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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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Handel?« fragte er nach einer Weile, »entscheide dich!«
    Viburn dachte nach, zumindest tat er so. »Wer sagt Euch, daß ich mich nicht aus dem Staube mache, sobald Ihr meine Zelle öffnet?«
    Du wirst mir dein Ehrenwort geben, wollte Fürst Bennain sagen, aber dann fiel ihm ein, daß er mit einem Streuner verhandelte. »Stimmt«, murmelte er, »aber wieso stellst gerade du mir diese Frage? Das verstehe ich nicht.«
    Nun war es an Viburn ein Schmunzeln zu unterdrücken. Vorsichtshalber wandte er das Gesicht von seinem Gegenüber ab. »Weil ich Euch eine bessere Sicherheit vorschlagen kann als zum Beispiel ein Ehrenwort. Ihr zahlt mir meinen gesamten Lohn erst bei meiner Rückkehr aus.«
    »Deinen Lohn?« Halman, Fürst von Albernia, riß die Augen auf.
    »Stellt Euch vor, Ihr versprecht mir einen guten Lohn, wenn ich Eure Gruppe sicher zum Palast und wieder heim geleite, aber die Dukaten bekomme ich erst dann, wenn wir wieder in Havena eintreffen. Sagt selbst, wie könnt Ihr jemanden von meinem Schlage fester in die Hand bekommen?«
    Der Fürst gab keine Antwort. Er hatte sich wieder auf den Hocker gesetzt und das Kinn in die Hand gestützt. Eine Zeitlang herrschte Schweigen in der Zelle, dann fragte er: »Wieviel verlangst du?«
    »Hundert Dukaten.«
    »Das ist viel Gold.«
    »Je höher der Lohn, desto größer die Sicherheit.«
     
    Ein paar Stunden später stellte Fürst Bennain dem Streuner die Gruppe vor, die er führen sollte: den Ritter Elgor von Bethana, einen rothaarigen, breitschultrigen Burschen von fünfundzwanzig Jahren, zweifachen Turniersieger von Gareth und Neffen des Fürsten (die roten Haare und die scharfgebogene Nase ließen aber darauf schließen, daß ein beträchtlicher Anteil thorwalischen Piratenbluts in Elgors Adern strömte), den Zwerg Larix, Sohn des Juglans (auch Larix war ein Edelmann und Elgors bester Freund; mit seinen sechzig Jahren konnte Larix als jugendlicher Zwerg gelten; er empfand sich als gleichaltrig mit Elgor und wich kaum einmal von seiner Seite; die beiden galten als unzertrennlich, auch wenn sie sich dauernd wegen irgendeiner Kleinigkeit in den Haaren lagen), und Junivera, die Rondrageweihte, Fürst Bennains Hofpriesterin. Junivera, eine schwarzhaarige, großgewachsene Frau, war der Meinung, daß niemand in Aventurien der Kriegsgöttin Rondra besser diente als die Amazonen. Sie hatte ihr Lebenlang davon geträumt, einmal den Palast der Amazonen zu betreten.
     
    Viburn war von der Schar der ihm Anvertrauten wenig begeistert. »Ein zänkischer Zwerg«, sagte er später zu mir, »ein blasierter Muskelprotz und ein kräftiger Backfisch mit einem religiösen Fimmel ... Lieber ginge ich allein!«
    Wir saßen an einem Tisch im Goldenen Drachen, und Viburn versuchte, mich zum Mitkommen zu überreden. »Ich gebe dir die Hälfte meines Goldes«, sagte er zum Beispiel, »also zehn Dukaten!« Da ich Viburn kannte, ahnte ich, daß für ihn vermutlich das Zehnfache dabei heraussprang, aber weil Viburn mich nicht minder gut kannte, wußte er ebenfalls um meine stille Vermutung – dennoch hätte er in einer solchen Situation niemals mit offenen Karten gespielt, sein Ehrgefühl hätte es nicht zugelassen – Streuner sind eben seltsam in Fragen der Ehre.
     
    »Was soll ich bei der Sache?« fragte ich. »Ihr seid ohnehin schon zu viert, dabei erledigt man so etwas besser allein.«
    »So ist es«, stimmte Viburn zu. »Ich brauche dich, um die anderen drei im Zaum zu halten.«
    »Und nicht etwa, weil du dich in jedem Wald jämmerlich verlaufen würdest?«
    »Ach nein – du weißt, daß das nicht stimmt. Ich biete dir fünfzehn Dukaten – auch wenn für mich dann kaum etwas übrigbleibt.«
    »Wie sollen wir den Palast jemals finden? Ich habe keine Ahnung, in welcher Richtung wir suchen müssen.«
    »Fürst Bennains Botenreiterinnen kannten den Ort. Leider sind beide von ihrem letzten Ritt nicht zurückgekehrt. Aber bevor sie aufgebrochen waren, hatten sie Bennain immerhin berichtet, daß Kurkum am Fuß der Berge von Beilunk liegt.«
    »Kurkum?«
    »So nennen die Amazonen ihre Burg.«
    »Die Berge von Beilunk sind groß. Auf der Nord- oder auf der Südseite?«
    Viburn schlug mir auf die Schulter. »Aha, altes Langohr, du bist gewonnen! Siebzehn Dukaten, schlag ein!«
    »Siebzig!«
    Der Streuner sah mich entgeistert an. »Dir ist ein Borbaradmoskito ins Ohr geflogen! Warst schon immer ein Wirrkopf, aber allmählich muß ich mir Sorgen machen. Schade um deinen regen Verstand – zumindest

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