Die Frau mit dem Hund
Stock, bevor kurz darauf die Geruchslawine von der Lavendelwolke gestoppt worden war â wenn Abramowski sich nicht geirrt hatte, befand sich in der Wohnung seiner Nachbarin ein Hund.
Und dann, dachte Timon Abramowski, hätte die saubere Jule Tenbrock ein handfestes Problem, das sie mindestens ihren Job in der Wäscherei kosten würde, für den sie so ziemlich alles getan hatte, was ein Bewohner des siebten Distrikts nur tun konnte.
*
Eines war klar: Jule Tenbrock hatte ein handfestes Problem in ihrer Wohnung sitzen. Zuerst dachte sie daran, Clemens anzurufen und zu fragen, ob er zu ihr herüberkommen könne, aber das war ungefähr das Dümmste, was sie hätte machen können. Wie hätte sie Clemens erklären sollen, dass sie eine wildfremde Person mit einem Hund in die Wohnung gelassen hatte und nun nicht wusste, wie sie sie wieder loswerden könnte.
Jule konnte förmlich hören, was er ihr für einen Vortrag halten würde.
Ich muss dir wohl nicht sagen, was du in meinem Seminar alles gelernt haben solltest, würde er sagen, und Jule fiel ein, was sie alles gelernt hatte und wogegen sie soeben verstieÃ. Clemens hatte alle SemiÂnarteilnehmer genauestens über alles aufgeklärt, was in einer Wäscherei auftreten kann, Wäsche ist Âeiner der Hauptfaktoren für alle Arten von InfekÂtionen, hatte er dem künftigen Wäschereipersonal eingeschärft, Viren, Bakterien, Parasiten; bei dem Gedanken an die Parasiten dachte Jule jetzt an Läuse und Flöhe, und es fing sie an zu jucken wie verrückt. Von wegen Risikoeliminierung; sie hatte dem Risiko ihre Tür geöffnet, und jetzt saà es da und war mit ziemlicher Sicherheit ein Verstoà gegen die Gefahrstoffverordnung, all das hatte man in Clemensâ Seminaren zu lernen, bevor man auch nur einen Fuà in die Wäscherei setzen durfte. Jule Tenbrock konnte nur hoffen, dass Abramowski den Geruch im Treppenhaus nicht mitbekommen hatte, und sie spürte bereits den Hautausschlag, den sie morgen mit sich herumtragen würde, in und auf Tieren wimmelt es nur so von Bakterien, Flöhen, Läusen, Milben und Würmern, Cestoden, Echinokokken, Jule zählte sich auf, wovon es nur so wimmelte. Bei den Echinokokken war sie sich nicht ganz sicher.
Was weià ich, dachte sie, gibt es sieben oder neun Sorten davon, Fuchsbandwurm, Hundebandwurm, egal. Escherichia coli.
Clemens war der Letzte, dem sie etwas davon sagen konnte, dass sie eine Frau mit einem Hund zu Gast hatte, wenn sie das Candle-Light-Dinner demnächst nicht gefährden wollte, aber aus dem Candle-Light-Dinner, dachte sie, würde wohl erst einmal sowieso nichts werden, weil ihr das Luminose-Service mit dem Klatschmohndekor, auf das sie sich so gefreut hatte, heute Abend durch die Lappen gegangen war. Sie hätte jedenfalls nicht die Kornblumen, sondern den Klatschmohn genommen, aber so oder so, ohne das Service würde das Candle-Light-Dinner eine unromantische Angelegenheit werden, selbst wenn sie fünfzig Extrapunkte ausgeben und ein Dim-Sum-Menü von dem chinesischen Lieferser vice bestellen würde, der kürzlich in der Meile aufge macht und zur Eröffnung einen Probiertisch vor dem Imbiss aufgestellt hatte, wo ein chinesischer Spezialkoch vor den Augen der Kunden eine Auswahl an Kostproben frisch zubereitet hatte; es war sensaÂtionell, aber auch eine sensationelle Dim-Sum-Box würde eine Box sein und bleiben, und was Romantik betrifft, geht nichts über »Cosy Home«, Âeinen gedeckten Tisch, ein Service und richtige Gläser.
Pola Nogueira aÃ, als hätte sie wochenlang nichts in den Magen bekommen, und während Jule das KicherÂerbsen-Masala in die Mikrowelle stellte, tat sie, als würde sie nicht sehen, dass Pola die KäseÂcracker an ihren Hund verfütterte, Jules Käsecracker, die Jule sich für ihren gemütlichen Abend auf ihrer Couch vor ihrer Konsole ausgesucht hatte.
Nach dem Essen sollten Sie besser gehen, sagte sie, als Pola sich über den Obstsalat hermachte.
Pola erstarrte, den Plastiklöffel auf halber Höhe zwischen der Packung und ihrem Mund.
Dann sagte sie, ich kann da jetzt nicht wieder raus.
Aber hier können Sie nicht bleiben, sagte Jule. Es sollte bestimmt und entschieden klingen, aber es klang kleinlaut.
Auf dem Sofa, sagte Pola. Ich kann auf dem Sofa schlafen, das macht mir nichts aus. Ich kann auch auf dem Boden schlafen, sagte
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