Die Finsternis
überrascht, als er meinen Schein wahrnahm, doch dann verfinsterte sich sein Blick.
»Warum nicht?«, fragte ich trotz seiner offensichtlichen Feindseligkeit.
»Dort im Wasser könnte euch was beißen«, knurrte er und schwang sich auf die Leiter.
Überall im Ozean gab es Lebewesen, die beißen konnten. Warum sollte diese Lagune so viel gefährlicher sein? Doch als mir die vielen Surfs mit den Narben einfielen, beschloss ich, den Rat des Mannes zu befolgen. Also kletterten wir nach ihm die Leiter hinauf. Gemma beäugte die ganze Zeit argwöhnisch das Wasser.
Vom Dach aus sah die Brücke sogar noch wackliger aus. Teile des Geländers waren mit Draht zusammengebunden und neigten sich in merkwürdigen Winkeln. Bretter von alten Türen lagen willkürlich über den Sprossen und dazwischen klafften immer wieder große Lücken. Der Surf überquerte die Brücke trotzdem ziemlich problemlos, also wagten wir uns weiter vor und griffen nach dem Stahlseil, das an einer Seite entlanglief.
Auf halbem Weg zu den Booten sah ich nach unten und entdeckte die Überreste eines Spielplatzes unter der Wasseroberfläche. Etwas Rundes und Verrostetes drehte sich im Kreis. Schaukeln bewegten sich in einer leichten Strömung. Dann glitt ein Schatten am äußersten Ende des Spielplatzes vorbei. Ich konnte nicht sehen, was den Schatten verursachte, aber mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Was auch immer es war, es musste riesig sein, mindestens fünf Meter lang. Es gab zwar einige Fische dieser Größe, aber irgendetwas an der Art, wie sich der Schatten bewegte, sagte mir, dass das kein Fisch war.
»Was ist da unten?« Gemma blieb stehen und klammerte sich mit beiden Händen an dem Stahlseil fest.
Da fielen mir die alten Holzbretter zu ihren Füßen ins Auge. Eins der Bretter war kürzer als die anderen und der gezackte Rand hatte eine hellere Farbe, was bedeutete, dass dieser Teil des Holzes noch nicht so lange den Elementen ausgesetzt war. Ich kniete mich hin und schob ihren Fuß zur Seite.
Gleichzeitig schnappten wir nach Luft. Im Holz steckte ein Zahn. Ich ruckelte so lange daran, bis ich ihn frei bekam, und hielt den dolchartigen Fangzahn in die Höhe.
»Ist der von einem Hai?«, fragte Gemma alarmiert.
»Der größte Haifischzahn, den ich jemals gesehen habe, war sieben Zentimeter lang. Der hier ist fast doppelt so groß. Und sieh dir die Form an. Ich habe keine Ahnung, woher der stammt.« Ich spähte hinunter zum Wasser und spürte, wie sich meine Nerven spannten. »Irgendetwas dort unten ist in der Lage, sich fast vier Meter in die Luft zu werfen«, sagte ich. So schätzte ich zumindest die Höhe der Brücke ein.
»Lass uns jetzt zu den Booten gehen.«
Dagegen hatte ich nichts einzuwenden. Wir eilten zu der Plattform auf der anderen Seite der Lagune und kletterten an einer weiteren Strickleiter hinunter. Unten angekommen standen wir auf einem schwimmenden Steg, der aus zusammengebundenen Fässern bestand und zwischen den Booten verlief. Er sah sogar noch wackeliger aus als die Hängebrücke. Wenigstens waren die Boote immer an Bug und Heck miteinander vertäut und bildeten damit so etwas wie eine Abzäunung auf jeder Seite. Einige waren kaum mehr als ein Floß, während andere Pontons und Katamaranen ähnelten. Doch alle hatten etwas gemeinsam. Die Schiffsrümpfe waren aus vielen verschiedenen Schiffs- und U-Boot-Teilen zusammengezimmert, die offensichtlich aus unterschiedlichen Epochen stammten. Knallbunte Moskitonetze hingen ausgebreitet von den Masten, um Schatten zu spenden.
Ich mochte schon immer natürliche Schönheit lieber als die von Menschen gemachte künstliche, aber ich musste zugeben, dass diese zusammengeflickten Boote etwas Reizvolles hatten.
»Also, wo beginnen wir mit der Suche?«, fragte Gemma.
»Gleich hier.« Ich nickte zu den Booten hinüber.
»Gut, jeder nimmt sich ein anderes Boot vor. Aber halt die Augen nach Gabion offen, für den Fall, dass das nur ein abgekartetes Spiel war.«
Um ihn machte ich mir am wenigsten Sorgen. Ich betrat das Boot, das mir am nächsten lag, duckte mich unter das Moskitonetz und sah drei Frauen, die in dem behelfsmäßigen Zelt hinter Stapeln aus Kleidungsstücken saßen, die aus gefiederter Vogelhaut gemacht waren.
Als sie mich erblickten, verengten sich ihre Augen zu Schlitzen. Wahrscheinlich wegen meines Scheins. »Hallo«, sagte ich und versuchte, höflich zu lächeln.
Sie antworteten mit gähnendem Schweigen. Ich trat näher. »Ich versuche, ein
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