Die galanten Memoiren der Madame Dumoncey
wir doch zur Sache!
Ich bin in einem Dorf geboren, das zwei Meilen von Havre-deGrace entfernt ist, wo man noch nicht weiß, was ein Gymnasium ist. Mein Vater war ein Wagenmacher. Ich bin so großgezogen worden, wie es auf dem Lande üblich ist. Was meine Erziehung anbelangt, so war sie denkbar schlecht. Ich wäre auch mein ganzes Leben lang eine Bäuerin geblieben, wenn ich nicht ein so schönes Äußeres hätte. In meiner Jugend passierte nichts Ungewöhnliches. Nur bemerkte man bei mir schon in zartem Alter eine gewisse Lebhaftigkeit, die meine Intelligenz verriet. Im ganzen Dorf war ich deshalb bekannt. Auch gilt die Tochter eines Wagenbaumeisters als gute Partie. So geschah es auch, daß man für mich geeignete Freunde im voraus bestimmte. Bis zum zwölften Lebensjahr war ich mit den übrigen Bauernkindern zusammen. Bis ich mich einer besseren Beschäftigung widmete, hatte ich nur Lesen und Schreiben gelernt. Dies konnte ich recht gut.
Als meine Eltern sahen, wie ich zusehends größer wurde, beschlossen sie, mich zur Arbeit mit heranzuziehen. Sie glaubten offenbar, daß ich ihnen helfen könnte. Aber ich war sehr faul. Diesen angeborenen Hang zur Faulheit findet man oft bei meinesgleichen. Deshalb, das erwähne ich hier nur beiläufig, habe ich auch eine solch große Liebe zu meinem später ausgeübten Beruf.
Da ich bei meinem Vater nichts taugte, beschloß er, mich in die Stadt zu schicken, damit ich meine Trägheit verlöre. Es dauerte aber einige Zeit, bis ich seinem Wunsch Folge leistete. Mit viel Tränen und Ärger mußte man mir daheim das Versprechen abkaufen, für ihn in die Stadt zu gehen.
Endlich kam der Tag, da mich mein Vater mit einem Korb Butter und Eier nach Havre schickte, um sie dort zu verkaufen. Ich brach mit einer bewundernswerten Fröhlichkeit auf, die ich aber schon bald bei schönen Herren in dieser Stadt verlor! Wie war ich zu dieser Zeit töricht! Wie verändert bin ich heute!
Unter den Personen, die mein Vater mir aufgeschrieben hatte, war auch ein alter Beamter von der Admiralität, zu dem ich den Korb bringen sollte. Ein junger Mann – er war der Sohn des Hauses – hatte mich beim Eintritt in das Haus seines Vaters gesehen und war nun begierig, mich näher kennenzulernen und mit mir zu sprechen. Während der ganzen Zeit, die ich bei ihm war, schmeichelte er mir, doch von den schönen Dingen, die er mir sagte, verstand ich nur soviel, daß es ein Lob meiner Schönheit war. Eine Frau hat immer ein Ohr für so was!
Im übrigen war dieser junge Mann keineswegs eine Schönheit. Seine blauen Augen lagen tief in einer höckerig erhobenen Stirn, die Nase war sehr gebogen, die Farbe seines Gesichtes bleich, und es war übersät mit kleinen Narben. Ja, so sah er aus, der mir zum erstenmal den Hof machte. Man kann sich vorstellen, daß ich ihm zunächst nichts antwortete. Ich war noch zu furchtsam, als daß ich es gewagt hätte, ihm eine Antwort zu erteilen. Ich hatte die Sprache im Dorf zurückgelassen, was ich in diesem Augenblick sehr bedauerte.
Als ich dieses Haus verlassen hatte, verkaufte ich den Rest meiner Ware und kehrte freudig zu meinem Vater zurück, ohne mir irgendwelche Gedanken zu machen. Ich war so unbekümmert, daß ich gar nicht mehr an die wichtigen Dinge dachte, die man mir aufgetragen hatte. Zu Hause dann wurde ich gefragt, wie es mir in der Stadt gefallen habe.
»Sehr schlecht!« sagte ich zu meiner Mutter, die mir die Frage gestellt hatte.
»Warum denn?« sagte meine gute Mutter.
»Ah! Die Männer dort«, erwiderte ich sogleich, »lassen mich ganz rot werden!«
Aufgrund dieser Probe wurde festgestellt, daß ich mir meine Unschuld noch bewahrt hatte. Zum Schluß sagte ich, ich wolle nicht mehr in die Stadt gehen. Aber mein Vater hörte nicht darauf. Einige Tage später wurde ich wieder losgeschickt.
Ich hatte jedesmal dieselben Aufträge. Daraus kann man ersehen, daß ich auch wieder zu dem alten Beamten ging. Ich bemühte mich sehr, nicht auf seinen Sohn zu treffen, doch der drollige Bursche war sehr gerissen. Da er ahnte, daß ich denselben Weg zurückkehren würde, gab er acht, mich ja nicht zu verfehlen.
Mein Gesicht zog ihn offenbar an, mehr aber wohl noch war es meine Jungfräulichkeit, auf die er es abgesehen hatte. Dieses Mal war ich mit ihm zufriedener als beim ersten Zusammentreffen. Er begnügte sich damit, mich anzustarren, und ich senkte den Blick, so sehr war ich noch Jungfrau. Dann machte ich mich, schon ein wenig beherzter, auf den Rückweg zu meinem
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