Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb (German Edition)
Kunden auf seiner Runde ein bisschen exzentrisch waren, kein Einziger von ihnen war normal. Die Klamotten, die die Leute im Bett trugen! Die erschreckende Verwahrlosung ihre Häuser! Die ekligen Sachen, die sie aßen! Mr. Crossley – der so viele Bücher hatte, dass man sich kaum bewegen konnte!
Ein Fenster von innen zu vernageln war für Peter keine große Sache. Das nötige Werkzeug hatte er im Wagen. Man bat ihn oft, ein Fenster zuzunageln, nachdem es bei einem Ehekrach oder durch einen Fußball zu Bruch gegangen war. Unter dem ironischen Beifall der Menge kletterte er die Leiter wieder runter.
Als Peter zu seinem Lieferwagen kam, lungerte Sandy Lake an der Hecktür herum und fragte ihn nach Eva aus.
»Kann sie mich in ihrem Zimmer hören?«
Peter sagte: »Sie kann Sie sehr gut hören.«
Sandy schlug gegen die Seite des Lieferwagens und schrie: »Ich habe eine sehr wichtige Nachricht! Sie betrifft die Zukunft unserer Erde!«
Er wandte ihr den Rücken zu, um die Spanplatte und das Werkzeug aus dem Wagen zu holen. Sandy Lake nutzte ihre Chance. Sie flitzte über die Straße und kletterte die Leiter hoch wie eine fünfundneunzig Kilo schwere Bergziege.
Als Eva Sandys wettergegerbtes Gesicht im Fenster erblickte, zog sie ein Kissen an sich, als wäre es ein Schild.
Sandy starrte Eva an und sagte: »Also, jetzt bin ich wirklich sauer! Wie sehen Sie denn aus? Sie sind ja nur eine ganz normale Frau! Sie sind überhaupt nicht besonders! Sie sollten keine grauen Haare haben, und keine Krähenfüße um die Augen – und das sind keine Lachfalten!«
Sie versuchte, über die Fensterbank zu klettern, doch die Leiter schwankte leicht. Sandy sah nach unten, und noch weiter nach unten, und dann noch weiter nach unten. Manche sagen, dass Sandy das Gleichgewicht verlor und fiel, andere, dass sich der Absatz ihrer Stiefelette im Saum ihres Maxirocks verfing, Peter meinte, er habe eine blasse Hand die Leiter von der Fensterbank wegstoßen sehen.
Eva hatte das Gefühl, dass das Haus leicht wackelte, als Sandy in den verwilderten Lavendelstrauch fiel, den Eva vor Jahren gepflanzt hatte. Man hörte entsetzte und aufgeregte Schreie. Sandy war in einer unvorteilhaften Position gelandet, und der Anarchist eilte herbei, um den Maxirock runterzuziehen, der sich über ihrer Hüfte staute. William liebte Sandy gewissermaßen, aber er musste auch irgendwie ehrlich sein und zugeben, dass der Anblick von Sandys nackten unteren Regionen nicht gerade zweckdienlich war.
Sandy war nicht tot. Sobald sie wieder bei Bewusstsein war, wälzte sie sich aus dem stacheligen Lavendel und legte sich flach auf den Rücken. Der Anarchist zog seine Lederjacke aus und legte sie unter ihren Kopf.
Als der Krankenwagen kam, rügte die Sanitäterin sie, weil sie mit Maxirock und hohen Absätzen eine Leiter hochgeklettert war. »Das musste ja passieren«, sagte sie pikiert.
Eva und Peter begannen, das Fenster zu vernageln, begleitet von Applaus, Gejohle und aufgebrachtem Geschrei. Die Leute sahen Eva jetzt, in ihren unscheinbaren Sachen, mit ihrem ungebürsteten Haar und dem ungeschminkten Gesicht und fielen vom Glauben ab.
Wachtmeister Hawk rief: »Wäre sie eine echte Heilige, wäre sie in jeder Hinsicht perfekt!«
Ein Mann mit Fernglas rief: »Sie hat Schweißflecken unter den Armen!«
Eine Frau in einem Herrenanzug und mit Hundehalsband sagte: »Heilige schwitzen nicht. Ich glaube, Mrs. Biber hat nur so getan.«
Wachtmeister Hawk war angewiesen worden, die Menge zu zerstreuen. Er rief: »Ein böser Geist hat von ihr Besitz ergriffen, und der Geist sitzt im Heiligen Chapati.« Einige folgten ihm, um das Chapati in Augenschein zu nehmen, das konserviert und glasiert worden war und in der örtlichen Bücherei ausgestellt wurde. Andere begannen ihre Sachen zu packen. Es gab emotionale Abschiede, Taxis wurden gerufen, bis nur noch William Wainwright übrig war, der in Sally Lakes Zelt saß. Vielleicht würde er versuchen, sie morgen im Krankenhaus zu besuchen – andererseits, vielleicht auch nicht.
Er war schließlich Anarchist, und niemand konnte ihn festnageln.
64
Die Zwillinge arbeiteten an Briannes neu erworbenem Computer. Sie erforschten die labyrinthartigen Korridore des Verteidigungsministeriums, nachdem der Versuch, die Kreditfähigkeit ihres Vaters zu tilgen, gescheitert war. In Briannes Zimmer war es heiß, und sie saßen in Unterhemd und Unterhose da. Fliegen surrten über halb aufgegessenen belegten Broten.
Durch das offene Fenster
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