Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Blackcollar-Elite

Titel: Die Blackcollar-Elite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
1
    Die Vormittagssonne brannte vom leuchtend blauen Himmel herab, doch es gelang ihr nicht, die Kältewelle zu vertreiben, die den Frühling in beinahe ganz Mitteleuropa unterbrochen hatte. Allen Caine stellte als Schutz gegen den vom Genfer See wehenden Nordwind den Kragen auf. Es wäre schön gewesen, wenigstens einen Teil der Strecke zu fahren, doch nur jemand vollkommen Uninformierter unternahm am Victory Day den Versuch, im Ostteil von Neu-Genf ein Taxi aufzutreiben. Im Stadion fand wie jedes Jahr die Feier zur Beendigung des Krieges zwischen Terranern und Ryqril statt, und die Regierungsbeamten, die daran teilnehmen wollten, hatten die meisten Fahrzeuge mit Beschlag belegt. Caine hatte eigentlich erwartet, dass die Beteiligung infolge der Kälte gering sein würde - die Loyalitätskonditionierung erstreckte sich nicht auf etwas so Triviales wie Versammlungen -, aber es waren etliche Ryqril anwesend, und die Beamten in Neu-Genf wussten genau, von wem die Butter aufs Brot kam. Obwohl Caine noch gute drei Kilometer vom Stadion entfernt war, hatte er bereits gedämpft Beifall vernommen.
Eine erstaunlich schamlose Zurschaustellung von Heuchelei, dachte er verbittert; noch dazu fand diese Veranstaltung seit neunundzwanzig Jahren statt, war also überraschend langlebig. Ein Fremder, der zu Besuch hier war, hätte daraus geschlossen, dass das Terranische Demokratische Empire den Krieg gewonnen hatte.
Wie üblich herrschte auf den Straßen an diesem Ende der Stadt rege Geschäftigkeit - das gewöhnliche Volk stand dem Victory Day verdrossen und gleichgültig gegenüber -, und deshalb fiel es Caine nicht schwer, in der Menge unterzutauchen. Er war erst vor zwei Wochen in Neu-Genf eingetroffen - die Reise betrachtete er als verspätetes Geburtstagsgeschenk -, kam sich aber bereits wie ein Einheimischer vor. Wie jede andere Menschengruppe auf der Erde, so verfügte auch diese über charakteristische Gesten und Eigenheiten, und Caine hatte den Auftrag gehabt, sie sich anzueignen. Zusammen mit seinem adretten Aussehen ermöglichte ihm diese Vorbereitung, sich als Student, als aufstrebender Jungmanager, oder - wenn er seinen Bart in der richtigen Art stutzen ließ - als Angehöriger der halb freiberuflichen Vereinigungen Neu-Genfs auszugeben. Natürlich war es in diesem Sektor leicht, nicht aufzufallen, aber er machte sich noch nicht allzu viele Sorgen, denn er würde erst in einigen Wochen in den Regierungsbezirk übersiedeln. Vermutlich würde er bis dahin auch dafür bereit sein.
Seine Kleidung war für das Wetter etwas zu leicht, aber Caine erreichte sein Ziel, bevor er zu unterkühlt war. In dem schäbigen Mittelstandsviertel der Stadt war zwischen zwei Bars ein kleiner CD- und Bücherladen eingezwängt, in dessen Schaufenstern verblasste Bänder von Dickens und Heinlein standen. Caine trat ein und blieb einen Augenblick lang bei der Tür stehen, damit sich seine Augen an die relative Dunkelheit gewöhnten. Der Besitzer des Ladens lehnte einige Meter von ihm entfernt an seiner Registrierkasse und musterte ihn. »Wird es draußen wärmer?«, erkundigte er sich.
»Eigentlich nicht«, erwiderte Caine und sah sich im Geschäft um. Drei oder vier Männer schmökerten zwischen den Regalen. Caine wandte sich dem Besitzer zu und zog fragend die Augenbrauen hoch. Dieser nickte unmerklich; daraufhin schlenderte Caine durch einen der beiden Gänge und tat, als lese er die Buchtitel. Er arbeitete sich gemächlich bis zur Rückwand durch.
Dort befand sich halb hinter einem Regal verborgen eine Tür mit dem Schild Nur für Angestellte .
Caine wartete, bis ihm alle Kunden den Rücken zukehrten, dann schlüpfte er geräuschlos durch die Tür und den dahinter liegenden, vollgestellten Lagerraum. Er ging in der Mitte des alten Steinbodens in die Hocke und drückte sanft auf eine der Platten. Offensichtlich wurde er erwartet, denn ein zwei Quadratmeter großes Stück des Bodens glitt gleich darauf zur Seite. Er tastete mit dem Fuß nach der Holztreppe und stieg in den Schacht hinunter. Dann bückte er sich und ließ den Fußboden wieder an seinen Platz gleiten. Sobald der Einstieg geschlossen war, schob sich eine Eisenstange geräuschlos vor und verriegelte die Falltür. Caine drehte sich um und ging die schwach beleuchtete Treppe hinunter.
Am Fuß der Treppe erwartete ihn ein kurzer Korridor, an dessen Ende sich eine Tür befand. Caine öffnete sie und betrat einen dunklen Raum. Die Tür fiel hinter ihm von selbst ins Schloss.
Unvermutet

Weitere Kostenlose Bücher