Die Friesenrose
Sache. Und was einmal die Herzen der Ostfriesen erobert hat, behält für alle Zeit seinen Platz darin. Wir Ostfriesen stehen mit einer schon an Sturheit grenzenden Treue zu unseren Eigentümlichkeiten.
Der Tee, das Teetrinken, prägte und prägt bis heute in starkem Maße das tägliche Leben der Ostfriesen. Die alteingesessenenMenschen in Moor, Marsch, Geest und auf den Inseln wirken zurückhaltend, fast kühl. Sie machen nicht viele Worte, und Gefühlsausbrüche sind ihnen fremd. Diese Wesenszüge scheint der Tee noch zu unterstützen. Er kann beleben, aber auch beruhigen. Seine ausgleichende Wirkung entspricht unserem Verhalten, und so gehören Ostfriesen und Tee wohl zusammen wie Teekanne und Deckel.
Erklärungen zum Tee, zur Entstehung der Fehnlandschaft, der politischen Lage während des Handlungszeitraums dieses Romans und den historischen Persönlichkeiten, die tatsächlich gelebt haben:
– Der Tee und seine Verbreitung in Ostfriesland
Bevor der Tee in Ostfriesland Einzug hielt, waren die Trinkgewohnheiten der Friesen vom Bier geprägt. Der Gerstensaft war die allgemeine flüssige Volksnahrung, und fast in jedem Dorf gab es eine eigene Brauerei.
Dies führte zu großen Problemen. Schon der Gelehrte Dr. Henricus Ubbius ließ sich darüber aus und schrieb 1530:
„Die Frauen sind schön, zum Teil aber dem Trunk ergeben und oft schwer berauscht.“ Und an anderer Stelle: „… vom Hamburger Bier wird jährlich eine große Menge gebraucht, zum Vorteil der Stadt Hamburg und der Steuereinkünfte … aber zum größten Nachteil der Friesen selbst, die ein gut Teil ihres Vermögens darin vertun und sich dabei im Rausch noch gegenseitig totschlagen.“
Kein Wunder also, dass Gegner dieses berauschenden Getränkes den Tee herzlich willkommen hießen!
Im Jahre 1610 wurde der erste (grüne) Tee von niederländischen Schiffen nach Europa transportiert und eine Kostprobe davon als Geschenk der Ostindischen Kompanie an den Prinzenhof gebracht. Später dann, etwa ab 1635, wurde Holland regelmäßig mit Tee beliefert, insbesondere aus China.
Man kann wohl annehmen, dass die handelstüchtigen Holländer schon damals versucht haben, auch ihre Nachbarn, die Ostfriesen, für den Tee zu begeistern. Es konnten sich aber nur die Wenigsten das unglaublich teure Getränk leisten. So blieb sein Genuss den Reichen vorbehalten. Lange Zeit wurde er als Medizin gehandelt und war nur bei Ärzten und Apothekern in Ostfriesland erhältlich. Später konnte man ihn auch bei den Gewürz- und Kolonialwarenhändlern erstehen. Dort wurde der lose Tee abgewogen und in Spitztüten verpackt.
Im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts bestimmten die Niederlande und England den Überseehandel. Die engen Handelsverbindungen zwischen Emden und Amsterdam förderten den Import des Tees in Ostfriesland. Schriftlich taucht die Handelsware 1675 auch in den Büchern auf: Ein Kaufmann aus Leer verweigert die Entrichtung von Waagegeld für Tee.
Ab etwa Mitte des 18. Jahrhunderts gehört Tee bereits zur Aussteuer einer gut betuchten Ostfriesin. In der Aussteuerliste einer Pastorentochter wird 1736 unter anderem ein Teekessel aufgeführt. Und Johann Lüken Jürgens in Wrisse gab 1810, also während der Besatzungszeit durch die Franzosen, seiner Tochter einen runden Teetisch, Teezeug (wohl Geschirr) und einen Teetopf sowie eine lackierte Teebüchse mit in die Ehe.
Der Tee war aus Ostfriesland nicht mehr wegzudenken. Die ostfriesische Fürstin Christine-Charlotte verfasste ein Buchmit dem Titel „Geistlich- und himmlischer Theegebrauch“. In ihrem Nachlass fand man später einen Teetisch mit fünf verschiedenen Teebüchsen, Teekessel aus Kupfer, Messing und Zinn und andere Geräte zur Zubereitung von Tee.
Die erste große Teeladung aus China erreichte Emden 1753. Nach sechzehnmonatiger Reise kehrte die „König von Preußen“ zurück. Zwei Jahre zuvor hatten Emder Kaufleute und andere Geldgeber die „Königlich-Preußische Asiatische Compagnie in Emden nach Canton und China“ gegründet, die nicht nur Tee, sondern auch Seide, Damast und vor allen Dingen Porzellan einführte.
Der Ausbruch des Siebenjährigen Krieges 1756 brachte den ostfriesischen Teehandel jäh zum Erliegen. Friedrich II., dem nach dem Tod des letzten Fürsten Ostfriesland zugefallen war, stand vor einem Problem. Er wollte unter allen Umständen das Geld seiner Untertanen im eigenen Land behalten. Daher verbot der „Alte Fritz“ den Genuss von Tee und hoffte, dadurch den
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