Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
Schultern.
»Man riecht sie, bevor man sie hört, aber nein, ich rieche nichts. Sie sind nicht sehr nah. Und ich habe keine Angst. Ich komme oft hierher, um Bücher zu holen oder zu beobachten, was sie Komisches treiben.«
»Glaub’ ich«, sagte Janine und nahm Paul die alte Kamera ab, während er nach einem Versteck für die neue suchte. Viele Stellen gab es nicht. Die Hitschi waren kärglich eingerichtet.
Wan brauste auf.
»Ich bin den Korridor hinuntergegangen, so weit ich sehen kann«, prahlte er. »Sogar dahin, wo die Bücher sind, ganz weit unten – seht ihr? Manche sind im Korridor.«
Lurvy blickte hinunter, wusste aber nicht genau, was Wan meinte. An die fünfzig Meter entfernt gab es einen Haufen von glitzerndem Zeug, aber keine Bücher. Paul, der das Schutzband von einem Klebehaken abzog, um ihn an der Wand so hoch wie möglich anzubringen, sagte: »Wie du immer mit deinen Büchern angibst. Ich habe sie gesehen, weißt du. ›Moby Dick‹ und ›Don Quichotte‹. Was sollten die Hitschi damit anfangen?«
»Du bist dumm, Paul«, erklärte Wan würdevoll. »Das sind nur die, die mir die Toten Menschen gegeben haben, nicht die richtigen Bücher. Das sind die richtigen Bücher.«
Janine sah ihn verwundert an, dann ging sie ein paar Schritte in den Tunnel hinein.
»Das sind keine Bücher!«, rief sie über die Schulter.
»Aber natürlich! Ich sag’ dir, es sind Bücher!«
»Nein, es sind keine! Komm selber her!« Lurvy öffnete den Mund, um sie zurückzurufen, zögerte und folgte ihr. Der Korridor war leer, und Wan wirkte nicht aufgeregter als sonst. Schon auf halbem Weg zu dem glitzernden Haufen erkannte Lurvy, was sie vor sich hatte, und eilte zu Janine, um einen der Gegenstände aufzuheben.
»Wan«, sagte sie, »das kenne ich. Das sind Hitschi-Gebetsfächer. Auf der Erde gibt es hunderte davon.«
»Nein, nein!« Er wurde zornig. »Warum sagt ihr, dass ich lüge?«
»Ich sage nicht, dass du lügst, Wan.« Sie entrollte das Ding in ihren Händen. Es glich einer spitz zulaufenden Schriftrolle aus Kunststoff; in ihren Händen öffnete sie sich mühelos, schnurrte aber, losgelassen, sofort wieder zusammen. Es war der häufigste Gegenstand der Hitschi-Kultur, zu Dutzenden in den verlassenen Tunnels auf der Venus gefunden, von Gateway-Prospektoren bei jedem erfolgreichen Flug mitgebracht. Niemand war je dahinter gekommen, was die Hitschi damit machten; und ob der Name, den sie ihnen gegeben hatten, passte, wussten nur die Hitschi. »Man nennt sie ›Gebetsfächer‹, Wan.«
»Nein, nein«, sagte er gereizt, nahm ihn ihr weg und marschierte in die Kammer. »Man betet nicht damit. Man liest sie. So.« Er begann die Rolle in eines der tulpenförmigen Gebilde in der Wand zu stecken, warf einen Blick darauf und ließ sie fallen. »Das ist kein gutes«, sagte er und kramte in dem Haufen von Fächern am Boden. »Warte. Ja. Das ist auch nicht gut, aber wenigstens etwas, das man erkennen kann.« Er schob die Rolle in die Tulpe hinein. Es gab ein kaum hörbares elektronisches Flüstern, dann verschwanden Tulpe und Rolle. Eine zitronenförmige Farbwolke hüllte sie ein und formte sich zu einem gebundenen Buch, aufgeschlagen auf einer Seite mit vertikalen Schriftzeichen. Eine blecherne Stimme – eine menschliche Stimme! – begann in einer ratternden, vokalreichen Sprache etwas vorzutragen.
Lurvy konnte die Worte nicht verstehen, aber zwei Jahre auf Gateway hatten sie zu einer Weltbürgerin gemacht. Sie ächzte: »Ich … ich glaube, das ist Japanisch. Und das sieht aus wie ein Haiku. Wan, was machen die Hitschi mit Büchern in Japanisch?«
Er sagte überlegen: »Das sind nicht wirklich die alten, Lurvy, das sind nur Kopien anderer Bücher. Die guten sind alle so. Tiny Jim sagt, alle Bänder und Bücher der Toten Menschen – aller Toten Menschen, selbst derjenigen, die nicht mehr hier sind – wurden darin gespeichert. Ich lese sie die ganze Zeit.«
»Mein Gott«, sagte Lurvy. »Und wie oft habe ich so etwas in der Hand gehabt und nicht gewusst, wozu es gut sein soll!«
Paul schüttelte staunend den Kopf. Er griff in das leuchtende Bild und zog den Fächer aus der Tulpe. Das ging mühelos; das Bild verschwand, die Stimme hörte mitten im Wort auf, und er drehte die Rolle mit den Händen immer wieder, um sie genau zu betrachten.
»Das begreife ich nicht«, sagte er. »Jeder Wissenschaftler auf der Welt hat sich mit diesen Dingern befasst. Wie kommt es, dass nie jemand erkannt hat, was das ist?«
Wan
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