Die Frauen der Calhouns 03 - Lilah
nicht verletzt.« Sie wandte den Kopf zu Max. »Er blutet. Er braucht Hilfe.«
»Wir kümmern uns um ihn«, versprach Sloan, während sie den Rasen überquerten. »Mach dir keine Sorgen, Süße, der Professor ist zäher, als du denkst.«
The Towers war hell erleuchtet. Erneut grollte Donner. Plötzlich erschien eine hagere Gestalt auf der Terrasse im ersten Stock, einen Stock in der einen Hand, einen glitzernden, verchromten Revolver in der anderen.
»Was, zur Hölle, geht da vor sich?«, schrie Colleen. »Wie soll irgendjemand bei all diesem Getöse ein Auge zutun?«
Coco warf einen genervten Blick nach oben. »Ach, sei still, und geh wieder ins Bett!«
Lilah legte ihren Kopf an Sloans Schulter und begann zu lachen.
Es war fast schon Morgen, als alles geregelt war. Die Polizei war gekommen und gegangen und hatte ihre schaurige Fracht mitgenommen. Fragen waren gestellt und beantwortet worden, Lilah mit Brandy traktiert und in ein heißes Bad gesteckt worden.
Sie hatten nicht erlaubt, dass sie Max’ Wunde versorgte. Ist vielleicht das Beste, dachte sie jetzt. Ihre Hände zitterten noch immer.
Er hat sich von dem Zwischenfall erstaunlich schnell erholt, überlegte sie, als sie sich auf dem Fenstersitz im Turmzimmer zusammenrollte. Während sie noch völlig durcheinander gewesen war, hatte er mit frisch verbundenem Arm im Salon gestanden und dem untersuchenden Polizisten einen klaren und präzisen Bericht gegeben.
Genauso gut hätte er seinen Studenten eine Vorlesung über Grundlagen und Auswirkung der deutschen Wirtschaft auf den Ersten Weltkrieg halten können, dachte sie mit einem schwachen Lächeln. Offenbar hatte Lieutenant Koogar die Präzision und Klarheit geschätzt.
Lilah fand, dass ihre eigene Erzählung ruhig genug gewesen war, obwohl sie das Zittern nicht sehr gut unterdrückt hatte, auch wenn ihre Schwestern sie unterstützt hatten.
Suzanna hatte dem Lieutenant schließlich erklärt, genug wäre genug, und hatte Lilah die Treppe hinaufgeschafft.
Doch trotz des Bades und des Brandys hatte sie nicht einschlafen können. Sie fürchtete, alles noch einmal zu erleben, wenn sie die Augen schloss, Max am Rande des Abgrunds kämpfen zu sehen. Sie hatten kaum miteinander gesprochen, seit diese ganze schreckliche Sache passiert war. Aber das mussten sie natürlich. Sie wollte nur ihre Gedanken klären und die richtigen Worte finden.
Doch dann kam er in den Raum, während der Himmel hinter ihr von dem Sonnenaufgang vergoldet wurde, und sie fürchtete, niemals die richtigen Worte zu finden.
Er stand sehr verlegen da, schonte den linken Arm. Sein Gesicht war von Müdigkeit überschattet. »Ich konnte nicht schlafen«, begann er. »Ich hoffte, du würdest hier oben sein.«
»Ich musste nachdenken. Hier fällt mir das immer leichter.« Sie fühlte sich genauso verlegen wie er, als sie ihr Haar zurückstrich. Es fiel ungezähmt in der Farbe der soeben aufgehenden Sonne auf ihren weißen Hausmantel. »Möchtest du dich setzen? Bitte!«
»Ja.« Er kam zu ihr und ließ sich mit schmerzenden Muskeln auf den Platz neben ihr sinken. Die Stille zog sich hin, eine Minute, dann zwei. »Was für eine Nacht«, meinte er endlich.
»Nicht«, murmelte er, als ihre Augen feucht wurden. »Nicht weinen!«
»Nein.« Sie schluckte die Tränen hinunter und starrte in die stille Morgenröte hinaus. »Ich dachte, er würde dich umbringen. Es war wie ein Albtraum – die Dunkelheit, die Hitze, das Blut.«
»Es ist jetzt vorüber.« Er ergriff ihre Hand und schlang seine starken Finger um die ihren. »Du hast ihn vom Garten weggelockt. Du hast versucht, mich zu schützen, Lilah. Ich kann dir gar nicht genug dafür danken.«
Aus dem Gleichgewicht gebracht, sah sie ihn wieder an. »Was sollte ich denn machen? Sollte ich zulassen, dass er aus den Petunien springt und dich niedersticht?«
»Du hättest zulassen sollen, dass ich auf dich aufpasse.«
Sie versuchte, ihre Hand loszureißen, doch er hielt sie fest. »Du hast auf mich aufgepasst, nicht wahr? Ob ich es wollte oder nicht. Du kamst wie von Sinnen daher und hast dich auf einen Irren mit einem Messer geworfen und beinahe …« Sie brach ab und rang um Fassung, während er nur dasaß und sie mit seinen geduldigen Augen betrachtete. »Du hast mir dieses Mal das Leben gerettet«, schloss sie ruhiger.
»Dann sind wir quitt, nicht wahr?« Er zuckte die Schultern. »Während ich mit Hawkins kämpfte, ist etwas äußerst Seltsames passiert. Ich fühlte, wie ich abglitt und an
Weitere Kostenlose Bücher