Die Fünf Tore 1 - Todeskreis
zusammen.
»Was willst du damit?«, flüsterte er.
»Keine Panik. Damit mache ich uns nur die Tür auf.«
Kelvin schob die Klinge in den Türspalt und zog sie nach unten. Matt sah ihm schweigend zu und hoffte insgeheim, dass sich die Tür nicht öffnen würde. Das Schloss machte einen stabilen Eindruck, es schien unmöglich, dass ein Siebzehnjähriger es mit etwas so Gewöhnlichem wie einem Messer öffnen konnte. Doch plötzlich klickte es, und Licht fiel nach draußen, als die Tür aufschwang. Kelvin wich zurück. Matt sah, dass er genauso überrascht war wie er, wenn er sich auch große Mühe gab, sich nichts anmerken zu lassen.
»Wir sind drin«, sagte er.
Matt nickte. Einen Moment lang fragte er sich, ob Charlie vielleicht doch recht hatte. Vielleicht würde das hier wirklich so leicht werden, wie Kelvin behauptete.
Sie schlüpften durch die Tür.
Das Lagerhaus war riesig – viel größer, als Matt erwartet hatte. Als Kelvin ihm davon erzählt hatte, hatte er mit ein paar Regalen voller DVDs in einem ansonsten leeren Lagerhaus gerechnet. Aber die Halle, in der sie standen, nahm kein Ende. Es waren Hunderte von Regalen, alle nummeriert und in einem komplizierten Rastermuster aufgestellt. Von der Decke hingen riesige Lampen herab, die alles in ein grelles Licht tauchten. Und es gab nicht nur Videospiele und DVDs, sondern auch Kartons mit Computerteilen, Gameboys, MP3-Playern und sogar Handys, alles in Plastik verpackt, bereit für die Auslieferung an die Geschäfte.
Matt schaute nach oben und blickte sich suchend um. Es gab tatsächlich keine Überwachungskameras, genau wie Kelvin gesagt hatte.
»Geh du da lang«, sagte Kelvin und zeigte in einen der Gänge. »Nimm nur das kleine, teure Zeug. Wir treffen uns dann wieder hier.«
»Warum bleiben wir nicht zusammen?«
»Nur die Ruhe, Matt. Ich verschwinde schon nicht ohne dich!«
Sie trennten sich. Matt landete in einem schmalen Gang mit DVDs. Tom Cruise, Johnny Depp, Brad Pitt … Er nahm sich eine Handvoll, ohne darauf zu achten, was es war. Sicher gab es in diesem Lager wertvollere Dinge, aber das war ihm egal. Er wollte nur wieder raus.
Doch plötzlich ging alles schief.
Es begann mit einem Geruch, den er auf einmal in der Nase hatte. Es roch nach verbranntem Toast.
Dann hörte er eine Stimme. » Beeil dich, Matthew, sonst kommen wir zu spät .«
Ein farbiger Blitz. Eine leuchtend gelbe Wand. Schränke aus Kiefernholz. Eine Teekanne, geformt wie ein Teddybär.
Der Geruch sagte ihm, dass etwas nicht stimmte – wie ein Hund, der bellt, bevor die Gefahr da ist. Matt hatte so etwas schon öfter erlebt, aber er hatte noch nie mit jemandem darüber gesprochen. Es war eine besondere Fähigkeit … eine Art Instinkt. Eine Warnung. Doch diesmal kam sie zu spät.
Bevor er wusste, wie ihm geschah, landete auch schon eine schwere Hand auf seiner Schulter, wirbelte ihn herum, und eine Stimme rief: »Was zum Teufel hast du hier zu suchen?«
Matt spürte, wie ihn alle Kraft verließ. Die DVDs fielen ihm aus den Händen und prasselten zu Boden. Er starrte einem Wachmann ins Gesicht und wusste sofort, dass dies nicht die alte Schlafmütze war, die Kelvin ihm beschrieben hatte. Das hier war ein großer, ernster Mann in einer schwarz-silbernen Uniform mit einem Funkgerät, das in einer Art Halfter an seiner Brust hing. Der Mann war etwa Mitte fünfzig, aber er sah so fit aus wie ein Rugbyspieler.
»Die Polizei ist schon unterwegs«, sagte er. »Du hast den Alarm ausgelöst, als du die Tür geöffnet hast. Also mach keinen Blödsinn, hörst du?«
Matt konnte sich nicht bewegen. Er stand unter Schock. Sein Herz hämmerte so heftig in seiner Brust, dass er kaum Luft bekam. Plötzlich fühlte er sich wieder sehr jung.
»Wie heißt du?«, fragte der Wachmann streng. Matt sagte nichts.
»Bist du allein?« Diesmal klang die Stimme etwas freundlicher. Anscheinend hatte der Mann erkannt, dass Matt keine Bedrohung für ihn darstellte. »Wie viele von euch sind noch hier?«
Matt holte tief Luft. »Ich …«
Und in diesem Augenblick, als hätte jemand einen Schalter umgelegt und die ganze Welt auf den Kopf gedreht, begann der wirkliche Horror.
Der Wachmann richtete sich ruckartig auf, seine Augen wurden größer, sein Unterkiefer klappte herunter. Er ließ Matt los und wankte zur Seite. Matt sah an ihm vorbei, und sein Blick fiel auf Kelvin, der ein benommenes Lächeln im Gesicht hatte. Zuerst begriff Matt nicht, was los war. Aber dann sah er den Messergriff, der aus
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