Die Finsternis
hatten?«
Ihre dunklen Augen blitzten auf, doch ihr Tonfall blieb ruhig. »Kind, ich sagte, du solltest nach Hause gehen. Das Letzte, was ich jetzt brauche, ist ein Siedler, der dumme Kommentare abgibt, die die Surfs nur noch mehr verärgern.«
»Ich bin doch nicht blöd. Ich weiß schon, was ich tue!«, rief ich, obwohl ich seit diesem Morgen ein paar sehr beleidigende Dinge über die Surfs gedacht hatte – und das aus gutem Grund.
»So, wie du wusstest, wie sie sich wegen der Verordnung fühlen?«, fragte sie spitz und lief an mir vorbei.
Okay, vielleicht wusste ich nicht, was die Surfs ärgerte, aber ich hatte mich heute unter sie gemischt und dabei keinen Aufruhr verursacht. Ich wich Revas nicht von der Seite. »Es gibt einen Surf auf dem Sonnendeck, der etwas über die Drift weiß.«
»Das tun viele, sogar ich.«
»Wie bitte?«, fragte ich. »Was wissen Sie?«
Sie antwortete nicht.
»Dann sagen Sie mir wenigstens, warum Sie sicher sind, dass es die Surfs von der Drift waren – obwohl sie bis jetzt kein Lösegeld gefordert haben.«
Sie blieb kurz stehen und sah mich an. »Ich habe es auf die nette Art versucht, Kind. Doch jetzt ordne ich offiziell an, dass du Rip Tide verlassen musst. Ist das klar?«
Eine Bewegung ganz in der Nähe zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Gabion hatte sich aufgerappelt. Seine dunklen Augen waren auf mich gerichtet und er hörte mit scheinbar großem Interesse unserem Gespräch zu.
»Ist das klar?«, wiederholte Revas in militärischem Befehlston.
»Wie Tautropfen an einem Sommertag.« Fife erhob sich vom Podest. »Ty soll schnell zurück nach Hause. Er hat’s verstanden.« Er eilte auf uns zu. »Kümmern Sie sich nur um die Angelegenheiten der Meereswache, Kommandantin Revas. Ich sorge schon dafür, dass der Junge sicher hier wegkommt.«
Revas warf mir einen Blick zu, als ob sie meinen Schädel aufbrechen wollte, um zu sehen, was ich vorhatte. Doch sie sagte nur: »Ich werde dich kontaktieren, wenn ich Neuigkeiten habe.« Dann schritt sie davon und bellte ihren Gardisten Befehle zu.
»Du solltest diesen jungen Dingern lieber nicht in die Quere kommen«, riet mir Fife. »Sie sind nur darauf aus, sich zu beweisen, keine schöne Sache.«
»Das hängt davon ab, wie man ›schöne Sache‹ definiert«, bemerkte Eel, während er Kommandantin Revas mit den Augen folgte.
»Ich kann Ratter beauftragen, euch beide in meinem Luftschiff zurück zur Handelsstation zu bringen«, bot Fife an.
»Wir haben ein U-Boot.« Aller Mut verließ mich. Ich wollte doch nur ein paar Antworten – oder wenigstens die Gewissheit, dass es meinen Eltern gut ging. Und Revas erwartete von mir, dass ich mit nichts nach Hause zurückkehrte.
»Ich habe keine Ahnung, wie ihr das schafft. Ihr könntet mich nicht mal dazu bringen, ein paar Meter unter Wasser zu reisen. Und erst dort zu leben …« Fife schauderte. »Wenn das einzige Stück Unterwasserwildnis, das ich zu sehen bekomme, gedünstet auf einem Teller serviert wird, bin ich ein glücklicher Mann. Wie auch immer«, fuhr er fort, »die Warteschlange an der Seilbahn wird kilometerlang sein. Am besten, du genehmigst dir noch ein warmes Essen im Café, Boxchampion. Und nimm das Mädchen gleich mit. Auf meine Kosten natürlich. Ihr könnt losfahren, wenn sich der erste Ansturm gelegt hat.«
»Bürgermeister Fife, darf ich runter zum Gefängnis, um Shade zu sehen?«, wollte Gemma wissen.
»Da musst du Kommandantin Revas fragen«, sagte er und schlenderte davon. »Solange sie sich auf Rip Tide aufhält, bin ich nur Gast in meiner Stadt.«
Während sich Gemma auf den Weg zur Kommandantin machte, sackte ich auf dem Deck zusammen. Ich fühlte mich wie ein Schiffbrüchiger – gestrandet und völlig niedergeschmettert. Nur ein paar Zentimeter von meiner Hand entfernt wand sich ein Neunauge. Mit einem Schlag sandte ich das Tier ins Wasser und bemerkte dann, dass Gabion verschwunden war. Ich hatte den Kampf zwar gewonnen, doch am Ende stand ich mit leeren Händen da. Ich hatte nicht die kleinste Spur. Wie sollte ich jetzt meine Eltern finden?
Schritte näherten sich und kurz darauf bildete sich ein Kreis aus Schuhen um mich herum. Als ich aufsah, hatte sich die Seablite-Gang um mich aufgebaut – bis auf Eel und Shade – und alle Gangmitglieder starrten auf mich herab. Jetzt wirkten sie so bedrohlich, wie ich sie in Erinnerung hatte.
»Sieht so aus, als hättest du die Meereswache angeschleppt.« Pretty sprach mit ruhiger Stimme, was jedoch
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