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Die Frau im Fahrstuhl

Die Frau im Fahrstuhl

Titel: Die Frau im Fahrstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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hat.
    Großmutter besaß das zweite Gesicht. In ihrem kleinen Zelt stand sie in Kontakt mit dem Jenseits. Deswegen trafen ihre Vorhersagen immer ein. Das hat sie meiner Schwester Marie und mir mehrfach erzählt.
    Meine Schwester und ich haben Großmutters Gabe geerbt, obwohl wir sie im Gegensatz zu ihr nicht so weiterentwickelt haben. Wir sehen und spüren Dinge, können aber nicht die Zukunft vorhersagen.
    Ob diese Gabe eher ein Geschenk oder eine Strafe ist? Ein fantastisches Talent oder eine Plage? Beides, würde ich sagen. Urteilen Sie selbst! Die folgende Erzählung handelt davon, was meine Schwester und ich bei einem gemeinsamen Urlaub vor fast sechzehn Jahren erlebten.
     
    In diesem Sommer mieteten unsere Familien zusammen ein Haus auf Gotland. Mein Mann Olof und ich hatten zwei Sommer hintereinander Fahrradurlaub auf der Insel gemacht, aber Marie und Lasse waren noch nie dort gewesen.
    »Die falsche Seite von Schweden«, pflegte mein Schwager zu sagen.
    Typisch Göteborger! Schließlich ließ Lasse sich aber doch dazu überreden, seine Ferien an der exotischen Ostküste zu verbringen. Über das Fremdenverkehrsamt mieteten wir das Obergeschoss des Gasthofes in Ljugarn.
    Meine Tochter Cecilia war damals drei Jahre alt und ihre Cousinen Karin und Sara zwei Jahre sowie drei Monate.
    Mit diesen drei jungen Damen und zwei voll gepackten Autos brachen wir in der ersten Juliwoche Richtung Gotland auf.
     
    Nach einer anstrengenden Reise – die Fähre war überfüllt und glich einem Sklavenschiff – trafen wir in Visby ein. Es regnete in Strömen, und wir erfuhren, dass es in Roma im Inneren der Insel geschneit hatte! So hatten wir uns den Auftakt unserer Ferien nicht vorgestellt.
    Am Spätabend trafen wir in Ljugarn ein. Immer noch war es feucht und kühl, aber es regnete nicht mehr. Wir fanden den Gasthof problemlos. Er lag am Meer, und zwischen Haus und Strand führte nur ein schmaler Weg entlang.
    Ich klopfte an die Haustür, und nach einer Weile öffnete mir ein magerer älterer Mann. Abweisend starrte er mich durch den Türspalt an. Ich brachte unser Anliegen vor. Woraufhin er die Tür wieder schloss. Ich hörte ihn in Pantoffeln herumschlurfen. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis sich die Türe wieder öffnete. Unser mürrischer Gastgeber reichte uns den Schlüssel durch den Türspalt und murmelte, wir würden uns hoffentlich wohl fühlen.
    Durch eine altertümliche, geräumige Glasveranda, die als Küche diente, betraten wir das Haus. Zwei Kochplatten, ein uralter, winziger und laut brummender Kühlschrank, ein wackliger Campingtisch mit fünf Klappstühlen und ein Hängeschrank voll mit angeschlagenem Porzellan bildeten die Einrichtung. Ein großer gelber Plastikeimer für Brunnenwasser und eine kleine Plastikschüssel zum Spülen vervollständigten sie. Sehnsüchtig dachte ich an meine große Küche zu Hause.
    Hinter der Veranda führte eine Treppe ins Obergeschoss. Die Treppe mündete auf eine große, unmöblierte Diele mit mehreren Türen, von denen eine, die nicht richtig schloss, auf einen Balkon zum Meer führte. Schon allein die Aussicht war die Miete wert. Er sah allerdings so baufällig aus, dass man ihn wahrscheinlich nicht betreten konnte. Von der Diele ging auch eine kleine Toilette mit Waschbecken ab. Neben der Toilette war eine verschlossene Tür, die wohl auf einen Gang führte. Da das Haus sehr groß war, lagen dahinter vermutlich viele Zimmer. Diese wurden aber offenbar nicht vermietet. Während der zwei Wochen, die wir hier wohnten, waren wir die einzigen Mieter im Haus.
    Unsere beiden Schlafzimmer waren so groß wie normale Wohnzimmer. Die alten Möbel schienen direkt aus einem Antiquitätengeschäft zu kommen. Dunkle Hölzer, roter Samt und Stoffe mit düsteren, grünlichen Blumenmustern dominierten. In jedem Zimmer standen drei Betten, ebenfalls sehr alt, aber beim Probeliegen fand ich meines erstaunlich bequem. Ich hätte gern die Augen geschlossen und wäre auf der Stelle eingeschlafen, aber die Kinder waren aus ihrem Schlummer erwacht und hungrig. Wir schleppten unsere Siebensachen nach oben und stellten gleichzeitig Brei auf den Zweiplattenherd in der eiskalten Küche in der Glasveranda. Nach einer chaotischen Stunde lagen die Kinder schließlich im Bett. Erschöpft ließen wir uns auf die wackligen Stühle am Campingtisch sinken, um ein Bier zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen, ehe wir selbst in die Falle gingen.
    Als wir gegessen hatten, sah ich, wie müde meine Schwester

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