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Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
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gewonnen.
    Bevor ich mich ihm näherte, überlegte ich, wer gefährlicher war, Ratter oder der Seetangdieb mit dem Filetiermesser. Eine echt knifflige Frage.
    »Na, wegen der Show hier?«, fragte er.
    Letzte Nacht hatte ich einen Outlaw aus dem Gefängnis auf Rip Tide befreit und Ratter in das Becken mit den Neunaugen befördert. Dennoch grinste er mich an, als wären wir alte Freunde. Ich wurde sofort misstrauisch.
    »Was für eine Show?« Gemma baute sich vor mir auf, als könnte sie mich vor Ratter verstecken.
    »Das wollt ihr wohl wissen, he?«, höhnte er. »Dann bezahlt, um reinzukommen.«
    »Diese Surfs haben aber keinen Eintritt gezahlt«, hielt sie ihm entgegen.
    »Die sind auch nicht zum Zuschauen hier. Sie sind die Hauptattraktion.«
    Jetzt wusste ich, woher die Surfs ihre Narben hatten. Ich schob mich an Gemma vorbei und lief zum Ende der Brücke. »Dann sagen Sie uns wenigstens, was für ein Tier da unten schwimmt«, sagte ich und versuchte, lässig zu klingen. »Es ist kein Hai, aber es ist groß. Sein Kiefer muss mindestens einen Meter breit sein. Und es hinterlässt Bissspuren, wie ich sie noch nie gesehen habe.«
    »Hast fein aufgepasst, nicht wahr, Pionier?«, spottete er.
    »Ja, wir haben einige Surfs gesehen, denen Gliedmaßen fehlten. Also, beeindrucken Sie uns. Was ist es?«
    Ratters wachsame Augen funkelten im Schein der Laternen. »Sagen wir einfach, ihr habt diese Nacht ein Glückslos gezogen. Ihr habt freien Eintritt und könnt es euch mit eigenen Augen ansehen.« Er klemmte sich die Geldkassette unter den Arm, kletterte durch die Fensteröffnung und sprang auf der anderen Seite polternd ins Innere des Stadions. Als er sich wieder aufrichtete, drehte er sich zu uns um. »Worauf wartet ihr noch? Die Show fängt gleich an.«
    Die Neugierde trieb mich vorwärts, doch Gemma holte mich ein und fasste mich an der Hand. »Du weißt, dass das keine gute Idee ist, oder?«
    »Bleib hier draußen«, flüsterte ich. »Ich will nur sehen, was dort drin vor sich geht, dann komme ich sofort zurück.«
    »Netter Versuch.« Sie sah zu Ratter, der uns beobachtete. »Ist das eine von Bürgermeister Fifes Veranstaltungen?«
    »Seine Lieblingsveranstaltung«, erwiderte Ratter, als würde er ein Geheimnis verraten. »Aber er will nicht, dass die Leute wissen, dass er der Veranstalter ist, deshalb kommt er nicht oft her. Er überlässt mir die ganze Durchführung, obwohl ich nicht so ein Aufschneider bin wie er.«
    Als ich Fife nach den Koordinaten der Hardluck Ruinen gefragt hatte, war ich also, ohne es zu wissen, an die richtige Person geraten … oder vielleicht genau an die falsche, je nachdem, was wir im Stadion vorfinden würden. Gemma und ich wechselten einen Blick und unser Entschluss stand fest. Wir würden das Risiko eingehen. Wir klettern durch die Fensteröffnung und sprangen in einen dunklen Gang.
    »Wie ich hörte, hat euch Bürgermeister Fife gewarnt, dass ihr euch von hier fernhalten sollt«, sagte Ratter plötzlich neben uns. Ich wirbelte herum und sah, wie er eine Harpunenkanone von dem mit Schutt übersäten Boden aufhob. »Ihr hättet auf den Mann hören sollen«, fuhr er fort und zielte mit der Waffe auf mich.
    Nachdem er uns die Tauchgürtel abgenommen und uns abgetastet hatte, zwang er uns durch einen Torbogen in die Nachtluft hinaus, die vom Stimmengewirr Tausender Zuschauer erfüllt war. Das Stadion war ebenfalls überflutet, aber weniger beschädigt als die anderen Gebäude der Hardluck Ruinen. Nur ein kleiner Teil des oberen Geschosses war eingestürzt. Ein Stacheldrahtzaun war zwischen den Trümmern gespannt und schloss die Lücke. Dahinter war der Ozean zu sehen. Zu schade, dass wir kein Boot hatten.
    Solange Gemma und mir kein Fluchtplan einfiel, mussten wir uns wohl oder übel von Ratter die steile Treppe hinab zu dem ehemaligen Spielfeld führen lassen. Es stand unter Wasser, genau wie die Hälfte der Tribüne. In dem trüben Stadionlicht sah es so aus, als würden nur Topsider die Zuschauerplätze oberhalb der Wasserlinie füllen, bis auf den Bereich, in den Ratter uns trieb. Die Reihen um uns herum waren voller Surfs, die erschrocken und argwöhnisch auf unser Erscheinen reagierten – als würden Gemma und ich ein weiteres unangenehmes Problem darstellen. Soweit ich es beurteilen konnte, hockten die Surfs nach ihren Townships geordnet in Gruppen zusammen, als würden sie Fanblöcke zum Anfeuern bilden, obwohl ich das ungute Gefühl hatte, dass es bei dieser Veranstaltung keinen

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