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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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als Katalysator. Dürfte aber nicht leicht sein, diese Sache wissenschaftlich nachzuweisen.«
    Nightingale lächelte.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Sie erinnern mich an einen Zauberer, den ich mal kannte«, sagte er. »David Mellenby. Bei ihm zeigte sich dieselbe Besessenheit.«
    »Was wurde aus ihm? Hat er Aufzeichnungen hinterlassen?«
    »Leider ist er im Krieg gefallen. Hatte nie die Chance, auch nur die Hälfte der Experimente durchzuführen, die er machen wollte. Er hatte seine eigene Theorie darüber, wie der
Genius loci
funktioniert. Sie hätte auch Ihnen bestimmt zugesagt.«
    »Wie lautete seine Theorie?«, fragte ich.
    »Ich denke, die werde ich Ihnen erst dann erläutern, wenn Sie Ihre nächste
Forma
beherrschen«, sagte Nightingale. »Mir ist aufgefallen, dass es Diskrepanzen zwischen dem Rollentext und dem realen Handeln von Mr.   Punch gibt. Ich denke dabei an die Figur der Pretty Polly.«
    Wie in der
Tragischen Komödie
geschrieben steht, trällert Mr.   Punch nach der Ermordung seiner Frau ein fröhlicheskleines Liedchen über die Vorteile, welche die Ermordung der Gemahlin mit sich bringt, und macht sich daran, sein Werben um Pretty Polly voranzutreiben. Die Figur Polly sagt zwar nichts, scheint aber auch »nicht abgeneigt« zu sein, als unser munterer kleiner Serienkiller sie zu küssen beginnt.
    »Wir wissen nicht, ob unser Killer genau diesem Skript folgt«, wandte ich ein.
    »Richtig«, nickte Nightingale. »Piccini gab nur eine mündliche Überlieferung wieder und diese sind bekanntlich fast nie zuverlässig.«
    Dem möglicherweise nicht sehr zuverlässigen Piccini zufolge musste das nächste Opfer ein blinder Bettler sein, der Punch ins Gesicht hustet und für diese Unverschämtheit von der Bühne heruntergeworfen wird. Aus dem Rollenheft ging nicht hervor, ob der Bettler diese Behandlung überlebte oder nicht. »Wenn unser Wiedergänger Punchinella der Vorlage genau folgt«, sagte ich, »dann dürfte das nächste Opfer höchstwahrscheinlich ein Büchsenhalter für den Blindenverband sein.«
    »Was ist ein Büchsenhalter?«
    »Eine Person mit einer Sammelbüchse«, sagte ich und ahmte die schüttelnde Handbewegung nach. »Die Leute werfen da Kleingeld rein.«
    »Ein Blinder, der bettelt. Es wäre nützlicher zu wissen, wer der Wiedergänger war und wo er begraben liegt.«
    »Denn dann könnten wir uns um seine Anliegen kümmern und ihn damit dem ewigen Frieden überantworten.«
    »Oder aber«, sagte Nightingale, »wir könnten seine Knochen ausgraben und zu Staub zermahlen, mit Salz mischen und auf dem Meer verstreuen.«
    »Würde das funktionieren?«
    »Laut Victor Bartholomew, ja.« Nightingale zuckte die Schultern. »Und er ist
die
Autorität auf dem Gebiet, hat ein Buch darüber geschrieben, wie man mit Geistern und Wiedergängern umgeht.«
    »Ich denke, wir übersehen möglicherweise eine ganz nahe liegende Informationsquelle«, sagte ich.
    »Ach, wirklich?«
    Ich nickte. »Nicholas Wallpenny. Alle Angriffe nahmen in der Nähe der Schauspielerkirche ihren Ausgang, was meiner Ansicht nach bedeutet, dass sich unser Wiedergänger dort in der Nähe aufhält. Nicholas kennt ihn vielleicht   – womöglich hängen sie da sogar zusammen ab.«
    »Ich bin keineswegs sicher, dass Geister so ›abhängen‹, wie Sie es meinen.« Nightingale warf schnell einen Blick zu Molly hinüber, um sicher zu sein, dass sie nicht hersah, dann schob er schnell seinen halb vollen Teller unter den Tisch. Tobys Schwanz schlug gegen meine Beine, als der Hund das Essen verschlang.
    »Wir brauchen einen größeren Hund«, sagte ich, »oder kleinere Portionen.«
    »Sehen Sie doch mal, ob Sie heute Abend etwas aus Wallpenny herausbekommen. Aber denken Sie daran: Er war schon zu Lebzeiten kein verlässlicher Zeuge. Ich glaube nicht, dass sich seine Wahrheitsliebe nach seinem Ableben sonderlich verbessert hat.«
    »Woran ist er eigentlich gestorben?«, fragte ich. »Wissen Sie das?«
    Nightingale nickte. »Er hat sich zu Tode gesoffen. Und hatte wohl eine Menge Spaß dabei.«
     
    Da Toby unser offizieller Geisterjagdhund war und weil er in letzter Zeit angefangen hatte, geradezu besorgniserregend zu watscheln, nahm ich ihn mit. Vom Russell Square und dem Folly bis Covent Garden ist es ungefähr ein halbstündiger Spaziergang. Man kommt dabei am Megastore Forbidden Planet vorbei und geht dann ein kurzes Stück auf der Shaftesbury Avenue weiter; danach führt der direkteste Weg durch die Neal Street, wo der Fahrradkurier

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