Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Finsternis

Die Finsternis

Titel: Die Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Falls
Vom Netzwerk:
Schatten liegenden Torbögen oberhalb der Tribüne und erkannte die alten Logenplätze im oberen Rang des Stadions. Auch dort war das Glas schon lange verschwunden. In jeder dritten Loge stand eine dunkle Gestalt mit einer Harpunenkanone im Anschlag, die zweimal so groß war wie Ratters – und alle waren auf mich gerichtet.
    Widerstrebend kletterte ich die Leiter auf der anderen Seite wieder hinunter. Jeder Surf stieg einen Stuhl weiter, um mir Platz zu machen.
    »Wenn du auch nur daran denkst zurückzuklettern«, schrie mir Ratter hinterher, »wird dich einer der Krokodilbändiger aufspießen.« Mit diesen Worten hetzte er den Gang entlang zu einer Kabine weit oben im Stadion. Plötzlich sprangen im ganzen Stadion die Lichter an und die Zuschauer wurden still. Ich blinzelte und versuchte, meine Augen an das Licht zu gewöhnen. Als ich ein Zischen wie von einer Seilrutsche hörte, sah ich mich zu Ratters Kabine um und erblickte einen Haken mit einem enthaupteten Thunfisch als Köder. Er sauste an einem Seil entlang, das über dem Stadion gespannt war. Etwa in der Mitte wurde der Haken von einem Gummiring gestoppt. Der kopflose Thunfisch drehte sich in der Luft und Blut tropfte in das Wasser unter ihm – womit offensichtlich die Krokodile angelockt werden sollten.
    Im ganzen Stadion blieben die Zuschauer still. Sie warteten.
    Ich überlegte fieberhaft, ob ich es wagen sollte, zurück über den Stacheldrahtzaun zu klettern, denn ich ging davon aus, dass die »Krokodilbändiger« sich im Moment auf das Wasser konzentrierten. Doch ein Blick auf Ratters Kabine genügte und ich warf die Idee wieder über den Haufen. Seine wachsamen Augen waren auf mich gerichtet und er hatte freies Schussfeld. Ich wusste nicht, wie gut er zielen konnte, doch ich beschloss, es trotzdem nicht zu riskieren.
    Jemand auf der anderen Seite des Stadions stieß einen Ruf aus und die Topsider sprangen von ihren Sitzen auf und starrten ins Wasser hinunter. Ich war zu weit von ihnen entfernt, um zu erkennen, worauf sie zeigten und weshalb sie nach Luft schnappten. Wahrscheinlich sahen sie dunkle Schatten, die durch Unterwassergänge in den überfluteten Bereich streiften, so wie der unheimliche Schatten, den ich vorhin in der Lagune entdeckt hatte. Ich schauderte und fragte mich, wie Ratter es geschafft hatte, so viele Surfs auf diese Seite des Zauns zu treiben.
    Ein sonnenverbrannter Mann mit freiem Oberkörper, der zu meiner Rechten stand, nahm ein Messer quer zwischen die Zähne und biss darauf. Eine aufgeblähte Robbenblase baumelte am Griff, doch ich hatte keine Ahnung, wozu das gut sein sollte. Dann bemerkte ich, dass alle Waffen der Surfs mit den dünnen, braunen Ballons versehen waren. Zwei weitere Surfs nahmen ihre Klingen zwischen die Zähne, sodass sie die Hände frei hatten. Das hätte ich mit Sicherheit nicht gemacht, wenn Ratter mir mein Messer gelassen hätte.
    Links von mir stand eine Frau, die sich gelben Lehm in den Haaransatz geschmiert hatte, damit ihr das Haar nicht ins Gesicht fiel. Als sie ihren Dreizack losband, konnte ich einen Blick auf ihre Halskette werfen – ein Lederband, an dem zwölf Zentimeter lange Zähne baumelten. Sie sahen aus wie der Zahn, den ich aus der Holzplanke gezogen hatte.
    »Bleib aus dem Wasser raus«, sagte sie zu mir. Den Dreizack hielt sie jetzt in der Hand.
    »Das hatte ich vor.«
    »Wenn eins hinter dir her ist, klettere am Stacheldrahtzaun hoch.«
    Also war es anscheinend besser, von Stacheldraht zerfetzt zu werden, als es mit einem Salzwasserkrokodil aufzunehmen. Gut zu wissen.
    Plötzlich schoss eine schlammfarbene Kreatur aus dem Wasser. Die Zähne blitzten im offenen Maul und als die Krokodilkiefer über dem Thunfisch zusammenkrachten, hallte das Geräusch durch das Stadion wie das Zuschlagen einer Eisentür.
    Mir blieb fast das Herz stehen. Kein Hai konnte sein Maul mit einer so explosionsartigen Wucht zuschlagen.
    Das Krokodil riss den Thunfisch vom Haken, stürzte zurück in das Brackwasser und sank mit seiner Beute unter die Oberfläche. Adrenalin schoss durch meinen Körper. Als Ratter gesagt hatte, dass ein Salzwasserkrokodil so groß sei wie ein Hai, hatte ich einen Tigerhai vor Augen gehabt. Doch das Biest, das ich gerade gesehen hatte, musste mindestens sechs Meter lang sein und gut über eine Tonne wiegen. Es hatte also die Größe eines großen Weißen … nur mit Beinen. Ich drehte mich auf dem Sitz und suchte nach einem Ausweg über den Stacheldraht. Auf keinen Fall würde

Weitere Kostenlose Bücher