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Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)

Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)

Titel: Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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trockene und glühende Stirn zu berühren. Die zuklappende Hülle des Kokons klemmte beinahe ihren Arm ein und riss eine tiefe Wunde vom Handgelenk bis zu den Fingerknöcheln. »Paul«, schrie sie, »wir müssen …«
    Und dann überfiel sie alle der 130-Tage-Wahnsinn. Schlimmer als je zuvor. Anders als je zuvor. Von einem Augenblick auf den nächsten wurde Janine krank .
    Janine war niemals krank gewesen. Ab und zu einen blauen Fleck, einen Krampf, ein Schnupfen. Mehr nicht. Fast ihr ganzes Leben hatte sie unter medizinischem Vollschutz gestanden, und Krankheiten hatte es einfach nicht gegeben. Sie konnte nicht begreifen, was mit ihr geschah. Ihr Körper wand sich in Fieber und Agonie. Sie halluzinierte monströse, fremdartige Gestalten, in denen sie zum Teil Zerrbilder ihrer Angehörigen erkannte; andere waren einfach Furcht erregend und fremd. Sie sah sich sogar selbst – mit riesigen Brüsten und enormen Hüften, aber sie selbst –, und in ihrem Bauch grollte ein Toben, hineinzustoßen in alle die sichtbaren und unsichtbaren Höhlungen dieses Wachtraums, hineinzustoßen in etwas, das sie selbst im Wachtraum nicht besaß. Nichts von alledem war begreiflich. Nichts war klar. Qualen und Irrsinnigkeiten kamen in Wellen. Dazwischen erhaschte sie ab und zu sekundenlang Blicke auf die Wirklichkeit. Das blaustählerne Leuchten der Wände. Lurvy, neben ihr wimmernd zusammengekrümmt. Ihr Vater, der sich im Korridor erbrach. Der Kokon in Chrom und Blau, wo unter dem Netz Wan sich krümmte und lallte. Es war weder Überlegung noch Wille, was sie trieb, an der Hülle zu zerren und sie beim hundertsten oder tausendsten Mal aufzureißen, aber es gelang ihr endlich, und sie zerrte ihn als wimmerndes und zitterndes Bündel heraus.
    Die Halluzinationen hörten schlagartig auf.
    Nicht ganz so rasch die Qual, die Übelkeit und das Entsetzen. Aber sie hörten auch auf. Alle schauderten und wankten noch, alle, bis auf den Jungen, der bewusstlos war und auf eine Weise atmete, die Janine entsetzte: heiser, stoßweise, keuchend.
    »Hilfe, Lurvy!«, kreischte sie. »Er stirbt!«
    Ihre Schwester war schon bei ihr, legte den Daumen auf den Puls des Jungen, während sie den Kopf schüttelte und mit verdrehtem Blick auf seine Augen starrte.
    »Dehydriert! Fieber! Los!«, rief sie, während sie Wans Arme packte. »Hilf mir, ihn ins Schiff zurückzutragen! Er braucht eine Salzlösung, Antibiotika, Fiebermittel, vielleicht Gammaglobulin!«
    Sie brauchten fast zwanzig Minuten, um Wan ins Schiff zu schleppen, und Janine fürchtete bei jedem holpernden Zeitlupenschritt, er könnte sterben. Lurvy rannte die letzten hundert Meter voraus, und bis Paul und Janine ihn durch die Luftschleuse gezogen hatten, war die Medibox schon offen, und Lurvy schrie Befehle.
    »Hinlegen! Das muss er schlucken! Nehmt eine Blutprobe und untersucht sie auf Virus- und Antikörper-Titer! Schickt eine Blitzanfrage zur Erde, sagt, dass wir ärztliche Anweisungen brauchen – falls er lange genug am Leben bleibt!«
    Paul half ihnen, Wan auszuziehen und in eine von Peters Decken zu wickeln. Dann schickte er die Nachricht ab. Aber er wusste – und alle wussten –, dass das Problem, ob Wan am Leben blieb oder starb, nicht von der Erde aus gelöst werden würde. Nicht bei einer Gesamtzeit von sieben Wochen bis zum Erhalt einer Antwort. Peter saß fluchend da, verfluchte das mobile Bioprüfgerät. Lurvy und Janine beschäftigten sich mit dem Jungen. Paul zwängte sich, ohne zu jemandem ein Wort zu sagen, in seinen Raumanzug und ging hinaus in den Weltraum, wo er eineinhalb anstrengende Stunden damit verbrachte, die Funkantennen zu justieren – die Hauptantenne ausgerichtet auf den hellen Doppelstern des Planeten Neptun und seines Mondes, die andere auf den Punkt im Raum, an dem sich die Garfeld-Mission befand. Dann befahl er, am Rumpf klebend, Vera über Funk, den Hilferuf mit höchster Leistungskraft über beide Antennen ein zweites Mal zu senden. Vielleicht wurde er aufgefangen, vielleicht auch nicht. Als Vera mitteilte, dass die Funksprüche abgesetzt seien, stellte er die große Schüssel wieder auf die Erde ein. Das Ganze nahm volle drei Stunden in Anspruch, und ob von den Empfängern jemand reagieren würde, war zweifelhaft. Es war ebenso unsicher, ob Hilfe angeboten werden konnte. Das Schiff der Garfelds war kleiner und weniger gut ausgerüstet als das ihre, und die Leute im Stützpunkt auf Triton hielten sich dort immer nur kurze Zeit auf. Aber wenn der Ruf

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