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Die Frau mit dem roten Tuch

Die Frau mit dem roten Tuch

Titel: Die Frau mit dem roten Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Garder
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die denselben Namen trug wie der Arm des Fjords, an dem das Hotel liegt. Zuerst haben wir bei Hella angelegt, wo wir damals unser beschädigtes Auto abgestellt hatten – es war seltsam, an Deck zu stehen und auf den Fähranleger hinabzublicken, aber dann haben wir den Hauptarm des Fjords in Richtung Vangsnes überquert, dort kehrtgemacht und Balestrand angelaufen. Dort bin ich auf der Landspitze beim Kvikne Hotel hin und her gegangen und habe auf die Schnellfähre aus Bergen gewartet. Sie kam ein wenig verspätet, um eine halbe Stunde, glaube ich, und als ich an Bord ging, sah ich, dass sie M/S Solundir hieß.
    Ich bin zusammengezuckt. Ich musste natürlich an dich denken. Ich hatte eigentlich nur noch an dich gedacht, seit wir uns zwei Tage zuvor an dem alten Dampferanleger zum Abschied zugewinkt hatten. Aber jetzt musste ich außerdem an den Sommer denken, als wir dort draußen auf einer der Inseln von Solund deine Großmutter besucht haben. Hieß sie nicht Randi? Randi Hjønnevåg?
     
    Ich versank vollkommen in meinen Gedanken, es war wie ein besonderer Gemütszustand, möchte ich fast sagen, denn plötzlich überrollte mich eine Lawine aus alten Erlebnissen – lebhafte Bilder und Eindrücke von damals am Meer, als wir erst Anfang zwanzig waren, wie Filmschnipsel von Momenten, von denen ich gar nicht mehr wusste, dass ich sie aufgenommen hatte, und es war auch kein Stummfilm, denn ich glaubte, deine Stimme zu hören, ich hörte dich lachen und mit mir reden. Und ich hörte außerdem den Wind und die Seevögel, und ich konnte deine langen dunklen Haare riechen. Es roch nach Meer und Tang. Das waren keine normalen Gedanken, es war wie ein Geysir aus verdrängter Glückseligkeit, der an die Oberfläche drängte, wie ein Zurück in die Zeit, die einmal uns gehörte.
     
    Erst begegne ich dir mehr als dreißig Jahre nach unserem letzten Besuch dort in dem alten Hotel, und wenn ich dann weiterfahre, trägt die Fähre, die ich nehme, den Namen der kleinen Insel, von der die Familie deiner Mutter stammt. Hast du nicht irgendwann erzählt, dass du fast nach diesem Herkunftsort Solrun genannt worden bist? Sonst haben wir ja vor allem über Ytre Sula gesprochen, die alleräußerste Insel, auf der deine Großmutter wohnte. Aber Solrun und Solundir! Ist es da ein Wunder, dass ich zusammengezuckt bin?
    Dennoch sollten wir uns von solchen zufälligen Verbindungslinien nicht zu okkulten Schlussfolgerungen verleiten lassen. Die Fähre verdankte ihren Namen schlicht einem Hafenort in dem Regierungsbezirk, in dem ich mich gerade aufhielt, so einfach war das. Also beruhigte ich mich. Aber ich stand noch lange an Deck und lächelte vor mich hin.
    Und was glaubst du?
     
    Ich bin jetzt hier draußen. Auf Ytre Sula, der Solund-Insel, meine ich. Ich sitze in dem alten Haus in Kolgrov und schaue auf Inseln und Schären. Das Einzige, was mir diese Aussicht ein wenig verstellt, ist ein Paar Männerbeine. Niels Petter steht auf einer Aluminiumleiter und streicht die Fensterrahmen im Obergeschoss neu.
     
    Als wir beide an dem Mittwoch von der Berghütte zurückkamen, wollte er unbedingt gleich losfahren, damit wir rechtzeitig zu den Abendnachrichten zu Hause in Bergen sind.
    Als wir durch Bøyadalen und den Tunnel am Gletscher fuhren, ging es schon gegen drei. Als wir aus dem Tunnel herauskamen, sahen wir, wie der Nebel sich auflöste. Während der Fahrt am Jølstravatnet entlang brach dann die Sonne durch. Der Nebel war das Einzige, was Niels Petter vor Førdezu einem Kommentar veranlasste. Es klärt sich auf, sagte er, als wir bei Skei den See umrundeten. Ich versuchte, ein Gespräch in Gang zu bringen, aber mehr war ihm nicht zu entlocken. Später ging mir auf, dass seine Bemerkung sich vielleicht nicht nur auf das Wetter bezog, sondern auch auf seine Stimmung.
    Als wir dann nach Süden auf Førde zufuhren, wandte er sich mir zu und meinte, das alles sei vielleicht ein bisschen viel gewesen für einen Tag, und wir könnten doch eine Nacht im Haus der Familie meiner Mutter verbringen, das wir jetzt einfach das Sommerhaus nennen. Wir hatten tatsächlich nach Hause fahren wollen, vor allem weil er Pläne hatte für den nächsten Tag, aber der Vorschlag war ein Versöhnungsangebot, eine Art Entschuldigung dafür, dass er erst so sauer war, als ich auf einem längeren Spaziergang mit dir bestand, und dann die ganze Fahrt über stumm blieb wie ein Fisch. Wir machten es dann, wie er vorgeschlagen hatte. Wir überquerten zwischen Rysjedalsvika

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