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Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Nolte
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sagte Caravan erleichtert, „grünes Gras, blaue Blumen, rosarote
Rosenranken ... solange ein Stabreim darin vorkommt, schreiben sie es auf. Es
muss ja nicht wahr sein, nur weil es sich hübsch anhört.“
    Caravan versuchte damit nicht ausschließlich
seinen Getrauten aufzuheitern. Der Gedanken, solche Wunder bald real zu Gesicht
zu bekommen, ließ ihn tatsächlich ins Schwärmen geraten. Es waren jetzt über
fünfhundert Jahre her, seit sich die Reste der Menschheit ins All geflüchtet
hatten. 112 Raumschiffe trieben verstreut im Nichts und versuchten, im Kriechtempo
eine bewohnbare Heimat zu finden. Sie waren bei jedem entdeckten Sonnensystem
aufs Neue enttäuscht worden.
    Nicht nur die Antiqui, die Uralten
der Schiffsbevölkerung, hatten über die Jahrzehnte hinweg begonnen, die Suche
mit zynischer Gleichgültigkeit zu betrachten. Caravan hatte an sich selbst
beobachten können, wie er zunehmend abgestumpft war, die Hoffnung auf ein Ende
ihrer Reise längst begraben hatte. Er konnte es Serail nicht verdenken, dass er
den Gedanken an eine Planetenbesiedlung weit von sich wies. Es war leichter, am
gewohnten Schiffsleben festzuhalten, als noch einmal alle Wünsche auf die
Zukunft zu richten – und enttäuscht zu werden. Serail balancierte schon so
lange am Rande des Abgrundes, dass der junge Crew kaum noch wagte, mehr als
gelangweiltes Interesse für irgendetwas aufzubringen.
    Caravan füllte die Leere weiter
mit belanglosem Geplauder, sprach ohne Pause über Vogelklangmusik und den
neusten Rekord auf der Null-G-Rennbahn. Dabei kreisten seine Gedanken wie so
oft um Serails wachsenden Hang zur Selbstzerstörung, eine krampfhafte, fiebrige
Sinnlichkeit, die Caravan ausschloss. Es gab Vergnügungen genug an Bord, um
Jahrhunderte damit zu füllen, und sein Getrauter hatte sich anscheinend in den
Kopf gesetzt, sie alle auszuprobieren.
    Schon immer hatte Serail einen
dekadenten, selbstverliebten Charme besessen, aber inzwischen benahm er sich
wie ein verantwortungsloses Kind, das die Wohnung niederbrennt, nur um sich
Marshmellows zu rösten. Er betrieb seine Vergnügungssucht mit absoluter Rücksichtslosigkeit.
Er sprach von Liebe und gab sich dann nächtelang den KamaSutra hin, die ihn
wegen seiner klassischen, fast femininen Schönheit begehrten. Er sprach von
einer lebenslangen Beziehung und verbrachte mehr Zeit im Strom als in der
Wirklichkeit. Seit er in die Illusionisten-Gilde eingetreten war, experimentierte
er mit den drogenähnlichen Erfahrungen der Synästhesie. Stundenlang versank er
in jenen exotischen Illusionsräumen, wo die Sinne zusammenflossen, wo man
Lilienduft schmecken konnte und schwermütige Tangomusik die Haut wie ein
blutrotes Meer überströmte. Caravan konnte es kaum noch ertragen, dabei
zuzusehen.
    Manchmal glaubte er, dass schon
ihre Hochzeit ein düsteres Omen gewesen war. Traditionsgemäß hatte man ihnen
neue Namen gegeben, Worte mit einem gemeinsamen Ursprung, die ihre Zusammengehörigkeit
symbolisieren sollten. ‘Serail’ passte gut zu seinem Getrauten, zu seinen
orientalischen Gesichtzügen und schwarzen Samtaugen, seiner Koketterie, seiner
Leichtlebigkeit. Schon immer hatte Serail Verehrer beiderlei Geschlechts
angezogen wie Motten das Licht und hatte davon ohne größere Skrupel Gebrauch
gemacht. Er musste im Laufe seiner 38 Lebensjahre tatsächlich einen ganzen
Harem angesammelt haben. Unglücklicherweise gab es noch mehr Ähnlichkeiten
zwischen den alten orientalischen Serails und ihrem Crewleben: Ein Dasein in
dekadentem Luxus, voller Sinnlosigkeit und unendlicher Langeweile, eine Brutstätte
für Intrigen, Perversität und selbstgewählten Tod. Ein doppeldeutiger Name
voller dunkler Vorahnungen. Dagegen seine eigene Taufe ... „Wie sind sie nur
auf Caravan gekommen?“, murmelte er.
    Serail lachte, und Caravan zuckte
unter dem unerwarteten Geräusch zusammen.
    „Das weißt du nicht?“, fragte sein
Getrauter. „Ich bin ihnen so lange auf die Nerven gefallen, bis sie es mir
gesagt haben.“
    „Tatsächlich? Was hast du
herausbekommen?“
    „Nun ja“, trällerte Serail
genüsslich, „Roncalli hat es mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut
und ich weiß wirklich nicht, ob ich ...“
    Caravan grinste innerlich. Serail
hätte für ein bisschen guten Klatsch sein letztes Seidenhemd gegeben. Solange
er mit diesem Thema beschäftigt war, würde er sich kaum noch erinnern, dass er
sich in der Außenwache befand. „Jetzt rück schon damit raus.“
    „Okay“,

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