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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Kopfsteinpflaster. Bevor ich selbst zurückweichen konnte, erschien direkt vor meinen Augen Nicholas’ Gesicht, weiß und durchscheinend.
    »Helft mir«, sagte er.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Er frisst mich«, sagte Nicholas, und dann wurde sein Gesicht wieder in die Mauer zurückgesogen. Ich spürte ein seltsames, ziehendes Gefühl am Hinterkopf und warf mich zurück. Toby bellte einmal auf, wirbelte herum und raste in Richtung Russell Square davon. Ich selbst fiel auf den Hintern, was ziemlich schmerzhaft war, so dass ich zunächst für einen Moment liegen blieb und mir total blöd vorkam. Schließlich rappelte ich mich auf die Füße. Vorsichtig näherte ich mich wieder der Mauer und legte zögernd die Hand auf den Stein.
    Er fühlte sich kalt an und sonst nichts. Es war, als sei das
Vestigium
genauso aus dem Stein herausgesaugt worden, wie das im Haus der Vampire der Fall gewesen war. Ich riss die Hand weg und wich zurück. Die Piazza lag dunkel und still hinter mir. Ich drehte mich um und marschierte in die Nacht hinein, wobei ich nach Toby Ausschau hielt.
    Er war den ganzen Weg zum Folly zurückgelaufen. Ich fand ihn schließlich in der Küche; er lag zusammengerollt auf Mollys Schoß. Sie streichelte und beruhigte ihn. Mich bedachte sie mit einem vorwurfsvollen Blick.
    »Er muss lernen, der Gefahr ins Auge zu sehen«, sagte ich. »Wenn er sich hier schon durchfrisst, muss er dafür auch etwas leisten.«
     
    Dass ich aktiv in einem Fall ermittelte, bedeutete noch lange nicht, dass ich meine Übungen vernachlässigen durfte. Ich hatte Nightingale dazu überredet, mir den Feuerball-Zauberspruch beizubringen. Es war keine Überraschung, dass es sich dabei um eine Variante von
Lux
handelte, mit dem
Iactus
als Zusatz, um ihn bewegen zu können. Als Nightingale sicher war, dass ich den ersten Teil beherrschte, ohne mir die Hand abzufackeln, stiegen wir zum weiteren Üben in den Keller hinunter, wo sich der Schießstand befand. Nicht dass ich bis zu diesem Zeitpunkt auch nur geahnt hätte, dass wir einen Schießstand im Haus hatten. Unten an der Treppe musste man statt nach rechts nach links gehen, dann durch eine Feuerschutztür, hinter der ich immer den Kohlenkeller vermutet hatte, und stand dann in einem fünfzig Meter langen Raum, an dessen einer Schmalseite Sandsäcke aufgetürmt waren. An der anderen standen Metallspinde. Eine Reihe von uralten Brodie-Stahlhelmen hing an der Wand, darunter die gleiche Anzahl von khakifarbenen Gasmasken. Außerdem hing da noch ein Poster mit weißer Schrift auf blutrotem Hintergrund   – »Ruhe bewahren und weitermachen«, stand darauf zu lesen, was ich für einen sehr vernünftigen Ratschlag hielt. Am anderen Ende stand eine Reihe von Schießstandfiguren, brüchig vor Alter, aber doch noch eindeutig als deutsche Soldaten mit Stahlhelmen und aufgepflanzten Bajonetten erkennbar. Auf Nightingales Anweisung hin stellte ich ein paar dieser Figuren vor die Sandsackwand und trabte dann zum Schießstand zurück. Bevor wir anfingen, vergewisserte ich mich noch einmal, dass ich mein brandneues Mobiltelefon nicht dabeihatte.
    »Jetzt passen Sie genau auf«, sagte Nightingale. Er schleuderte eine Hand nach oben, es blitzte auf, ein Geräusch war zu hören, als würde ein Blatt Papier zerrissen   – und dann zerbarst die links außen stehende Figur in brennende Fragmente.
    Hinter mir klatschte jemand aufgeregt in die Hände, und ich fuhr herum. Molly stand hinter uns, gab ein entzücktes Zischen von sich und wippte auf den Zehenspitzen wie ein kleines Kind im Zirkus.
    »Sie haben gar nichts Lateinisches gesagt«, bemerkte ich.
    »Dieser Spruch wird still geübt«, sagte Nightingale. »Und zwar von Anfang an. Er ist eine Waffe. Er hat nur einen einzigen Zweck   – zu töten. Sobald Sie ihn beherrschen, gelten dieselben Pflichten wie bei jedem Waffen tragenden Polizisten. Ich schlage vor, dass Sie sich zunächst einmal mit den derzeit geltenden Richtlinien für die Benutzung von Feuerwaffen vertraut machen.«
    Molly gähnte und bedeckte schnell den Mund, um zu verbergen, wie weit er sich dabei öffnete. Nightingale warf ihr einen ausdruckslosen Blick zu. »Er muss in der Welt der Menschen leben«, sagte er.
    Molly zuckte nur die Schultern, als wollte sie sagen   –
von mir aus
.
    Nightingale führte den Zauberspruch noch einmal mit reduzierter Geschwindigkeit vor. Dann probierte ich es. Ich brachte zwar einen Feuerball zustande, aber als ich den
Iactus
anwandte, fühlte sich

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