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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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    D em lieben und werten Volbertus, Prior im Kloster N. Grüße und Heil von seinem Vetter Lupus!
    Wie beschaulich und gefahrlos lebst Du in Deiner stillen Klosterzelle! Ich dagegen bin gerade wieder mal mit heiler Haut davongekommen, und noch jetzt überläuft es mich kalt, wenn ich an das schreckliche Ende denke, das uns wohl ohne Glück und Gottes helfende Hand inzwischen ereilt hätte. Hast Du genügend Vorstellungskraft, an einen heiligen Ort zu denken, der gleichzeitig eine Stätte des Grauens ist? Wohl kaum. Und doch, es gibt – oder besser: es gab ihn.
    Wie Du weißt, lieber Vetter, bin ich nicht berechtigt, die Namen von Orten und Personen, mit denen Odo und ich als missi dominici, als Königsboten, in amtlicher Eigenschaft in Berührung kommen, an Unbeteiligte weiterzugeben. Überhaupt muß ich jeden Hinweis darauf, wer oder was hier gemeint ist, mit peinlicher Sorgfalt vermeiden. Der Fall ist nämlich noch nicht abgeschlossen und könnte vor die höchste Instanz gelangen. Ich habe schon einen Bericht verfaßt, den der Herr Karl, unser mächtiger und ruhmreicher König der Franken und Langobarden, prüfen und aus dem er sich vortragen ließ. Durch den Herrn Pfalzgrafen wurde uns mitgeteilt, daß eine Anklage nicht auszuschließen sei, vorerst wolle man aber warten, bis der Beschuldigte bei Hofe erscheint. Der allerdings läßt sich Zeit, obwohl er von mehreren Seiten benachrichtigt wurde. Ich habe auch den Eindruck, daß einige hohe Herren, die zum engeren Kreis des Königs gehören, uns mißtrauen und daß sie Zeit gewinnen wollen, um unsere Vorwürfe zu entkräften und Gegenbeweise zu sammeln. Immerhin geht es um einen der Großen, einen der Ihren.
    Der Fall ist von so außerordentlicher Bedeutung, daß er sogar zur Änderung bestehender Gesetze führen kann. Zahlreiche hohe Würdenträger wären betroffen, die mit einer empfindlichen Einschränkung ihrer Macht rechnen müßten. Vielleicht wird schon das nächste Kapitular {1} des Königs so manchen das Fürchten lehren. Wir, die wir als Kommissare die Ohnmacht des Rechts so schmerzhaft erlebt haben, wünschen nichts sehnlicher.
    In einem Bericht, wie ich ihn für den König verfaßt habe, kann man natürlich nur das Wichtigste mitteilen und muß auch alle möglichen Rücksichten nehmen. Deshalb will ich die ganze Geschichte noch einmal aufschreiben, so wie sie sich wirklich zutrug, wie Odo und ich sie erlebten. Ich glaube nämlich, das wäre nicht unnütz. Du, lieber Vetter Volbertus, sollst wie immer mein Leser sein, und wie immer ermächtige ich Dich, meine Erzählung an einige Brüder Deines Vertrauens weiterzugeben. Sollen sie nur erfahren, daß nicht überall das asketische und monastische Leben einen so hohen Grad der Gottgefälligkeit erreicht hat wie bei Euch. Die Lektüre wird ihnen als Warnung dienen und ihre Wachsamkeit stärken.
    Es versteht sich übrigens, daß ich die Schrift erst an Euch absenden kann, wenn das Hofgericht sein Urteil gesprochen hat. Trotz der veränderten Namen und Eurer erprobten Verschwiegenheit könnten irgendwelche Gerüchte aufkommen, die das Verfahren störend beeinflussen würden. So kann ich Euch am Schluß auch noch mitteilen, wie die Sache hier ausgegangen ist.
    Nun aber erst einmal die Geschichte.
    Es war Anfang September, wir waren unterwegs nach Paris. Die Mosel hatten wir überquert, und nun zogen wir durch die neustrischen Grafschaften. Ohne uns sonderlich zu beeilen, meist schon am Nachmittag eine Herberge aufsuchend, ritten wir durch die liebliche, sanft gewellte, vom Sonnenlicht übergossene Landschaft, in der sich so viele für unser Frankenreich schicksalhafte Ereignisse abgespielt haben. Da hier an Grafensitzen, Königsgütern und Klöstern kein Mangel ist, genügte meist schon eine halbe Tagereise, um von einer gastlichen Stätte zur anderen zu gelangen.
    Wir reisten im besonderen Auftrage des Herrn Pfalzgrafen, des nach dem König obersten Richters im Reiche. Es war in der Gegend um die alte Hauptstadt der Merowingerkönige zu Streitereien zwischen Benefiziaten {2} gekommen, in die auch ein Bischof verwickelt war. Ein paar Äcker, Wälder und Dörfer hatten zu Recht oder zu Unrecht den Besitzer gewechselt. Wir sollten die alten Urkunden überprüfen und Übergriffe, wenn nötig, rückgängig machen. Solche Aufträge sind nicht angenehm. Die Habgier ist bekanntlich der zählebigste Teil des Menschen, nicht selten lebt sie noch weiter, nachdem er selbst längst gestorben ist. Zum Beispiel in einem

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