Die Flammen von Lindisfarne
Lars!“, fragte Angela mit fester Stimme.
„So eine Wikinger-Fahrt kann lange dauern. Vielleicht findet sie niemals ein Ende, weil Ägir, der Meeresbeherrscher, die kühnen Schiffer zu einem Mahl in die Tiefe des Meeres einlädt oder Odin die Walküre sendet, die Helden nach Walhall zu rufen!“
„Ich beuge mich dem Willen Gottes!“, sagte Angela schlicht. „Er hat Lars Wolfssohn und mich zusammengeführt. Und was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen!“
Und sanft küsste sie der junge Wikinger auf die Stirn ...
* * *
Vier Tage später hatten sie die Themsemündung erreicht. Während der Fahrt hatte Nils Krähenfuß noch unter den Decksplanken einen kleinen Beutel mit Goldmünzen gefunden, den man Angela nun überreichte. Das Geld würde selbst für den Kauf eines kleinen Hauses reichen.
„Für uns ist das Gold unnütz, Mädchen!“, redete ihr Erik zu, als Angela entsetzt ablehnen wollte. „Ein Nordmann findet immer Gastrecht und freudige Geber. Vor allem, wenn er das freundliche Anklopfen an der Tür mit der Streitaxt besorgt!“
Lars begleitete das Mädchen an Land und verschwand mit ihr im Uferschilf. Geduldig warteten die Wikinger einige Stunden auf ihren neuen Jarl. Sie alle waren Männer, die wussten, was den Abschied mit einer Frau in die Länge ziehen konnte. Als Lars endlich wieder an Bord kletterte, lag ein seliges Lächeln in seinen Augen.
„Nun, wann bekommt Odin seine Enkel?“, fragte Nils Krähenfuß und
Die rauen Männer johlten vergnügt, als Lars Wolfssohn rot im Gesicht wurde. Doch schnell fing er sich wieder. Über sein Gesicht glitt ein übermütiges Lächeln.
„Erst dann, wenn wir alle bereits in Walhall zechen“. Rief er laut, „Denn bekommen, tut Odin die Enkel selbstverständlich erst, wenn sie tot sind. Deshalb gilt es für uns auf dieser Fahrt noch einigen Ruhm zu sammeln, damit Odins Enkel und zugleich Wolfssohns Kinder stolz die Heldenlieder ihres Vaters und seiner tapferen Schiffskameraden singen können!“
„Ich könnte vielleicht schon mal beginnen, ein kleines Lied ...!“
„Nein!“, unterbrach Ragnar, der Hammer den Vorschlag von Olaf Metkanne. „Erst wenn wir wieder zu Hause sind, darfst du dem staunenden Volk unseren Ruhm singen. Aber das dauert sicher noch einige Zeit“, setzte er hinzu.
„Klar bei den Riemen!“, befahl Harald Drachenreiter. Und sofort legten die Wikinger die langen Ruder aus. „He-ja! He-ja!“klangen ihre Rufe über das Meer, als die MIDGARDSCHLANGE auf die offene See in den Wind steuerte. Langsam versank das grüne Land im Dunst hinter ihnen.
„Sie uns gnädig, Ägir, Herr der Meere, und bewahre uns vor Ran, deinem wilden Weibe!“, rief Lars, der Jarl dieser Fahrt, mit lauter Stimme.
„Vor der Wut seiner Weibe mag dich der Herr der Meere bewahren, Wolfssohn, aber nicht vor mir“, erklang eine silberhelle Stimme. Lars fuhr herum und sah, wie sich eine weibliche Gestalt am Steuerruder emporzog.
„Angela!“ stieß er verblüfft hervor. Mit weit aufgerissenen Armen liefen sich beide entgegen. Vor dem Mast fielen sie sich in die Arme.
„So eine Närrin!“, brummte Thorsten Elchnase. „Jetzt muss das Mädchen die ganzen Beschwernisse der Fahrt mitmachen.“
„Sie wird Gefahren und Mühsalen gering erachten, weil sie es auf Liebe tut!“ schmunzelte Sigurd, der hinter ihm das Ruder schwang.
„Das Wollen die Götter nicht!“ stieß Björn Baumfäller aus. „Ein Weib an Bord eines Wikingerschiffes bringt Unglück.“
„Ja, wenn es sich auf Kriegsfahrt befindet!“, rief Ragnar zu ihm herüber. „Aber wir fahren ja nur, um uns die Südlande anzusehen und dort über die Märkte zu schlendern. Wenn sich dort etwas Brauchbares findet, was man für einige Hiebe mitnehmen kann, dann kaufen wir es auf diese Art. Wer redet von einer Kriegsfahrt?“
Wieherndes Gelächter raste über Deck. Die Wikinger fanden diese Art von Verharmlosung ihrer Raubzüge einfach zu köstlich.
„Wenn uns der Sturm den Drachenschädel vom Bug fegt, haben wir wenigstens eine neue Gallionsfigur.“ Am breiten Grinsen des Drachenreiters war zu erkennen, dass der Steuermann gewusst hatte, dass sich Angela heimlich zum ablegenden
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