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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Waldes, der nur aus toten Bäumen zu bestehen schien, weiße Äste schimmerten im Dunkeln wie Knochen. Jane hatte Merrily gesagt, dass Barbara wahrscheinlich immer noch unter dem Zelt lag.
    «Bist du sicher, dass du das tun willst?», fragte das Kind immer wieder.
    «Ich hab es doch gesagt.»
    «Aber   … sieh dich doch mal an   … du brauchst einen Arzt.»
    «Dr.   Coll?» Merrily fing an zu lachen und konnte überhaupt nicht mehr aufhören.
    «Hör auf!», schrie Jane. «Was ist das da an deinen Händen?»
    Merrily sah auf ihre Hände, immer noch lachend.
    «Oh.»
     
    Merrily hatte die geradezu lächerliche Bestürzung auf Judiths Gesicht gesehen   … hatte zugesehen, wie sie einen Schritt zurückgetreten war und ärgerlich den Gewehrlauf aufgeknickt hatte, um dann diese wunderbar trockene Bemerkung zu machen.
    «Das hätte ich mir denken können. Typisch für die Männer in Radnor. Warum zwei Patronen laden, wenn man vielleicht noch nicht mal eine braucht.»
    Es war das Lustigste, was Merrily seit langem gehört hatte. Und in diesem Moment wahrscheinlich das Lustigste auf der ganzen Welt. Als sie anfing zu lachen, erwartete sie fast, dass Judith mit geballten Fäusten auf sie losstürmte oder ihr mit dem Gewehr eins überzog. Aber die clevere Judith reagierte ganz anders. Sie legte einfach das leere Gewehr weg.
    «So ein dummer Mann.» Ausdruckslose Stimme, ausdruckslose Augen, blank wie Aluminium. «Warum hat er das getan? Sie haben ja gesehen, wie ich versucht habe, ihn davon abzuhalten, Mrs.   Watkins.»
    Als hätten die letzten Minuten nicht stattgefunden – als könnte sie misslungene Szenen aus ihrem Leben schneiden wie aus einem Videofilm. Instinktiv stellte sie die alternative Version zusammen. Ein wirksamer Schnitt ab der Sekunde, in der das Gewehr losging. Sie war wirklich unheimlich praktisch veranlagt, diese Judith.
    Und Merrily hatte dieses Mal schnell und richtig reagiert, sie hatte es genau richtig verstanden.
    «Erzählen Sie am besten der Polizei, was passiert ist, Mrs.   Prosser.»
    «Das ist meine Pflicht, Mrs.   Watkins. Helfen Sie mir hier mal?»
    Zusammen zogen sie den schweren Körper von der Tür weg, als handele es sich um ein riesiges totes Schaf, damit sie sich hinausquetschen konnten.
    So war das Blut an Merrilys Hände gekommen.
     
    Auf der linken Seite hörte sie das Rauschen des Hindwell-Flusses.
    Jane sagte: «Sie hat Barbara Buckingham umgebracht, diese Frau?»
    «Ja.»
Sie hat sie mit ihrem eigenen Seidenschal erdrosselt. Und sie wahrscheinlich vorher niedergeschlagen.
«Vielleicht, als Barbara zu ihr kam und sie   … mit bestimmten Dingen konfrontiert hat. Ich glaube, Gomer hat mal gesagt, dass ihr Mann einen Bagger hat.»
    «Wer
ist
sie denn?»
    «Die Frau von Landrat Prosser, Spatz – sie hat alle wichtigen Leute hier hinter sich: den Doktor, den Anwalt, den Landrat   … sogar den Priester. Sie war wie ein Fels in der Brandung, bis jemand von draußen kam und alles vermasselt hat. Jemand, der auch mal hier gelebt und verstanden hat, was hier vor sich geht.»
    Merrily fragte sich, ob zwischen Judith und Barbara einmal irgendetwas vorgefallen war, vor langer Zeit – etwas, das Barbara verdrängt hatte, aus ihrer Erinnerung getilgt, so wie Judith Prosser den Mord an Weal und den Mordversuch an Merrily aus ihrem Gedächtnis getilgt hatte.
     
    Über ihrer Schulter hing ihre Tasche, die sie gekauft hatte, weil sie blau und goldfarben war. Sie hatte sie mitgenommen, als sie die Grabkammer verlassen hatte, und auf der Tasche waren keine Blutflecke, ein kleines Wunder. Darin waren die Bibeln, Gebetstexte, Messwein und Weihwasser. War das mittelalterlich?
    Sie blieben an der Brücke stehen, auf der anderen Seite des Flusses lag die Kirche, die sich im Wasser spiegelte. Bettys Geburtstagstorte.
    «Ist das schön», hauchte Jane. «Das ist ja   …
son et lumière
. Nur ohne
son

    Merrily lächelte breit. Vor weniger als einer Stunde hatte sie noch die Ewigkeit in Gestalt eines Gewehrlaufs vor sich gehabt. Jetzt war sie im Märchenland.
    «Bist du dir wirklich
sicher
?», fragte Jane. Merrily drückte ihren Arm.
    «Jane   … hör mal   … ich will mir um dich keine Sorgen machen müssen, o.   k.? Es wäre mir lieber, wenn du nicht dabei bist. Ich weiß, du bist sechzehn und so   …»
    «Du stehst unter Schock, oder? Ich meine, du hast gerade was total Horrormäßiges mit angesehen. Du hast was echt Schreckliches durchgemacht   –»
    «Ja, wahrscheinlich

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