fäuste, weil das Zucken an seinem linken Auge ihn verrückt zu machen drohte. Mit einem Stirnrunzeln, wie nur er es zustande brachte, biss er so fest die Zähne zusammen, dass es ihn wunderte, wieso sie nicht zerbrachen.
Er spürte das Gewicht seiner Jahre, die ihn niederdrückten wie noch nie zuvor.
Die Last seiner Jahre und seiner Erbitterung.
Sein Stirnrunzeln vertiefte sich, und finster starrte er auf die funkelnden Gewässer des Loch Duich,
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