Die Frau mit dem Hund
rauszubringen, und Pola nahm gern an.
Kurz nach Neujahr hätte Pola mit Timon noch einmal in die Vorstädte gehen wollen. Isabella hatte versprochen, sich in der Gegend umzusehen und alles zu sammeln, was für die Geburt und das Kleine anschlieÃend nützlich sein könnte, aber schon um Weihnachten merkte Pola, dass sie sich schwer und schwerfällig fühlte und allmählich etwas schonen sollte.
Sie erzählte Jule manchmal vom Leben da drauÃen, von der Villa, aus der das schöne Geschirr stammte, von der Wildnis, die dort entstanden war, von den streunenden Hunden, den Fischen im Berlenbach, und jedes Mal sah sie, wie Jule neugierig wurde, wie all die schönen Sachen, die es da drauÃen gab, sie lockten, aber immer überwog die Angst. Deshalb weihten Pola und Timon sie zwar ein, als Timon mit Zsazsa allein losging, Timon gab ihr seine Di-Card, und Jule holte drei Tage lang irgendwelche scheuÃlich schmeckenden Boxen, aber sie fragten nicht, ob sie Timon begleiten und einen weiteren Rucksack voll Stoffe und Tücher mitbringen könn te, irgendetwas , aus dem man Windeln herstellen konnte, und etwas anzuziehen für das Kind.
Das Kleine strampelte jetzt so kräftig, dass man auf Polas enorm dickem Bauch die Beulen sehen konnte, die es mit den FüÃen trat.
Darf ich mal anfassen, sagte Jule eines Abends und zeigte auf Polas Pullover, unter dem es sichtbar zuckte.
Als Jule die Bewegung spürte, zog sie schnell wieder ihre Hand zurück.
Irgendwann entdeckte sie die Umschläge, die die alte Malenka Pola zum Abschied gegeben hatte.
Was steht da drauf, sagte sie.
Na lesen Sieâs doch, sagte Pola.
Das ist aber Schreibschrift, sagte Jule.
Und?
Ist doch längst abgeschafft, sagte Jule, und Pola las ihr vor: Bevorzugt halbschattigen Standort, verträgt keine Staunässe, regelmäÃig Kompost zugeben.
Versteht kein Mensch, sagte Jule. Klingt aber gut.
Pola zeigte auf einen der Briefumschläge und sagte, das zum Beispiel sind Zwiebelsamen. Sie mögen doch Zwiebeln, oder.
Jule sagte, darf ich mal sehen, betrachtete ehrfürchtig die kleinen schwarzen Punkte, die Pola mit dem Zeigefinger herausholte und die ihr an der Fingerkuppe klebten.
Es ist noch ein bisschen früh, um Zwiebeln zu pflanzen, sagte Pola, aber wenn Sie mögen, können wirâs probieren.
Sie zeigte Jule ein paar von den ausrangierten Töpfen, die sie in einer Ecke des Dachbodens gefunden und einen nach dem anderen hervorgekramt hatte, um sie mit der Blumenerde zu füllen, die Timon ihr nach seinen Arbeitsstunden im Grünbereich brachte, und während sie die schwarzen Pünktchen auf der Erde verteilte und damit bedeckte, sagte sie, und wenn die alle aufgehen, ergibt das die schönste Zwiebelsuppe.
*
Jule Tenbrock hatte keine Ahnung, wie Pola es gemacht hatte, aber in der Nacht zum fünften Februar hatte sie ein Mädchen auf die Welt gebracht. In dieser Nacht konnte Jule nicht schlafen, weil Pola ein paarmal fürchterlich schrie; Jule konnte nur hoffen, dass die anderen im Haus es nicht hörten, aber die anderen rochen auch nicht, was da oben gekocht wurde, selbst der Hausdienst schien nicht zu merken, was da vor sich ging.
Einmal traf Jule ihn, als er aus einer Wohnung im ersten Stock kam. Im Treppenflur roch es nach etÂÂwas, das Pola seit dem Weihnachtsfest oft kochte, weil in »Grandmaâs Cooking Corner« Gänsebraten mit Rotkohl angebrannt war, und inzwischen wusste Jule, wie Rotkohl roch und schmeckte, wenn er nicht angebrannt war.
Sie wusste auch, dass Zsazsa nicht an der mutierten Leptospirose litt und sie sie ohne Bedenken streicheln konnte.
Papperlapapp, sagte Pola, wenn Jule von der Geburt sprach, von all den Infektionsgefahren, von den Keimen, die auf dem Dachboden lauerten und die, wenn schon nicht für Erwachsene, so doch ganz sicher für das Neugeborene gefährlich sein würden.
Papperlapapp.
Der Hausdienst schloss die Tür im ersten Stock.
Jule sagte, Tag.
Tag, sagte er, und Jule sagte, finden Sie nicht, dass es hier komisch riecht.
Ich riech nichts, sagte er und ging runter.
Pola nannte das Mädchen Mike.
Komischer Name für ein Mädchen, sagte Jule.
Pola sagte, der Name ist aus einem Film, den ich gar nicht kenne. Timon hat mir den Film erzählt, als er das erste Mal mitgekommen ist und wir die Villa aufgemacht haben.
Das Baby hatte genauso schwarze Haare wie seine Mutter.
Manchmal
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