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Die Frau mit dem Hund

Die Frau mit dem Hund

Titel: Die Frau mit dem Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Vanderbeke
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is zu jenem Oktoberabend war der siebte Di­strikt ruhig und friedvoll gewesen. Die Be­wohner waren damit beschäftigt, Bonuspunkte und -sterne zu sammeln, um das bevorstehende Weinfest angemessen begehen zu können. Sie bereiteten sich auf die Übertragung des Wettbewerbs der Kulturen vor, eines der wichtigsten Medienereignisse des ­Jahres, und außerdem hatte Kabel 7 eine neue Show aufgelegt, »Cosy Home«, bei der man anrufen, an ­einer Meinungsumfrage teilnehmen und, wenn man unter die ersten fünfzig Anrufer kam, etwas Schönes für die Wohnung gewinnen konnte. Jule Tenbrock beeilte sich auf dem Heimweg, um den Anfang nicht zu verpassen. Im Super-K hatten sie indische Woche, und Jule nahm die Komplettbox Maharani, Käse­cracker, Kichererbsen-Masala und Obstsalat von exotischen Früchten, hielt rasch noch im Coffee-Point, um einen Cappuccino zu holen, und schaffte es dann in weniger als acht Minuten mit dem Pappbecher in der Hand nach Hause.
    Schon zwei Wochen vor Beginn der Sendung waren die Gewinne in den Vitrinen der Stiftung auf der Meile ausgestellt und beschildert: nos­talgi­­sches Seifenregal, vier geschmackvolle Trio-Scha­­len für Snacks mit farbenfrohem Silikonun­tersetzer, ­eleganter Zeitungsständer, hochwertiges Bettwäscheset. Jule Tenbrock war erpicht auf das roman­tische Blumenservice. Unzerbrechliche Luminose, ge­­schwun­gene Linie, Grundfarbe Weiß, wahlweise mit Kornblumen- oder Klatschmohndekor. Jule hat­­te eine Schwäche für schöne Dinge, sie träumte von dem Candle-Light-Dinner aus dem Spot, mit dem »Cosy Home« angekündigt worden war: Die rote Tischdecke der Lotus-Serie hatte sie längst in ihrem Schrank. Zusammen mit dem passenden Besteckset, den beiden Kerzenhaltern und den Gläsern für Weiß- und für Rotwein hatte sie bereits im ­Vorfeld der neuen Show eine Menge Punkte in das Candle-Light-Dinner gesteckt.
    Jule Tenbrock war eine fleißige Bonussammlerin, und seit sie den Job in der Wäscherei hatte, zusätzlich zu den drei Nachbarschaftsabenden pro Woche, an denen sie bei Frau da Rica vorbeischaute, war ihre Bilanz prächtig. Und wenn Frau da Rica demnächst den Gips abbekäme und sich wieder selbst versorgen könnte, würde Jule sich um jemand anders kümmern, sie war ein Muster an Engagement in der nachbarschaftlichen Wohltätigkeit. Fehlte ­allerdings noch dieses Luminose-Service mit dem Blumenmuster, weshalb sie die Sendung auf keinen Fall verpassen wollte. Die Nummer, unter der man beim Sender anrufen konnte, hatte sie längst programmiert, um später keine Zeit mit Wählen zu vergeuden und ganz sicher zu sein, dass es mit dem Service auch klappte.
    Clemens wollte sie von dem Dinner erst etwas ­sagen, wenn sie das Geschirr auch wirklich in den Händen hätte. Und beim Dinner würde sich zeigen, ob aus Clemens und ihr etwas werden könnte.
    Im Treppenhaus nahm sie sich rasch die Ange­botsinfos vom Super-K, von der Superette und dem Konsomarkt, die in drei Bündeln auf dem Boden ­lagen; die Schnüre waren schon aufgeschnitten und ­lagen daneben. Schlamperei, dachte Jule und hob sie auf, der neue Hausdienst war einfach nicht auf der Höhe.
    Sie nahm zwei Stufen auf einmal, solche kleinen Übungen sind unerlässlich für eine gute Figur, und war außer Atem, als sie im obersten Stockwerk ankam und beinah über das formlose graue Bündel gestolpert wäre, das da mitten auf der Treppe abgelegt worden war.
    Im nächsten Moment ging das Licht aus.
    Jule Tenbrock stieg an dem Bündel vorbei die letzte Stufe hoch und suchte den Knopf neben ihrem Namensschild. Sie würde sich bei der Stiftung über den Hausdienst beschweren, der etwas unförmig Graues vor ihrer Tür abgeladen hatte, das hier ganz sicher nicht hingehörte. Es war stockfinster im Flur, der verdammte Lichtschalter war nicht zu finden, Jule konnte die Hand vor den Augen nicht ­erkennen. Aber sie konnte etwas riechen.
    Und plötzlich war es aus mit der Ruhe im siebten Distrikt. Im Bruchteil einer Sekunde verflog Jules Unmut, ihr Ärger verwandelte sich in Herzrasen und blanke Panik.
    Das Bündel roch eigenartig. Es roch lebendig und ganz eindeutig unsauber. Unhygienisch.
    Der Lichtschalter war nicht dort, wo er hätte sein müssen, Jules Hand war nicht so ruhig, wie sie hätte sein müssen, und aus dem

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