Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
aufgefangen werden sollte, durften sie damit rechnen, dass eine Antwort, die hilfreichen Rat geben konnte oder wenigstens Mitgefühl ausdrückte, viel rascher eintreffen würde als eine von der Erde.
Nach einer Stunde ging Wans Fieber zurück. Nach zwölf Stunden hörten Zuckungen und Lallen auf, und er schlief normal. Aber er war noch immer sehr krank.
Mutter und Gespielin, Lehrerin und Ehefrau wenigstens in der Phantasie, wurde Janine nun auch Wans Pflegerin. Nach der ersten Versorgung mit Medikamenten ließ sie nicht einmal mehr zu, dass Lurvy ihm die weiteren Spritzen gab. Sie verzichtete auf Schlaf, um ihm mit dem Schwamm die Stirn abzuwischen. Sie säuberte ihn gründlich, als er sich im Koma besudelte. Sie hatte für nichts anderes mehr Sinn. Die belustigten oder besorgten Blicke und Worte ihrer Familie ließen sie unberührt, bis Paul eine herablassende Bemerkung machte. Janine hörte die Eifersucht heraus und brauste auf: »Paul, du bist widerlich! Wan braucht mich und meine Pflege!«
»Und dir macht es Spaß, wie?«, fauchte er. Er war ernsthaft zornig. Das erweckte natürlich noch mehr Zorn in Janine, aber ihr Vater mischte sich ganz ruhig ein: »Lass das Mädchen ein Mädchen sein, Paul. Bist du nicht auch einmal jung gewesen? Komm, sehen wir uns noch einmal diesen Platz für Träume an …«
Janine überraschte sich selbst damit, dass sie den Friedensstifter gewähren ließ; es wäre eine großartige Gelegenheit für einen wütenden Streit gewesen, aber das war jetzt nicht die Richtung, in die ihr Interesse ging. Sie nahm sich die Zeit für ein knappes, verkniffenes Grinsen über Pauls Eifersucht, weil das ein neuer Streifen war, den sie sich an den Ärmel nähen konnte, und kümmerte sich wieder um Wan.
Während Wan sich erholte, wurde er noch interessanter. Von Zeit zu Zeit erwachte er und sprach mit ihr. Wenn er schlief, betrachtete sie ihn. Das Gesicht so dunkelhäutig, der Körper olivfarben; aber von den Hüften bis zu den Schenkeln hatte er die allerblasseste Haut. Wenig Körperbehaarung. Keine Behaarung im Gesicht, ausgenommen weiche, fast unsichtbare Härchen – eher Lippenwimpern als ein Schnurrbart.
Janine wusste, dass Lurvy und ihr Vater über sie witzelten und dass Paul wirklich eifersüchtig war, eben der Dinge wegen, denen er sich so lange entzogen hatte. Eine hübsche Abwechslung. Sie war jetzt jemand. Zum ersten Mal in ihrem Leben war das, was sie tat, das Bedeutsamste, was in der Gruppe geschah. Die anderen kamen zu ihr, um die Erlaubnis für ein Gespräch mit Wan einzuholen, und wenn sie meinte, er ermüde, akzeptierten sie ihren Befehl aufzuhören.
Außerdem war sie von Wan fasziniert. Sie verglich ihn mit allem, was sie bisher von Männern wusste, und das fiel stets zu seinem Vorteil aus. Selbst gemessen an ihren Brieffreunden sah Wan besser aus als der Eishockeyspieler; er war klüger als die Schauspieler, sogar beinahe so groß wie der Basketballspieler. Und allen anderen gegenüber – vor allem den beiden einzigen Männern, mit denen sie nun -zig Millionen Kilometer gereist war – besaß Wan seine wunderbare Jugend. Auf den Handrücken des alten Peter sah man verschieden große braune Pigmentflecken. Unangenehm. Aber der alte Mann hielt sich wenigstens sauber. Sogar gepflegt, wie auf dem Kontinent üblich. Er schnitt sich sogar die Haare, die in den Ohren wuchsen, mit einer ganz kleinen silbernen Schere; Janine hatte ihn dabei ertappt. Während Paul …
Bei einem ihrer Scharmützel mit Lurvy hatte Janine gefaucht: »Mit so etwas gehst du ins Bett? Mit einem behaarten Affen? Ich müsste kotzen!«
Und so fütterte sie Wan und las ihm vor und döste neben ihm, wenn er schlief. Sie wusch ihm die Haare und stutzte sie zu einer langen Rundfrisur, wobei sie sich von Lurvy helfen ließ, damit der Schnitt gerade wurde. Sie fönte die Haare trocken. Sie wusch seine Kleidung, flickte sie, ohne sich von Lurvy unterstützen zu lassen, und änderte sogar Kleidung von Paul, damit Wan etwas anderes anziehen konnte. Wan nahm alles hin und genoss es so sehr wie sie.
Als er kräftiger wurde, brauchte er sie nicht mehr im selben Maße, und sie konnte ihn vor den Fragen der anderen nicht mehr so schützen wie vorher. Aber sie nahmen ebenfalls Rücksicht auf ihn. Sogar der alte Peter. Vera, der Computer, kramte in den Medizinprogrammen und stellte eine lange Liste von Untersuchungen zusammen, denen sich der Junge unterziehen sollte.
»So eine Gemeinheit!«, tobte Peter.
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