Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
ihn mit seinen Taten nicht in Verbindung bringen kann.«
    |276| »Da hat Wil nicht unrecht«, sagte Sim. »Als sie dich im GOLDENEN ROSS als Hausmusiker engagiert haben, hat er den Laden nicht einfach gekauft und dich rausgeschmissen. Er hat vielmehr dafür gesorgt, dass der Schwiegersohn von Baron Petre das übernimmt. Zu Ambrose ließ sich da keine Verbindung herstellen.«
    »Hier lässt sich auch keine Verbindung herstellen«, sagte ich. »Das ist doch der springende Punkt bei der Sympathie. Sie ist indirekt.«
    Wil schüttelte wieder den Kopf. »Wenn du in einer Gasse niedergestochen würdest, wären die Leute schockiert. Aber dennoch, so was passiert jeden Tag, überall auf der Welt. Wenn du aber in der Öffentlichkeit zusammenbrechen und plötzlich aufgrund eines Sympathievergehens zu bluten anfangen würdest? Da wären die Leute doch entsetzt. Die Meister würden den Unterricht aussetzen. Reiche Kaufleute und Adlige würden ihre Kinder von der Uni nehmen. Die Polizei aus Imre würde hier einreiten.«
    Sim rieb sich die Stirn und blickte nachdenklich zur Zimmerdecke. Dann nickte er, erst langsam, dann entschlossen. »Ja, das klingt schlüssig«, sagte er. »Wenn Ambrose eine Blutspur entdeckt hätte, hätte er das Blut Jamison geben können, damit der den Dieb mit einem Wünschelrutengang findet. Dann hätte man die Mitarbeiter der Mediho gar nicht nach verdächtigen Verletzungen suchen lassen müssen.«
    »Ambrose ist ein rachsüchtiger Typ«, bemerkte ich grimmig. »Er könnte das Blut auch vor Jamison verborgen haben. Er könnte es für sich behalten haben.«
    Wilem schüttelte den Kopf.
    Sim seufzte. »Wil hat recht. So viele fähige Sympathiker gibt es nun auch wieder nicht, und jeder weiß doch, dass Ambrose einen Groll gegen dich hegt. Er ist viel zu vorsichtig, um so was zu tun. Das ließe sich doch direkt zu ihm zurückverfolgen.«
    »Und außerdem …«, sagte Wilem. »Wie lange geht das jetzt schon? Seit Tagen. Glaubst du wirklich, Ambrose hätte es so lange ausgehalten, ohne es dir unter die Nase zu reiben? Nicht mal ein bisschen?«
    »Ja, das stimmt«, sagte ich widerstrebend. »Das ist nicht seine Art.«
    |277| Ich wusste aber, dass Ambrose dahinter steckte. Ich spürte es instinktiv. Ja, auf eine seltsame Weise wollte ich geradezu, dass es so war. Das hätte diese ganze Sache sehr erleichtert.
    Aber meine Wünsche und die Realität – das waren nun mal zwei Paar Schuhe. Ich atmete tief durch und zwang mich, vernünftig darüber nachzudenken.
    »Es wäre sehr leichtsinnig von ihm«, pflichtete ich schließlich bei. »Und er ist einfach nicht der Typ, der sich die Hände schmutzig macht.« Ich seufzte. »Also gut. Großartig. Als wäre es noch nicht genug, dass schon einer versucht, mein Leben zu zerstören.«
    »Wer könnte es sein?«, fragte Simmon. »Nur die wenigstens könnten so was mit Haaren anstellen, nicht wahr?«
    »Dal könnte das«, sagte ich. »Oder Kilvin.«
    »Man kann aber wahrscheinlich davon ausgehen«, bemerkte Wilem trocken, »dass keiner der Meister es darauf angelegt hat, dich umzubringen.«
    »Dann muss es jemand sein, der Blut von ihm hat«, sagte Sim.
    Ich gab mir Mühe, das flaue Gefühl im Magen, das ich nun bekam, nicht zu beachten. »Es gibt jemanden, der Blut von mir hat«, sagte ich. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie an der Sache beteiligt ist.«
    Wil und Sim sahen mich an, und ich bereute schon, dass ich etwas gesagt hatte. »Wieso hat jemand Blut von dir?«, fragte Sim.
    Ich zögerte, doch dann wurde mir klar, dass ich nicht umhin kam, es ihnen zu erzählen. »Ich hab mir zu Beginn des Trimesters Geld bei Devi geliehen.«
    Keiner der beiden reagierte, wie ich erwartet hatte. Will sagen: Beide reagierten überhaupt nicht.
    »Wer ist Devi?«, fragte Sim schließlich.
    Ich entspannte mich ein wenig. Vielleicht hatten sie noch nie von ihr gehört. Das würde die Sache fraglos erleichtern. »Sie ist ein Gaelet, drüben auf der anderen Seite des Flusses«, sagte ich.
    »Aha«, sagte Simmon. »Und was ist ein Gaelet?«
    »Weißt du noch, als wir uns
Der Geist und die Gänsehirtin
angesehen haben?«, erwiderte ich. »Dieser Ketler – das war ein Gaelet.«
    »Ach so, ein Geldverleiher«, sagte Sim, und seine Miene hellte sich |278| auf, als er verstand, wovon ich sprach, und verdüsterte sich gleich wieder, als ihm die Implikationen klar wurden. »Ich wusste ja gar nicht, dass es hier in der Gegend überhaupt solche Leute gibt.«
    »Die gibt es überall«,

Weitere Kostenlose Bücher