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Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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Cillian.
    »Örzu!«, bellt Manchee.
    »Halt die Klappe«, sage ich.
    »Sprich nicht so mit deinem Hund«, sagt Cillian.
    Ich habe nicht mit dem Hund gesprochen, denke ich, laut und deutlich genug, dass er es hören kann.
    Cillian starrt mich zornig an, und ich schaue zornig zurück, und so geht es immer, in unserem Lärm pochen Wut und Streit und Ärger. Mit Cillian war es nie so schön, nie, Ben war immer netter zu mir gewesen, und Cillian war immer das Gegenteil von ihm, und seit meine Aufnahme in die Welt der Männer näherrückt, ist es noch schlimmer geworden, aber lange muss ich mir seinen Mist nicht mehr anhören.
    Cillian schließt die Augen und schnaubt einmal laut durch die Nase. »Todd ...«, beginnt er, jetzt etwas leiser.
    »Wo ist Ben ?«, frage ich.
    Seine Miene wird noch ein bisschen eisiger. »Die Schafe werden in einer Woche ihre Jungen bekommen, Todd.«
    Aber ich frage noch einmal: »Wo ist Ben?«
    »Du wirst die Schafe füttern und in ihre Pferche sperren, und dann möchte ich, dass du endlich das Gatter auf dem östlichen Feld reparierst, Todd Hewitt. Ich habe dich schon mindestens zweimal darum gebeten.«
    Ich wippe mit den Füßen. »Nun, wie war dein Ausflug in den Sumpf heute, Todd?«, frage ich und gebe mir Mühe, meine Stimme so beißend wie möglich klingen zu lassen. »Ja, es war schön, erstklassig, Cillian, danke der Nachfrage. – Ist dir im Sumpf was Interessantes begegnet, Todd? – Ja, ulkig, dass du mich danach fragst, Cillian, aber mir ist tatsächlich etwas Interessantes zugestoßen, das vielleicht diese aufgeplatzte Lippe erklären könnte, die dich scheinbar überhaupt nicht interessiert, aber ich denke, das muss warten, bis die Schafe gefüttert sind und ich diesen gottverdammten Zaun repariert habe!«
    »Pass auf, was du sagst«, erwidert Cillian. »Ich habe keine Zeit für deine Spielchen. Geh und kümmere dich um die Schafe.«
    Ich balle die Fäuste und stoße einen Laut aus, der wie »Aaah« klingt und der Cillian klarmachen soll, dass ich seine Sturheit keine Sekunde länger aushalte.
    »Komm mit, Manchee«, sage ich.
    »Die Schafe, Todd«, ruft Cillian, als ich weggehe. »Kümmere dich zuerst um die Schafe.«
    »Ja, ich kümmere mich um die verdammten Schafe«, murmle ich. Ich laufe jetzt schneller, mein Blut rauscht und vom Dröhnen meines Lärms wird Manchee immer aufgeregter. »Schafe!«, bellt er. »Schafe, Schafe, Todd! Schafe, Schafe, ruhig, Todd! Ruhig, ruhig, im Sumpf, Todd!«
    »Halt die Klappe, Manchee«, sage ich.
    »Was war das ?«, fragt Cillian. In seiner Stimme ist etwas, was uns beide herumfahren lässt. Er sitzt jetzt aufrecht neben dem Generator, seine ganze Aufmerksamkeit gilt uns, sein Lärm ist wie ein Laserstrahl auf uns gerichtet.
    »Ruhig, Cillian«, bellt Manchee.
    »Was meint er mit ›ruhig‹?« Cillian mustert mich mit den Augen und mit seinem Lärm.
    »Weshalb interessiert dich das ?«, entgegne ich und wende mich ab. »Ich muss jetzt die verdammten Schafe füttern.« »Warte, Todd!«, ruft er, doch dann fängt der verflixte Generator zu piepsen an und Cillian knurrt: »Verdammt noch mal!« Und er muss sich wieder um den Apparat kümmern, und ich spüre, dass sein Lärm voller Fragezeichen ist, die immer schwächer werden, je weiter ich mich entferne.
    Der Teufel soll ihn holen, denke ich, etwa in diesen Worten, wenn nicht gar in schlimmeren, während ich über die Farm stapfe. Wir wohnen etwa einen Kilometer nordöstlich der Stadt, auf einer Hälfte der Farm züchten wir Schafe, auf der anderen Hälfte bauen wir Weizen an. Der Getreideanbau ist mühevoller, obwohl Ben und Cillian den Großteil der Feldarbeit übernehmen. Seit ich alt genug und größer als die Schafe bin, passe ich auf sie auf. Ich sage bewusst »ich« und nicht »Manchee und ich«, denn das war auch eine von diesen verlogenen Ausreden, weshalb sie mir den Hund geschenkt haben. Sie meinten, ich könnte ihn zum Schafehüten abrichten. Daraus ist, aus den verschiedensten Gründen, will sagen: wegen seiner völligen Blödheit, nie etwas geworden.
    Ich füttere und tränke die Schafe, ich schere sie, helfe, sie auf die Welt zu bringen, kastriere und schlachte sie sogar – all das ist meine Arbeit. Wir sind eine von drei Farmen, die Fleisch und Wolle an die Stadt liefern, früher waren es einmal fünf Höfe, bald werden es nur noch zwei sein, denn Mr Majoribanks kann jeden Tag an seiner Trunksucht sterben. Wenn es so weit ist, werden wir seine Schafherde übernehmen. Besser

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