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Die Frau im Kühlschrank

Die Frau im Kühlschrank

Titel: Die Frau im Kühlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Hemd, das am Hals offenstand, eine grau-weiß karierte Hose und eine legere, dunkelbraune Lederjacke, die leicht tailliert war. Das Gesicht war breit, und es schien, als würden sich sowohl die Augen als auch die Nasenflügel weiten, als er Frau Andersen begrüßte. Ein Wolfslächeln flackerte um die kräftige Mundpartie, und in seinem Mund glitzerten solide Goldfüllungen. Er atmete durch die Nase, und seine Stimme vibrierte schwach, als er sagte: »Du hast nach mir gefragt, Vivi?«
    Einen winzigen Moment lang streifte sein Blick ihre Brüste, bevor er zu mir herüberschwenkte. »Well, hallo, Kamerad. Womit kann ich dienen?« Er sprach gut Norwegisch, aber mit deutlichem Akzent. Sein Blick war starr und hart, und es war ein Schimmer in seinen Augen, der sowohl von Humor als auch von Verachtung zeugen konnte. Er reichte mir eine kräftige Hand.
    Wir begrüßten uns, und er blieb direkt vor mir stehen, etwas zu nah für meinen Geschmack. Ich spürte ganz leicht einen säuerlichen, aber nicht direkt unangenehmen Körpergeruch, und da er fünf, sechs Zentimeter größer war als ich, mußte ich zu ihm hochsehen. Das gab mir ein Gefühl, als sei ich ein Bewerber für eine freie Stelle, ohne große Chancen, sie zu bekommen.
    Ich bewegte mich ein Stück durch den Raum, drehte mich um und öffnete den Mund. Aber Frau Andersen war schneller. »Er will Informationen – über einen unserer Angestellten. Einen – Arne Samuelsen, hieß er nicht so?« Sie sah fragend zu mir herüber, und ich nickte.
    Jonsson sah mich nachdenklich an. »Samuelsen?« Er schnitt eine Grimasse und sagte: »Ich kann nicht sagen, daß ich mit dem Namen etwas verbinde, aber lieber Gott, wie viele tausend Angestellte haben wir?«
    Das war eine rhetorische Frage, und niemand antwortete. Er fuhr fort: »Du kommst am besten mit in mein Büro, dann werden wir sehen.«
    »Dann bedanke ich mich für Ihre Hilfe, soweit«, sagte ich zu der Frau hinter dem Schreibtisch. Sie lächelte noch immer gleich kühl und sagte: »Oh, nichts zu danken.« Aber sie sah auf die Uhr dabei.
    Jonsson sagte: »Wenn es noch etwas gibt, Vivi – Anruf genügt …« Ihre Augen trafen sich in einem direkten, fast herausfordernden Blick, und ich war nicht in der Lage, die Stimmung im Raum zu deuten: War es Erotik – oder Machtkampf?
    Als wir durch die Tür hinausgingen, fischte er eine Zigarette aus seiner Jackentasche, schnippte sie zwischen die Lippen und zündete sie mit einem vergoldeten Feuerzeug an. Er rollte die Zigarette in einen Mundwinkel und hustete tief. Als wir an dem jungen Mann in dem grauen Anzug vorbeikamen, sagte ich: »Vielen Dank für die Hilfe – Schatz.«
    Er sah gedankenvoll von der Schreibmaschine auf, als hätte er nicht gehört, was ich sagte. Jonsson kicherte.

7
    Ich folgte Jonsson den Flur entlang. Unterwegs erzählte er mir aus den Mundwinkeln: »Glaub mir – sie geht absolut nichts und niemandem aus dem Weg. Hat zwei Ehemänner verschlissen, drüben in Houston, lebt vom dritten getrennt und hat eine Karriere gemacht in der Ölbranche wie ein Mannsbild. Sie hat einen gezähmten Tiger zwischen den Beinen, und gnade dir Gott, wenn sie ihn losläßt!«
    »Ach ja?«
    »You bet!« rief er aus und knurrte selbst fast wie ein Tiger. Er stieß die Tür zu seinem Büro auf, und wir kamen in einen Raum mit der gleichen Farbkombination wie in Frau Andersens Büro. Die Wände waren bedeckt mit detaillierten Übersichtstafeln von Ölplattformen und Bohrinseln. Verschiedene Farbcodes kennzeichneten – dachte ich mir – unterschiedliche Sicherheitsbereiche. Das einzige Bild an der Wand war ein Filmfoto von Ronald Reagan auf einem steigenden Pferd, den Cowboyhut in einer Hand schwingend. Das Bild war signiert. Ein kleiner Kerl hinter einem Schreibtisch sah auf, als wir hereinkamen. Er saß da mit einem Stift in der Hand und einer detaillierten Planskizze vor sich. Als er sah, daß Jonsson in Begleitung war, drehte er das große Blatt mit der Rückseite nach oben. Er war ein Mann mit einem nervösen Äußeren und hellen, flackernden Augen, so hell, daß sie fast grauweiß aussahen. Das dünne Haar war dunkelblond und lag in langen, widerspenstigen Strähnen über der rötlichen Halbglatze. Er trug einen braunen Cordanzug, ein kariertes Hemd und eine gestrickte Weste.
    »Das ist mein Assistent«, polterte Jonsson. »Nils – das ist …« Er sah mich an. »Wie war der Name?«
    »Veum. Varg Veum.«
    Der kleine Kerl stand auf, kam um den Schreibtisch herum und stellte

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