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Die Flammenfrau

Die Flammenfrau

Titel: Die Flammenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Held
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aber sie brachten einen Mann nicht in solch eine Lage, indem sie ihn unentwegt anstarrten. Selbst Genovefa, die sich seiner Liebe stets sicher sein konnte, hätte niemals gewagt, ihn so furchtlos anzuschauen.
    »Ist Euch nicht gut? Fehlt Euch etwas?«
    »Nein.« Bruno räusperte sich. »Nein, es ist nur der Wein, ich vertrage einen so schweren Wein nicht mehr.«
    Die Hüterin lächelte. Ihre Lippen waren wie zwei zarte rote Bänder.
    Bruno straffte den Rücken. Er würde jetzt gehen. Es war klüger zu erkennen, wann man nicht mehr Herr der Lage war. Der Wein drohte ihm endgültig die Sinne zu verwirren. Alles um ihn herum begann sich zu drehen.
    Worms und der Hof König Dankrats schienen so unendlich weit fort zu sein. Genovefa, seine Geliebte, wo war sie? Wo war die Liebe seines Lebens? Wie hatte sie ihn so grausam verlassen können? Er schluckte. Sie war tot. Ein Speer König Dankrats hatte sie versehentlich auf dem Turnierplatz getroffen. Ihr Gewand war voller Blut gewesen. Blut so rot wie der Wein. Bruno schaute in den Becher, er war fast leer.
    Warum hörte Luovana nicht auf, ihn anzuschauen? Was wollte sie von ihm? Ihr Blick sank von seinen Augen hinab auf seine Lippen, glitt dann langsam, sehr langsam, tiefer bis zu seinen Stiefeln und wieder zurück. Er fühlte das Blut warm durch seine Adern kreisen und stürzte hastig den Rest Wein hinunter.
    »Wie ich sehe, passen Euch die Kleider, die ich Euch bringen ließ«, sagte Luovana und kam zwei kleine Schritte näher. Bruno sah es und haßte sich für die Freude, die er darüber empfand. Warum quälte sie ihn so?
    Sanft berührte ihre weiße warme Hand den Ärmel seines Hemdes, strich dann über seine Brust und blieb dort liegen, als habe sie ein Recht dazu.
    Bruno schüttelte den Kopf. Sie stand nahe genug, daß er ihren süßen Duft einatmen konnte. Er fühlte plötzlich, wie eine zärtliche Sehnsucht ihm die Kehle zuschnürte. Eine Sehnsucht nach weichen Armen, die sich um seinen Hals schlangen, nach einem warmen Leib, der sich an seinen schmiegte.
    »Ich«, begann er verlegen, doch er kam nicht weit. Luovana stellte sich auf die Zehenspitzen, und ohne ein weiteres Wort küßte sie ihn auf den Mund. Wie von selbst öffneten sich seine Lippen und erwiderten ihren Kuß, forderten mehr von dem süßen Nektar, den er so lange nicht mehr gekostet hatte. Schattengleich, wie durch Nebel sah er ein blaues Augenpaar, aber es war weit fort, und die Frau in seinem Arm war so warm und so nah. Er würde beichten gehen, dachte er, ja, später würde er irgendwo beichten und Genovefa um Vergebung bitten…
     

     
    Faramund nahm die Hand von der Mauer. Schwarzes Vulkangestein, dachte er. Die ganze Burg bestand aus dem selben Material wie das Gebirge ringsum. Vereinzelt waren da sogar noch scharfe Kanten und Ecken, wie an dem großen Stein, den er tags zuvor gesehen hatte.
    Er gähnte. In der Nacht hatte er keinen Schlaf finden können, denn das Bett war viel zu weich gewesen. Er hatte das Gefühl gehabt, in großen weißen Kissen zu versinken. Außerdem war es in seiner Kammer viel zu warm durch das Kaminfeuer, das aus irgendeinem Grund die ganze Zeit brannte und überhaupt nicht zu verlöschen schien. So etwas ließ einen Mann verweichlichen, dachte er.
    Beim Morgengrauen war er aufgestanden und aus dem warmen Bett nach draußen geflohen, um sich die Burg und ihre Umgebung genauer anzusehen. Er ging ein paar Schritte am Turm entlang und schaute zum Abgrund der Lavaschlucht hinüber, die in etwa hundert Schritt Entfernung begann und die ganze Burg wie ein rotglühender Ring umschloß. Das war eine Festung, die ihresgleichen suchte. Für ein Heer war sie schier uneinnehmbar, denn der schmale steinerne Übergang war die einzige Möglichkeit, um zur Festung zu gelangen. Faramund schüttelte den Kopf bei dem Gedanken, noch einmal zu Fuß über diese seltsame Brücke gehen zu müssen. Dreimal war er nahe dran gewesen, in den Abgrund zu stürzen, weil er sich, überrascht von einer der aufsteigenden Lavablasen zu schnell gedreht und das Gleichgewicht verloren hatte. Außerdem war sein Schuhwerk nicht darauf ausgerichtet, erst durch Schnee und dann über Feuer zu laufen. Seine Füße hatten ziemlich gelitten. Er brauchte dringend wieder ein Pferd. Ohne ein anständiges Pferd fühlte er sich nur wie ein halber Mann, und dann – er ballte seine Hand zur Faust – dann würde er sich rächen. Dieses lachende Teufelsweib mit ihrem Adler würde für den Tod der beiden Pferde bezahlen

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