Die Finsternis
übel zugerichtet war. In der Sekunde, in der sie ihre Waffe auf das Tier schleuderte, peitschte es herum und stürzte sich zurück ins Wasser. Der Dreizack schrammte über den Rücken des Krokodils, doch er hatte die Haut nicht durchbohrt. Das Biest schwamm einfach davon. Ich fühlte Mitleid mit der Frau, deren Dreizack jetzt auf dem Boden des Stadions lag. Doch plötzlich tauchte eine aufgeblähte Robbenblase auf. Als die Frau ihren daran hängenden Dreizack mühelos aus dem Wasser fischte, begriff ich, warum die Surfs die Blasen an ihren Waffen befestigt hatten. Sie konnten es sich nicht leisten, sie zu verlieren.
Jetzt spielte sich auf der anderen Seite des Stadions eine Kampfszene ab. Ein Mann wirbelte mit erhobenem Messer aus dem Wasser, ging aber gleich wieder unter, als sich das riesige Krokodil, mit dem er kämpfte, über ihn rollte. Das aufgewühlte Wasser verfärbte sich rot – das war eindeutig Blut. Doch ich konnte nicht sagen, ob es das Blut des Mannes oder das des Krokodils war. Die Zuschauer sprangen erneut auf, schrien und jubelten. Mir wurde bei dem Anblick schlecht. Ich wusste, dass es mehr als wahrscheinlich war, dass der Mann nicht mehr auftauchen würde.
Die Surfs, die in unmittelbarer Nähe gestanden hatten, sprangen jetzt ins Wasser, als befürchteten sie, dass dies die letzte Gelegenheit sein könnte, ein Krokodil zu töten. Die Frau, von der ich gedacht hatte, dass sie auf der Schuttinsel festsaß, griff nach einem Karabinerhaken, der ihr über die Seilrutsche geschickt worden war. Sie packte zu und stieß sich von den Steinen ab. Ihr Arm war so blutig und zerfetzt, dass ich mir sicher war, sie würde den Halt verlieren, doch sie zog ihre Beine an und hielt sich fest, während sie über das Krokodilbecken flog. Sie hätte sich ohne Weiteres über den Stacheldrahtzaun und in die Tribüne gleiten lassen können, doch sie zog an dem Karabiner und wurde langsamer. Als sie über den Sitzreihen innerhalb des Zauns angekommen war, ließ sie sich fallen und nahm erneut die Jagd auf.
Auf der anderen Seite des Stadions war das Wasser immer noch aufgewühlt. Von Minute zu Minute erschien es mir unwahrscheinlicher, dass der Surf den Kampf gewinnen würde. Doch ich lag falsch. Mit einem lauten Brüllen tauchte er auf und hielt sein Messer in die Höhe. Neben ihm trieb das Krokodil mit dem Bauch nach oben und eine lange Schnittwunde klaffte an seiner hellen Unterseite.
Als der Gong erneut ertönte, kletterten die Surfs aus dem Wasser. Viele von ihnen hatten blutende Wunden davongetragen. Karabiner sausten an parallel verlaufenden Seilrutschen entlang. Jede führte über mehrere Trümmerhaufen hinweg. Die Surfs, die auf den Schuttinseln festsaßen, griffen nach den Haken und segelten in Sicherheit, während die Krokodile unter ihnen ihre Bahnen zogen.
Plötzlich klatschte etwas Helles in meiner Nähe ins Wasser. Ich zuckte zusammen, weil ich dachte, dass ein Krokodil auf mich zuschwamm. Dann segelten weitere leuchtende Gegenstände von der Tribüne. Wie Sternschnuppen fielen sie auf das Wasser und gingen unter.
»Womit werfen die da?«, fragte Gemma Eider.
Sie machte ein finsteres Gesicht. »Mit Geld. Die Touristen stecken es in Beutel, die in der Dunkelheit leuchten, damit man sie unter Wasser leichter finden kann. Angeblich werfen sie es als eine Art Trostpreis. Aber in Wirklichkeit wollen sie nur sehen, wie – nein, Plover, nicht!«
Ich drehte mich um und sah, wie Plover ins Wasser sprang.
»Nein!« Eider krallte sich an den Stacheldrahtzaun und schnitt sich die Hände auf. »Das ist es nicht wert!«, schrie sie.
Jetzt sah ich, wie sich auf dem Wasser eine gekräuselte Linie in ihre Richtung bewegte. Ein Krokodil hatte Plovers Eintauchen bemerkt und pirschte sich nun an sie heran wie ein Hai, der einer Köderspur folgte.
Ohne weiter darüber nachzudenken, tauchte ich mit einem langen Zug in die Lagune ein. Sowie ich unter Wasser war, entfaltete ich die Flossen an den Spitzen meiner Schuhe und stieß mit großer Kraft auf Plover zu. Ich benutzte mein Biosonar und spürte sie auf, als sie gerade den Geldbeutel aufheben wollte. Was sie in dem Brackwasser nicht sah – nicht sehen konnte –, war das riesige Krokodil, das direkt auf sie zuschwamm.
Ich wusste nicht, welcher Sinn bei einem Krokodil am stärksten ausgebildet war. Sehen, Hören, Riechen? Also bewegte ich mich wie ein verwundetes Tier durch das Wasser und ahmte wieder einmal den Notschrei eines Delfins nach. Und es
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