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Die Gassen von Marseille

Die Gassen von Marseille

Titel: Die Gassen von Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilles Del Pappas
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metaphysischen goldenen Strahlen umspielt, lege ich mich auf den Rücken und tauche meine Ohren unter die Wasseroberfläche, um die verschiedenen Gesänge und Melodien des Meeres und seiner Bewohner aufzufangen. Ich fühle mich wohl, nur ich und die Natur … Ich versuche, mit dem Wasser zu verschmelzen, Meer zu werden, Welle, klar, fließend …
    Die untergehende Sonne spielt mit den Haaren auf meiner Brust.
    Plötzlich stört ein fieser Lärm mein Nirwana. Ich erkenne das hartnäckige, nervtötende, unerträgliche Geräusch eines überdrehenden Außenborders. Es erinnert mich ein wenig an die Mofas meiner Jugend. Damals hatten wir am Auspuff rumgeschraubt, um mehr Leistung rauszuholen, und waren dabei erfolgreich gewesen. Das Geräusch kommt näher. Ich richte mich ein wenig auf, um die Verrückten zu sehen, die meine friedliche Wassersiesta stören.
    Ein schwarzer Schatten vor der Sonne …
    So ein aufblasbares Ding.
    Vorne im Bug kniet ein Typ mit einem Paddel in der Hand. Was sind das denn für Spaßvögel?
    Ich lasse meinen Körper in eine senkrechte Position gleiten, um sie bequemer beobachten zu können. Immer mit der Ruhe. Wegen denen hole ich mir doch keinen steifen Nacken.
    Das Boot kommt schnell näher. Haben die mich nicht gesehen? Es passieren oft Unfälle mit diesen kleinen Booten, weil die fadolis, die sie steuern, nicht mit Tauchern unter Wasser rechnen. Aber ich bin in der Nähe der Küste und voll in der Sonne! Die können mich unmöglich übersehen. Dennoch will ich lieber auf Nummer sicher gehen und hebe die Hand.
    Plötzlich höre ich eine Stimme.
    Ein junger Kerl, nicht aus der Gegend hier.
    »He, M’sieur! M’sieur!«
    Ich antworte zögerlich.
    »Ja?«
    Da ertönt eine zweite Stimme, schrill und hoch.
    »Das ist er, los!«
    Der Mann ist jetzt ganz nah. Er befindet sich im Gegenlicht. Alles geht sehr schnell.
    Er hebt sein Paddel über den Kopf und lässt es mit voller Kraft auf mich runtersausen. Ich nehme die Bewegung in Zeitlupe wahr.
    Neidisch bewundere ich seine ausgeprägte Brustmuskulatur. Einen Sekundenbruchteil lang wünsche ich mir auch so ein Sixpack. Einen wundervollen Waschbrettbauch …
    Du brauchst doch bloß Sport zu treiben, du fauler Sack!
    Das Paddel trifft mich leicht an der linken Schulter, ohne mir richtig wehzutun. Mit einem Knall klatscht es aufs Wasser. Eine saftige Ohrfeige für die Wellen.
    »Platsch!«
    »Hast du ihn erwischt?«, schreit die schrille, hektische Stimme. »Alles klar? Sind wir hier fertig?«
    Der Schlag hat mir zwar nicht wehgetan, aber er hat mich aufgeweckt. Mit einem Ruck erwache ich aus meiner Lethargie.
    »Hey, ihr Vollidioten«, brülle ich. »Habt ihr noch alle Tassen im Schrank? Ihr seid ja total irre … Was wollt ihr von mir? Ihr hättet mich fast erschlagen …«
    Wieder klatscht das Paddel dicht vor mir aufs Wasser, und eine mächtige Welle spritzt mir ins Gesicht. Ich schlucke Wasser. Ich huste und spucke. Geschafft, jetzt bin ich endgültig wach …
    Die schrille Stimme kreischt weiter.
    »Da ist er, du hast ihn schon wieder nicht getroffen! Pass doch auf, verdammt noch mal! Ziel endlich richtig, du Flasche! Scheiße, Mann!«
    »Moment … Das ist gar nicht so einfach!«, antwortet der andere.
    »Beeil dich!«
    Sie werden hysterisch. Wie ein Blitz durchzuckt mich der Gedanke, dass ich lieber abtauchen sollte, ehe der Verrückte da oben zielen lernt. Also lasse ich mich untergehen. Die Geräusche werden gedämpfter. Ich sinke tiefer und sehe das Paddel sehr, sehr dicht vor meiner Nase vorbeisausen. Im schräg einfallenden Licht verfärbt sich das Wasser wie Kupfer. Jetzt liegt die Unterseite des Bootes drohend, schwarz, unheilverkündend über mir auf der Wasseroberfläche … Wie ein Loch … Eine Spalte … Ein Loch, eine Spalte …
    Da kommt mir etwas in den Sinn … Eine Erinnerung an meine Kindheit hier in der Gegend. Ich bin damals oft hergekommen, um Kraken, Wolfsbarsche und Doraden zu fangen.
    Es gibt ein Loch in der kleinen Felseninsel, das zur Ostseite hinüberführt. Geduldig haben der Wind und das Meer diesen engen Tunnel gegraben. In ein paar tausend Jahren wird es hier zwei Inselchen geben. Aber bis dahin ist von der Oberfläche aus nicht zu erkennen, dass man unten durchschwimmen kann. Nur wenige Leute kennen diesen Gang. Ich werde versuchen, mich durchzuquetschen. Bleibt mir ja auch nichts anderes übrig. Da oben warten zwei streitlustige Irre auf mich.
    Nur die Luft macht mir ein bisschen Sorgen. Ich bin keine zwanzig

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