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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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Armreifen klimperten, als sie sich mit der rechten
Hand durchs Haar fuhr. »Also ich muss jetzt ins Bad«, sagte sie spontan. Das
Bad – ein Begriff, der auf der Erde durchaus seine Berechtigung und seinen Sinn
hatte. Das Bad – ein eigener Raum, meist mit Kacheln oder Fliesen ausgelegt, mit
Waschbecken, Badewanne und Toilette ausgestattet, mit fließendem Kalt- und
Warmwasser; in der Luxusvariante besaß es womöglich noch ein Bidet. Das Bad
hier im All schien den Begriff spotten zu wollen in dieser eingeengten stählernen
Begrenztheit; dazu kam noch das Faktum, dass es hier weder Kacheln noch Fliesen
gab. Das Bad hier im All war dort, wo eine Zahnbürste mit Velcro an dem Schott
oder der Konsole befestigt war, wo die Tube mit der für die Zähne bestimmte Paste
auf dem defekten Kippschalter steckte, wo ein kleiner Handspiegel schwebte, ein
Lippenstift rotierte, ein Lidschatten Purzelbäume schlug und das Urinal einer
Viper gleich, nach den intimsten Körperteilen der Frauen im Mond zu schnappen
schien.
    Gayle fackelte nicht lange, schnappte die Viper bevor diese
einen Biss austeilen konnte und erleichterte sich.
    »So, und jetzt rauspumpen«, befahl Nicole.
    Gayle sah sie an. »Du bist doch nur die Pilotin der
Landefähre, du hast mir gar nichts zu befehlen«, entgegnete sie ärgerlich. Eine
leichte Zornesröte war ihr ins Gesicht gestiegen. Sie sah hinauf zu Jane.
    »So, und jetzt rauspumpen, aber ein bisschen plötzlich –
wenn ich bitten darf!« Wenn die Stimme der Kommandantin zur Ordnung rief, hieß das,
dass nun weder der rechte Zeitpunkt für Diskussionen noch für Fragen und schon
gar nicht für demokratisch zu findende Mehrheitsentscheidungen war.
    »Jawohl, rauspumpen!«, kam es von Gayle und das Rot ihres
Gesichts wurde noch eine Nuance dunkler.
    Gayle betätigte einen kleinen Schalter, über dem ein Penis
aufgezeichnet war, von dem keine der Damen zugab, die Künstlerin gewesen zu
sein. Nachdem der letzte Tropfen im von Sonnenlicht gefluteten Vakuum des Raums
glitzernd zu Kristall erstarrt war, zeigte sich – beeindruckend und zweifelsfrei
– warum Jane die Kommandantin war. Wer tadelte, musste auch loben können, so
stand es zumindest im Handbuch für Astronauten mit Führungsverantwortung. Mit
ihrer Linken hielt sie sich am Griff neben dem Backbordfenster fest, während
sie mit ihrer Rechten Gayles Schädel tätschelte. »Braves Mädchen. Geht doch.«
    »Barbarella, Houston«, tönte klar und rein, als säße er nur
zwei Meter entfernt, der CapCom in einem Augenblick, der kaum unpassender hätte
sein können. »Wie ihr dem Flugplan entnehmen könnt, wird es nun Zeit, in die
Landefähre umzusteigen.«
    »Mist!«
    »Du lieber Gott!«
    »Um Himmels willen.«
    »Ich bin mit dem Packen noch nicht fertig.«
    »Ich finde meinen zweiten Strumpf nicht, den schwarzen mit
der breiten Bordüre«, meinte Nicole, »habt ihr ihn vielleicht gesehen?«
    »Ich sehe heute wieder aus. Meine Haare sind ein einziges
Chaos und seit drei Tagen nicht mehr gewaschen. Also so kann ich unmöglich auf
dem Mond landen«, kam es von Gayle. »Was, wenn ich dort unten auf einen
charmanten, gutaussehenden Mondianer, womöglich mit einem süßen Knackarsch …«
    »Ladies! L-A-D-I-E-S!!!” Der CapCom
brüllte, dass seine sich überschlagende Stimme von einer Wand der Kapsel zur
anderen und wieder zurück rollte. »Schluss jetzt mit dem Schwachsinn!«
    »Jawohl!«
    »Jawohl!«
    »Jawohl, Schwachsinn!«, antworteten die drei artig
hintereinander, gemäß ihren Diensträngen.
    »Jede nimmt die Ausrüstung, die in der Checkliste angeführt
ist, und vergesst eure Raumanzüge für den Außeneinsatz nicht!«
    »Ha, ich wusste doch, da war noch was, das nicht in meine
Kosmetiktasche passt«, sagte die Kommandantin und langte nach ihrem zu einem
Bündel verschnürten Raumanzug mit der Aufschrift ›CDR‹.
    Lange, tief und voll von einer Verzweiflung, die bereits weit
jenseits der für einen Menschen erträglichen Grenze lag, klang der Seufzer, der
aus den Lautsprechern drang. »Und Gayle, hast du die Autopilotin der
Kommandokapsel auf ›Auto‹ gestellt?«
    »Noch nicht. Was passiert, wenn ich es nicht tue?«
    »Das wäre nicht so günstig, denn dann wird euer Trip zur
Oberfläche einer ohne Wiederkehr!«
    Gayle riss die Augen auf. »Steht schon auf ›Auto‹«, sagte
sie in einem charmanten Tonfall, als ginge es darum, den CapCom dafür zu
begeistern, mit ihr in denselben Raumanzug zu steigen. Drei Tage war sie
bereits ohne Sex und

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