Die Frau mit dem roten Herzen
mich gestern fragten.«
»Schießen Sie los, Herr Ma.«
»Ich habe jemanden für Sie. Er weiß vielleicht etwas über die Frau, die Sie suchen.«
»Und wer ist das?«
»Zunächst eine Bitte, Oberinspektor Chen.«
»Ich höre?«
»Werden Sie ihn in Ruhe lassen, wenn Sie Ihre Information haben?«
»Das verspreche ich. Und sein Name wird nicht erwähnt werden.«
»Ich bin kein Polizeispitzel. Eigentlich ist es gegen meine Prinzipien, Informationen an den Staat weiterzugeben«, erklärte Herr Ma feierlich. »Er heißt Gu Haiguang, einer von den Senkrechtstartern. Ihm gehört der Dynasty Karaoke Club an der Shanxi Lu. Er hat Verbindungen zu den Triaden, gehört aber meines Wissens nicht selbst dazu. In seinem Gewerbe muß man sich mit diesen Leuten gut stellen.«
»Sie haben sich meinetwegen sehr bemüht, Herr Ma. Ich weiß das zu schätzen.«
Er schaltete das Handy ab. Obgleich er wußte, daß Catherine Teile der Unterhaltung mitgehört hatte, wollte er Herrn Mas Anruf nicht sofort mit ihr besprechen. Er holte tief Luft und sagte statt dessen: »Halten wir doch hier kurz an. Ich habe ziemlichen Durst. Wie steht es mit Ihnen, Inspektor Rohn?«
»Ein Fruchtsaft wäre nicht schlecht«, erwiderte sie.
Er parkte vor einem Lebensmittelgeschäft und kaufte einige Getränke und eine Tüte gebratene Dampfbrötchen. Als er zurückkam, bemerkte er einen Wagen, der langsam an ihnen vorbeifuhr, dann wendete und in einer Parkbucht hielt.
»Bitte bedienen Sie sich.« Er hielt ihr die Tüte mit den Brötchen hin, die mit gehackten Frühlingszwiebeln bestreut und ziemlich fettig waren.
Sie nahm nur ein Getränk.
»Der Anruf kam von Herrn Ma.« Er öffnete seine Cola-Dose mit lautem Plopp. »Er hat sich nach Ihrem Befinden erkundigt.«
»Das ist aber nett von ihm. Ich habe gehört, wie Sie ihm mehrfach gedankt haben.«
»Nicht nur das. Er hat jemanden gefunden, der Verbindungen zu den Triaden hat und bereit ist, mit uns zu reden.«
»Ein Mitglied der Fliegenden Äxte?«
»Nein, das wohl nicht, aber wir sollten ihn befragen. Vorausgesetzt Sie sind mir nicht mehr böse.«
»Natürlich werden wir ihn befragen. Schließlich ist das Ihr Job.«
»Klingt schon besser, Inspektor Rohn. Bitte essen Sie doch eine Kleinigkeit. Ich weiß nicht, wie lange wir unterwegs sein werden. Anschließend lade ich Sie dann zu einem anständigen Essen ein – etwas, das eines amerikanischen Staatsgastes würdig ist.«
»Nicht schon wieder diese Nummer.« Sie griff sich eines der Brötchen mit einer Papierserviette.
»Was immer ich während dieses Interviews sage, Inspektor Rohn, bitte ziehen Sie daraus keine voreiligen Schlüsse.«
»Was meinen Sie damit?«
»Erstens einmal stammt dieser Hinweis von Herrn Ma. Ich möchte nicht, daß er deswegen Unannehmlichkeiten hat.«
»Verstehe. Sie müssen Ihren Informanten schützen.« Sie schob sich das Brötchen in den Mund. »Damit bin ich voll und ganz einverstanden. Auch ich stehe in seiner Schuld. Aber wer ist dieser geheimnisvolle Mann, den wir treffen werden?« Dann fügte sie noch hinzu: »Und welche Rolle werde ich dabei spielen?«
»Er ist der Besitzer des Dynasty Karaoke Club. Unter jungen Leuten ist das ein beliebtes Szenelokal, in dem man tanzen und Karaoke singen kann. Sie müssen gar nichts tun, bloß entspannt sein und den Abend als unser amerikanischer Gast genießen.«
Sie verließen den Parkplatz, und er schaute regelmäßig in den Rückspiegel. Eine halbe Stunde später erreichten sie die Kreuzung Shanxi und Julu Lu. Dort bog er nach rechts ab und fuhr auf das halb geöffnete Tor eines mauerumfriedeten Anwesens zu. Auf einem vertikal aufgehängten weißen Schild stand: SCHRIFTSTELLERVERBAND SHANGHAI. Der Torwächter erkannte Chen und öffnete das Tor ganz.
»Sie bringen uns heute einen ausländischen Gast?«
»Nur zu einem kurzen Besuch.«
Sie sah ihn verwundert an, während der Wagen die Auffahrt hinauffuhr und neben einem geparkten Auto hielt. »Wollen Sie mir zuerst noch den Schriftstellerverband zeigen?«
»Vor dem Dynasty gibt es keine Parkplätze. Wir werden das Auto stehenlassen und eine Abkürzung nehmen. Von hier sind es nur wenige Minuten zu Fuß.«
Das war allerdings nur einer der Gründe, warum er den Wagen hier parkte. Er wollte nicht, daß ein Fahrzeug mit offiziellem Kennzeichen vor dem Club gesehen wurde. Jemand könnte es erkennen. Außerdem wurde er das Gefühl nicht los, daß sie beschattet wurden. Er fragte sich, ob eine Bande aus Fujian in fremdem
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