Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
zwang mich, den Deckel über mir zu verriegeln.
Und da war ich, in dem vertrauten, katastrophal kleinen Loch, umgeben von Umrissen aus gewölbtem hellbraunem Kunststoff. Walthers hatte seine Arbeit wenigstens getan. Ich konnte ihn nicht dafür entlohnen, aber wenn er seine Hand in die Luke gesteckt hätte, kurz bevor ich sie schloss, hätte ich ihm eine Million gegeben.
Irgendwann starb der alte Peter Herter. Mit seinem Tod hörte die Qual nicht auf. Sie ging nur langsam zurück. Ich hätte nicht erraten können, wie es sein würde, sich im Gehirn eines Mannes zu befinden, während er spürt, wie sein Herz stillsteht und die Gewissheit des Todes in sein Hirn sticht. Es dauert viel länger, als ich für möglich gehalten hätte. Es dauerte die ganze Zeit an, während ich das Schiff startete und mit den kleinen Wasserstoffdüsen dorthinauf jagte, wo der Hitschi-Antrieb wirksam wurde. Ich riss und stemmte die Räder für die Kurseinstellung herum, bis sie das wohl einstudierte Muster zeigten, das Albert mich gelehrt hatte. Dann drückte ich die Startwarze und war unterwegs. Das ruckartige, unbehagliche Stoßen der Beschleunigung begann. Die Sternbilder, die ich gerade noch sehen konnte, wenn ich mir den Hals an einem Speichergerät verrenkte, begannen zu verschwimmen. Niemand konnte mich jetzt mehr aufhalten. Nicht einmal ich selbst.
Nach allen Daten, die Albert hatte sammeln können, würde der Flug genau zweiundzwanzig Tage dauern. Nicht sehr lange – es sei denn, man ist in ein Raumschiff gezwängt, das bereits vollgestopft war. Es gab Platz für mich – mehr oder weniger. Ich konnte mich ausstrecken. Ich konnte aufstehen. Ich konnte mich sogar hinlegen, wenn die wechselnde Schiffsbewegung mir zeigte, wo »unten« war, und es mir nichts ausmachte, zwischen Metallklötzen zusammengefaltet zu sein. Was ich die ganzen zweiundzwanzig Tage lang nicht tun konnte, war, in irgendeiner Richtung mich mehr als einen halben Meter weit zu bewegen – nicht zum Essen, nicht zum Schlafen, nicht zum Baden oder Kacken; zu gar nichts.
Ich hatte Zeit genug, um daran zu denken, wie erschreckend der Hitschi-Flug war, und alles von neuem zu erleben.
Es gab auch Zeit genug zum Lernen. Albert hatte darauf geachtet, alle Daten für mich aufzuzeichnen, nach denen ihn zu fragen ich nicht klug genug gewesen war, und diese Bänder lagen zum Abspielen für mich bereit. Sie waren nicht sehr interessant oder von guter Wiedergabequalität. Der PMAL-2 war nur ein Speicher: viel Gehirn, minimales Display. Es gab keinen dreidimensionalen Tank, nur ein Flachstereo-Brillensystem – wenn meine Augen es ertrugen – oder einen Bildschirm von der Größe meiner Handfläche, wenn das nicht möglich war.
Zunächst benützte ich das alles nicht. Ich lag einfach da und schlief, so viel ich konnte. Zum Teil erholte ich mich von dem Trauma von Peters Tod, der auf so grauenhafte Weise meinem eigenen geglichen hatte. Zum Teil experimentierte ich mit dem Inneren meines Schädels – ich erlaubte mir, Angst zu fühlen (wozu ich jeden Anlass hatte!), ermutigte mich, Schuldbewusstsein zu empfinden. Es gibt Arten von Schuldbewusstsein, von denen ich weiß, dass ich sie pflege: die Betrachtung unerfüllter Verpflichtungen und zurückgezogener Versprechungen. Da hatte ich Stoff zum Nachdenken genug, beginnend mit Peter (der fast mit Gewissheit noch am Leben gewesen wäre, wenn ich ihn nicht für diese Expedition genommen hätte) und schließend, oder nicht schließend, mit Klara in ihrem erstarrten Schwarzen Loch – nicht schließend, weil ich immer noch andere wusste. Diese Belustigung wurde bald schal. Zu meiner Überraschung kam ich dahinter, dass das Schuldbewusstsein gar nicht so überwältigend war, wenn ich es erst einmal herausließ; und damit war der erste Tag überstanden.
Dann beschäftigte ich mich mit den Bändern. Ich ließ mich von dem halben Albert, dem starren, nur halb belebten Zerrbild des Programms, das ich kannte und liebte, über Machs Prinzip belehren, über flotte Zahlen und seltsamere Formen astrophysikalischer Überlegungen, als ich sie mir je hätte träumen lassen. Ich hörte nicht richtig zu, ließ die Stimme aber über mich hinwegtönen, und das war der zweite Tag.
Dann schlürfte ich aus derselben Quelle, was über die Toten Menschen gespeichert war. Ich hatte schon vorher fast alles davon gehört. Ich hörte alles noch einmal. Ich hatte nichts Besseres zu tun, und das war der dritte Tag.
Dann gab es verschiedene
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