Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
sitzen lässt. Aber jetzt ist es, glaube ich, Zeit ins Bett zu gehen …«
Er schüttelte den Kopf. »Es ist noch früh. Ich bin noch so aufgedreht. Was ist mit dem alten Hitschi-Zeug? Du hast doch behauptet, du wüsstest, wie man an den Wachposten vorbeikommt.«
Sie blieb abrupt stehen und schaute ihn an. »Du hältst einen ganz schön auf Trab, Audee. Mal so, mal so«, beklagte sie sich. »Aber was soll’s!«
Die S. Ya. hatte einen doppelten Rumpf. Der Zwischenraum war eng und dunkel. Man konnte ihn aber betreten. Yee-xing führte Walthers durch den engen Gang an der Außenhaut des riesigen Raumschiffes, dann durch das Labyrinth der leeren Siedlerbetten, vorbei an der primitiven, großen Küche, die sie ernährte, an einen Ort, der nach uraltem Abfall und Fäulnis roch – in eine geräumige, schummrige Kammer. »Hier ist es«, sagte sie. Sie flüsterte, obwohl sie ihm versichert hatte, sie wären von den Wachen so weit entfernt, dass diese sie nicht hören konnten. »Bring deinen Kopf nahe an das Ding, das wie ein silbernes Körbchen aussieht – siehst du, wo ich hinzeige? Aber ja nicht berühren! Das ist wichtig!«
»Warum ist das wichtig?« Walthers schaute sich in dem Raum um, der so etwas wie der Dachboden der Hitschi gewesen sein könnte. Da gab es mindestens vierzig Geräte, kleine und große, die alle fest mit dem Schiff verbunden waren. Manche waren groß, manche klein, manche rund mit gespreiztem Sockel auf dem Deck, manche eckig, die metallisch blau und grün schimmerten. Von den geflochtenen Metallhüllen, auf die Yee-xing zeigte, gab es drei, die alle gleich aussahen.
»Es ist wichtig, weil ich nicht von Bord dieses Schiffes gejagt werden will, Audee. Pass also auf!«
»Ich pass’ schon auf. Warum gibt es drei davon?«
»Warum haben die Hitschi überhaupt etwas so oder so gemacht? Vielleicht waren alle drei Reservestücke. Und jetzt hör mir ganz genau zu! Bring deinen Kopf nahe an das Metall heran, aber nicht zu nahe. Sobald du etwas spürst, das nicht aus dir selbst herauskommt, bist du nahe genug. Du wirst wissen, wann es so weit ist. Geh dann nicht näher heran, und vor allem, berühre es auf keinen Fall! Das Ding funktioniert nämlich in beide Richtungen. Solange du mit einem allgemeinen Gefühl zufrieden bist, bemerkt keiner etwas. Jedenfalls wahrscheinlich nicht. Wenn sie aber etwas mitbekommen, jagt uns der Kapitän alle beide zum Teufel. Hast du das kapiert?«
»Natürlich!«, erwiderte Walthers etwas verärgert und schob seinen Kopf etwa zehn Zentimeter an das silbrige Drahtgeflecht heran. Dann wandte er sich wieder Yee-xing zu. »Nichts«, bemerkte er.
»Versuch es ein bisschen näher.«
Es war nicht leicht, den Kopf Zentimeter um Zentimeter vorzuschieben, wenn er in so merkwürdig schiefer Stellung gehalten werden musste und es nichts zum Festhalten gab. Aber Walthers folgte ihren Anweisungen …
»Das reicht!«, rief Yee-xing, die sein Gesicht beobachtet hatte. »Nicht näher!«
Er antwortete nicht. Sein Kopf war voll kaum wahrnehmbarer Empfindungen – ein wirres Durcheinander von Empfindungen. Da waren Träume und Tagträume und jemand in höchster Atemnot. Da lachte jemand, und jemand anderer, der eigentlich drei Paare zu sein schien, betätigte sich auf sexuellem Gebiet. Er drehte sich, um Janie zuzulächeln, und wollte etwas sagen …
Und dann war da ganz plötzlich noch etwas anderes.
Walthers erstarrte. Aufgrund Yee-xings Beschreibung hatte er irgendein Gefühl von Gesellschaft erwartet. Die Gegenwart anderer Leute. Deren Ängste, Freuden, Sehnsüchte und Vergnügungen – aber diese »anderen« waren immer menschlich.
Dieses neue Ding war es nicht.
Walthers wand sich in Krämpfen. Sein Kopf berührte das Geflecht. Alle Empfindungen wurden tausendfach deutlicher, wie beim Scharfstellen einer Linse, und er spürte die neue und distanzierte Anwesenheit – oder Anwesenheiten? – auf eine ganz andere und unmittelbare Art und Weise. Es war ein entferntes, rutschiges, frostiges Gefühl, das nicht von etwas Menschlichem ausging. Falls die Urheber dieser Empfindungen Depressionen oder Phantasievorstellungen hatten, war Walthers nicht imstande, diese zu erfassen. Er konnte nur spüren, dass sie anwesend waren, dass sie existierten. Sie gaben keine Antwort . Sie veränderten sich nicht.
Genauso müsste das Gefühl sein, wenn man sich in das Bewusstsein einer Leiche versetzen könnte, dachte Walthers mit Panik und Abscheu …
All dies spielte sich in einem
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