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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Mary war ja da, und den möchte ich sehen, der angesichts ihrer vernünftigen Gelassenheit losgeht. Sie sagte in ihrer wohltuenden, gemütlichen Art – du kennst sie ja, Selina! –, was denn das für ein Getue sei wegen einer Tändelei, die doch niemals ernsthafte Ausmaße annehmen würde, wenn James davon abstehen könnte, sie zu einer großartigen Tragödie zu machen. Fanny werde dadurch nur auf die Idee gebracht, sie sei eine moderne Julia. Das hat James ziemlichen Eindruck gemacht, und mir auch!« Sie schwieg, als sie merkte, daß ihre Schwester diese Gefühle nicht teilte. »Bist du nicht auch der Meinung?«
    Selinas sanfte Augen füllten sich gefühlvoll mit Tränen, und sie sagte mit bebender Stimme: »Wie kannst du nur so herzlos sein? Du hast doch selbst, ich weiß nicht wie oft, gesagt, unser Liebling solle niemals so geopfert werden, wie man das mit dir getan hat! Wenn ich mich erinnere, wie du gelitten hast – wenn ich an dich denke – an dein vernichtetes Leben – «
    »Selina, bist du verrückt geworden?« unterbrach sie Abby und sah sie entgeistert an. »Was soll ich denn gelitten haben?«
    »Du kannst ja versuchen, mich zu beschwindeln, aber du wirst mich nie überzeugen, daß du deine Qualen vergessen hast, als Papa dem armen Mr. Thornaby verboten hat, sich dir je wieder zu nähern! Ich jedenfalls vergesse es nicht!« erklärte Selina.
    »Heiliger Himmel!« Der besorgte Blick in Abbys Augen wich einer nicht zu unterdrückenden Erheiterung. »Mein liebstes Gänschen, versuch doch, es zu vergessen! Ich habe es getan, versichere ich dir! Ja, ich weiß nicht einmal mehr genau, wie er überhaupt aussah, obwohl ich mich erinnere, daß ich damals glaubte, das Herz würde mir brechen. Mit siebzehn ist das so, nur entdeckt man später, daß man die Sache völlig mißverstanden hat.«
    Dieser traurige Mangel an Empfindsamkeit entmutigte Selina einen Augenblick, sie faßte sich jedoch und sagte mit der Miene grenzenlosen Verständnisses: »Meine Liebste, du warst ja immer so tapfer! Aber wenn du Mr. Thornaby vergessen hast, warum hast du dann den Heiratsantrag Lord Broxbournes abgelehnt? Der war wirklich schmeichelhaft, und er war ein so vortrefflicher Mann mit einem höchst überlegenen Geist und einfach allen Eigenschaften, die ihn annehmbar machten!«
    »Mit Ausnahme der einen: Er war todlangweilig.« Wieder begannen Abbys Augen zu tanzen. »Hast du dir vielleicht gar vorgestellt, daß ich all diese Jahre hindurch ein gebrochenes Herz hätschle? Meine Liebe, verzeih, aber es ist völlig nutzlos, mich zur Heldin einer tragischen Romanze zu machen. Diesbezüglich werde ich dich immer enttäuschen müssen.«
    »Als nächstes wirst du mir noch erzählen, daß auch du entschlossen seist, eine glänzende Partie für die arme kleine Fanny zustande zu bringen. Ich hoffe, dazu kenne ich dich denn doch zu gut, um dir das zu glauben.«
    »Das hoffe ich auch. Ich gebe ja zu, daß Papa vielleicht zufällig recht hatte, als er Thornaby wegjagte. Aber ich bin immer noch der Meinung, daß seine Entschlossenheit – und die unseres Großvaters vor ihm und unseres Bruders James nach ihm! –  für jedes seiner Kinder nur die vorteilhafteste Partie einzufädeln, an Besessenheit grenzte! Und du kannst sicher sein: ich werde es nicht zulassen, daß Fanny so wie du und Jane geopfert wird! Mary war so entgegenkommend, sich in George zu verlieben, aber denke nur an Jane, die zu der Ehe mit diesem gräßlichen Kerl praktisch gezwungen wurde, der außer seinem Reichtum und seinem Titel nichts hat, das für ihn spricht!«
    Selina, die aus dem ihr eingeimpften Glauben, Papa müsse es am besten wissen, ihr ganzes Leben lang Trost bezogen hatte, erwiderte schwach: »O nein! Wie kannst du so etwas sagen, Abby? Man würde meinen – nicht, daß er – vielleicht war er manchmal ein bißchen… Aber ich bin überzeugt, er tat nur, was er für richtig hielt!«
    »Wenn Papa nicht gewesen wäre«, sagte Abby unerbittlich, »hättest du den gewissen Kuraten geheiratet – seinen Namen habe ich vergessen, aber ich bin überzeugt, du wärst sehr glücklich geworden, mit einem ganzen Nest voll Kinder und… O Liebste, verzeih! Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen!«
    Selina hatte sich tatsächlich in Tränen aufgelöst, aber sie wischte sie ab und sagte: »Nein, nein! Es war nur die Erinnerung. Selbst die liebe Mama, die alle meine Gefühle teilte, konnte mir ihre Besorgnis nicht verhehlen, daß er noch vor seinem vierzigsten Lebensjahr

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