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Die Fluesse von London - Roman

Die Fluesse von London - Roman

Titel: Die Fluesse von London - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Stock an, aber Punch packt den Stock und schlägt den Arzt tot. Er läutet vor dem Haus eines reichen Mannes eine Schafsglocke, und als der Diener des Reichen herauskommt und ihn ausschimpft, schlägt Punch den Diener tot. An dieser Stelle entdeckte ich, dass meine Eiscreme geschmolzen und über meine Schuhe getropft war.
    Die Tragische Komödie, oder die Komische Tragödie, von Punch und Judy
,
wie Giovanni Piccini sie 1827   John Payne Collier erzählte
. Kein großes Problem, sich das Rollenheft zu beschaffen, wenn man erst einmal wusste, wonach man zu suchen hatte. Nach der Vorführung zeigten Lesley und ich dem Professor unsere Ausweise, und er stellte uns bereitwillig eine Textausgabe der
Tragischen Komödie
zur Verfügung. Wir nahmen sie mit zum Roundhouse an der Ecke New Row und Garrick Street, bestellten zwei doppelte Wodkas und begannen zu lesen.
    »Unmöglich, dass das ein Zufall ist«, sagte ich.
    »Denke ich auch.« Lesley nickte. »Jemand führt dieses bescheuerte Kasperletheater auf. Aber mit richtigen Menschen.«
    »Deinem Boss wird das nicht gefallen.«
    »Stimmt, und deshalb werde ich es ihm auch nicht erzählen«, sagte sie. »Soll doch dein Boss meinem Boss verklickern, dass in seinem Revier der Geist von Mister Punch herumläuft und Leute abmurkst.«
    »Du glaubst, es ist ein Geist?«, fragte ich.
    »Woher zum Henker soll ich das wissen? Dafür seid ihr Zauberbullen zuständig.«
     
    Das Folly verfügte über drei Bibliotheken, eine, von der ich damals überhaupt nichts wusste, Nummer zwei war eine Zauberbibliothek, in der die Werke über Zaubersprüche, Formen und Alchemie standen, die alle lateinisch waren und insofern für mich ebenso gut in Suaheli hätten geschrieben sein können, und Nummer drei war die Allgemeine Bibliothek im ersten Stock neben dem Lesezimmer. Die Arbeitsteilung war von Anfang an klar: Nightingale griff sich seinen Stoff aus der Zauberbibliothek, und ich hielt mich an die Bücher in solidem Englisch.
    Die Allgemeine Bibliothek war mit so viel Mahagoni getäfelt, dass man damit den Regenwald am Amazonas wieder hätte aufforsten können. An einer Wand reichten die Bücherschränke bis zur Decke; die oberen Regale erreichte man mittels einer Leiter, die sich auf glänzenden Messingschienen verschieben ließ. Eine Reihe wunderschöner halbhoher Nussbaumschränke enthielt den Katalog in Form eines Kartenregisters, die Folly-Variantevon Suchmaschinen wie Google. Ein Hauch von verstaubtem Karton und Moder stieg mir in die Nase, als ich eine der Schubladen aufzog. Der Gedanke war geradezu tröstlich, dass Molly wohl nicht so weit ging, die Schubladen regelmäßig zu reinigen. Die Karten waren thematisch sortiert; dazu gab es einen Index nach Titeln. Ich suchte zunächst nach Verweisen auf Punch und Judy, fand aber nichts. Nightingale hatte mir allerdings noch einen weiteren Suchbegriff genannt: Wiedergänger. Nach ein paar Fehlversuchen landete ich schließlich bei Dr.   John Polidoris
Meditationen über die Erscheinungsformen von Leben und Tod
, das dem Impressum zufolge 1819 erschienen war. Auf derselben Seite stand eine mit elegant schräger Handschrift verfasste Anmerkung auf Lateinisch:
Vincit qui se vincit, August 1821
. Ich fragte mich, was das wohl heißen mochte.
    Laut Polidori handelte es sich bei einem Wiedergänger um einen Unruhegeist, der von den Toten zurückkehrt, um verheerend unter den Lebenden zu wüten, gewöhnlich als Vergeltung für irgendeine   – wahrhaftige oder eingebildete   – Schmach oder Unbill, die diese Unperson zu Lebzeiten erlitten hatte.
    »Passt jedenfalls zu unserem Profil«, sagte ich beim Mittagessen zu Nightingale. Es gab Filet Wellington, mit Kartoffeln und gedünsteten Pastinaken. »Auch die kleinen Streitigkeiten, die plötzlich in Amokläufen enden, passen dazu.«
    »Sie glauben also, die Leute werden infiziert?«
    »Ich denke, es könnte sich um eine Art Feldeffekt handeln   – wie eine Strahlung oder elektrisches Licht«, sagte ich. »Das Phänomen tritt innerhalb des Feldes aufund erzeugt ein Echo. Ihre Gehirne werden mit negativen Emotionen überladen und schon knallen sie durch.«
    »Wären dann nicht noch mehr Leute davon betroffen? Im Kinofoyer standen zu diesem Zeitpunkt noch mindestens zehn weitere Personen in unmittelbarer Nähe, darunter auch Sie und Constable May, und dennoch war nur die Mutter betroffen.«
    »Möglicherweise wirkt es verstärkend auf Wut, die schon vorhanden ist«, sagte ich. »Oder es funktioniert

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