Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
Vom Netzwerk:
gehört hatte: dass er ahnungslose Schwimmer in die Tiefe zog und bei lebendigem Leib verspeiste. Das waren nicht bloß verrückte Geschichten, sondern Augenzeugenberichte und echte Opfer. Von allen Raubtieren der Tiefe brachte kein anderes mein Herz mehr zum Rasen als dieser Tintenfisch. Haie waren Furcht einflößend, aber eben nur Fische, wohingegen ich in den Augen dieser Bestie eine Intelligenz entdeckte, die mich in Angst und Schrecken versetzte.
    Die Hautfarbe des Tintenfischs wechselte erneut von leuchtend Weiß zu Purpurrot und ich wusste, dass das nichts Gutes bedeuten konnte. Zweifellos nutzte das Viech den leuchtenden Stroboskopeffekt dazu, seine Beute zu verunsichern – mich.

2
    Solange das Schleppseil des Anhängers an meinem Gürtel befestigt war, konnte ich dem Diablo Rojo unmöglich entkommen. Langsam tastete ich nach dem Verschluss, doch der Tintenfisch reagierte sofort. Er schleuderte einen seiner Tentakel nach vorn und schlug mit solcher Wucht auf meine Schulter ein, dass mein Kopf nach hinten flog.
    Benommen richtete ich mich wieder auf und sah, wie die Kreatur in die Waagerechte schnellte, ihre acht Tentakel und die beiden noch längeren Fangarme ausstreckte – und auf mich richtete. Hastig wendete ich mich ab, doch der Tintenfisch schoss blitzschnell auf mich zu, sodass mir keine Zeit blieb zu fliehen. Er verpasste mir einen weiteren Schlag gegen die Brust, ich flog in hohem Bogen durchs Wasser, blieb aber in seiner Reichweite und wurde von ihm gepackt.
    Ich zwang mich, die Augen zu öffnen und fand mich von den Tentakeln des Tintenfischs umwickelt wieder. Verzweifelt versuchte ich mein Tauchermesser aus dem Halfter zu ziehen, doch der Tintenfisch drückte meine Arme an den Körper. Sein Klammergriff wurde noch fester, als er mich zu seinem Schnabel zog, der schärfer war als jede Rasierklinge. Dann schnappte das Viech nach meinem Helm und versuchte ihn zu knacken wie den Schädel eines Thunfischs. Glücklicherweise hielt das Plexiglas.
    Gemma schrie mir etwas ins Ohr, doch meine ganze Aufmerksamkeit war nur auf die mit unzähligen Spitzen besetzte Zunge gerichtet, die nur wenige Zentimeter von meinen Augen entfernt gegen meinen Helm stieß, als wollte sie ihn kosten. Ich kämpfte wie wild gegen die tödliche Umarmung des Tintenfischs. Die Saugnäpfe an den Tentakeln waren mit winzigen Zähnen besetzt, die sich wie Dornen in die Haut meines Taucheranzugs bohrten. Wahrscheinlich würden sie die metallische Nanopartikelbeschichtung nicht durchdringen können, doch selbst der kleinste Riss konnte die Sensoren beschädigen, die unter der Beschichtung eingearbeitet waren. Wenn das passierte, würde ich mit viel Schlimmerem zu kämpfen haben als mit zerstochener Haut. In dieser Tiefe würde ich erfrieren.
    Doch meine Angst spornte mich an. Trotz des Würgegriffs des Tintenfischs bekam ich mein Messer zu fassen und stach blindlings zu. Ein Schwall aus blauem Blut stieg auf. Ich hatte dem Tentakel nur einen kleinen Schnitt verpasst, doch das genügte schon, um den Tintenfisch in die Flucht zu schlagen. Angetrieben von seinen Kopfflossen verschwand er mit schlenkernden Armen in der Tiefe.
    Ich ließ mich zurücksinken und warf einen Blick auf den Kreuzer. Gemmas starres Gesicht war gegen das Aussichtsfenster gepresst. Der Angriff hatte weniger als eine Minute gedauert, sodass ihr keine Zeit geblieben war, in irgendeiner Form zu reagieren.
    »Was war das denn für ein Viech?«, kreischte sie in mein Ohr. Wahrscheinlich hatte sie das schon die ganze Zeit getan, doch erst jetzt drang ihre Stimme in mein Bewusstsein. »Ich habe dir gesagt, nimm diese Greifarm-Dinger. Aber nein, du musst unbedingt mit irgendwelchen Ungeheuern durch die Gegend schwimmen.« Ihre Stimme klang entsetzt, aber auch wütend.
    Ich winkte ihr zu, um zu zeigen, dass ich okay war, doch mein Messer würde ich nicht so schnell wieder wegstecken.
    »Toll, ich bin ja so froh, dass es dir gut geht«, schimpfte sie. »Aber jetzt kommst du zurück ins U-Boot.«
    Ich hob einen Daumen in die Höhe und sandte eine Reihe Klicklaute in die Tiefe, doch mit den hoch aufgetürmten Wrackteilen unter mir war es unmöglich zu sagen, wohin der Tintenfisch verschwunden war. Ich beeilte mich, das Schleppseil des Anhängers durch die leeren Fenster des Flugzeugs zu schlingen und ließ den Verschluss zuschnappen.
    War der Tintenfisch durch meinen Schein angelockt worden? , fragte ich mich.
    Eine schimmernde Haut zu haben, konnte hier unten manchmal ganz

Weitere Kostenlose Bücher