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Die Frau meines Lebens

Die Frau meines Lebens

Titel: Die Frau meines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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nur
ungern zu, aber irgendwie tröstete mich die Vorstellung, daß ich nicht der
einzige unglückliche Mann in Paris war.
    »Ich liebe
nur dich, ma petite «, beschwor der
Unglückliche seine Liebste. »Das solltest du doch wissen. Bitte leg nicht
wieder auf … Es ist alles anders, als du denkst …«
    O je!
Diesen Satz kannte ich, weil ich ihn, wie ich zu meiner Schande gestehen Muß,
selbst schon gesagt hatte. Der Satz eines Mannes, der seine Frau betrogen hatte
und dabei dummerweise erwischt worden war. Ich erinnerte mich noch sehr gut an
die hübsche Jeanette, die leider die SMS von Laurence auf meinem
Handy entdeckt hatte und völlig ausgerastet war, als ich ihr etwas erklären
wollte, was man eigentlich nicht erklären kann.
    Ich drückte
auf die Aus-Taste und dachte zum ersten Mal darüber nach, daß der Satz Es ist alles anders, als du denkst wirklich
ziemlich lächerlich klang, wenn man ihn so hörte.
    Nachdenklich
    strich ich die Endziffer 5 durch und notierte: »Betrügerischer Mann/Florence«.
    Allmählich
hatte ich das Gefühl, einiges zu lernen bei diesem sonderbaren Telefonmarathon.
Waren das vielleicht die Prüfungen des Papageno, bevor er seine Papagena
endlich in die Arme schließen durfte?
    Ich lehnte
mich einen Moment auf der Bank zurück und starrte in den Himmel, an dem die
Wolken sich jagten wie die Männer die Frauen. Heute war ich Jäger und Gejagter
zugleich. Noch selten hatte ich mich so gehetzt gefühlt, so getrieben von dem
Gefühl, etwas ganz Entscheidendes zu verpassen, wenn ich nicht Himmel und Hölle
in Bewegung setzte.
    Eine
seltsame Unruhe hatte sich meiner bemächtigt, wie man sie nur empfindet, wenn
man spürt, daß grundstürzende Veränderungen sich anbahnen. Und doch war alles
nur in meinem Kopf. Alles – bis auf die Frau aus dem Café, einen Namen, eine
Telefonnummer und drei ganze Sätze.
    Mir wurde
ein wenig schwindlig, aber das lag vielleicht auch daran, daß ich außer den
paar Bissen Croissants noch nichts gegessen hatte. Ich überlegt kurz, ob ich es
mir leisten konnte, wertvolle Minuten zu verlieren und mir ein belegtes
Baguette zu holen, und kam zu dem Schluß, daß es wichtiger war, bei Kräften zu
bleiben.
    Wer weiß,
welche Herausforderungen dieser Tag noch für mich bereithielt. Was das anging,
lag ich zumindest nicht falsch.
    Ich ging zu
einem Stand an der gegenüberliegenden Seite des Parks und kaufte ein
Schinkenbaguette und eine Dose Cola. Danach fühlte ich mich schon wieder
besser. Irgendwie profan, aber manchmal sind es eben die profanen Dinge, die
helfen. Dinge wie Essen und Trinken.
    Ich kehrte
zu meiner Bank zurück und zielte mit der leeren Cola-Dose auf einen
Abfalleimer. Traf ich hinein, würde der nächste Anruf der richtige sein.
    Die Dose
flog gegen die Kante des Metalleimers, balancierte einen Augenblick unschlüssig
auf dem Rand und fiel dann hinein.
    »Ja!«
Triumphierend schlug ich mit der Faust in meine Hand.
    Es war
Viertel vor vier, und ich wähnte mich am Ziel meiner Wünsche. Berauscht drückte
ich die Handytasten. Inzwischen mußte ich dazu nicht mal mehr auf mein
verschmiertes Kärtchen schauen.
    Endziffer 6
bescherte mir in der Tat ein denkwürdiges Telefonat. Zunächst klingelte es ein
paarmal durch, ohne daß irgend jemand dranging. Offenbar gab es auch keinen
Anrufbeantworter. Ich wollte gerade schon wieder auflegen, als endlich doch
noch abgenommen wurde.
    Am anderen
Ende der Leitung war schweres Atmen zu hören.
    Ich preßte
das Ohr an den Hörer und fühlte mich wie ein Voyeur, der nichts sah. Hauchte da
jemand gerade sein Leben aus? Oder hatte ich gar den schrecklichen Snape beim
heftigen Sex mit meiner Traumfrau gestört?
    Das Atmen
ging weiter. Irgendwie unheimlich.
    Ich wartete
einige Sekunden, dann beschloß ich dem Spuk ein Ende zu machen.
    »Hallo?«
fragte ich energisch.
    »Dimitri?
Dimitri? … Bist du es, mein Junge?« Die zittrige Stimme einer alten Frau, die
sich ebenso plötzlich wie schrill erhob, brachte mein armes Trommelfell fast
zum Platzen. Ich zuckte zusammen. Erschreckt rückte ich das Handy von meinem
Ohr ab. Wirklich, die alte Dame schrie so laut in den Hörer, als ob sie die
Entfernung Paris–St. Petersburg allein Kraft ihres Organs hätte überbrücken
müssen. Immerhin schien sie noch äußerst lebendig.
    »Nein, nein – das ist nicht Dimitri, hier ist Antoine«, beeilte ich mich zu sagen,
erleichtert, daß es nicht Snape gewesen war, der aus amourösen Gründen so in
den Hörer gekeucht hatte.

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