Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
zum Aufwärts-Schacht nicht viel.
In meinem Inneren wusste ich, dass Emma Fother Recht gehabt hatte: Die Menschheit brauchte, was wir Prospektoren ihr geben konnten. Brauchte es dringend. Es gab hungernde Menschen, und die Hitschi-Technologie konnte ihr Leben erträglicher gestalten, wenn Prospektoren hinausflogen und Proben zurückbrachten.
Selbst wenn das ein paar Menschenleben kostete.
Selbst wenn Klara und ich unter den Opfern waren. Wünschte ich, so fragte ich mich, dass mein Sohn – falls ich jemals einen Sohn haben sollte – seine Kindheit so zubringen muss, wie ich die meine?
Wir sprangen in Etage Babe vom Aufwärts-Kabel ab und hörten Stimmen. Ich achtete nicht darauf. Ich gelangte innerlich zu einem Entschluss.
»Klara«, sagte ich, »hör zu. Wir …«
Aber Klara blickte über meine Schulter.
»Um Himmels willen!«, sagte sie. »Schau, wer da kommt!«
Ich drehte mich um, und da flatterte Shicky in der Luft und sprach mit einem Mädchen. Ich stellte verblüfft fest, dass es Willa Forehand war. Sie begrüßte uns, halb verlegen, halb belustigt.
»Was soll denn das?«, sagte ich. »Sind Sie nicht eben abgeflogen – vor acht Stunden vielleicht?«
»Vor zehn«, sagte sie.
»Ist mit dem Schiff etwas passiert? Musstet ihr umkehren?«, meinte Klara.
Willa lächelte schief.
»Keine Spur. Ich war dort und bin wieder da. Bis jetzt der kürzeste Flug überhaupt: Ich war auf dem Mond.«
»Auf dem Erd mond?«
»Genau.« Sie schien sich zusammenzunehmen, um nicht lachen zu müssen. Oder weinen.
Shicky sagte tröstend: »Sie bekommen bestimmt eine Prämie, Willa. Ein Schiff flog einmal zum Ganymed, und die Gesellschaft hat eine halbe Million unter der Besatzung aufgeteilt.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Da mache ich mir wenig Hoffnungen, lieber Shicky. Oh, sie werden uns etwas geben, aber nicht so viel, dass es ins Gewicht fällt. Wir brauchen mehr.« Das war das Ungewöhnliche und ein wenig Überraschende an den Forehands; es hieß immer ›wir‹. Sie hielten wirklich zusammen wie Pech und Schwefel, auch wenn sie mit anderen nicht gern darüber sprachen.
Ich berührte sie, halb aus Zuneigung, halb aus Mitgefühl.
»Was wollen Sie machen?«
Sie sah mich erstaunt an.
»Na, ich habe mich schon für einen neuen Start eingetragen, für übermorgen.«
»Oh!«, sagte Klara. »Wir müssen zwei Feiern gleichzeitig für Sie geben! Fangen wir lieber sofort an …«
Und Stunden später, kurz bevor wir an diesem Abend einschliefen, sagte sie zu mir: »Hast du mir nicht etwas sagen wollen, bevor wir Willa bemerkt haben?«
»Weiß nicht mehr«, antwortete ich schläfrig. Ich hatte es aber nicht vergessen. Ich wusste, was es gewesen war. Doch ich wollte es nicht mehr aussprechen.
Es gab Tage, an denen ich mich beinahe dazu aufgerafft hätte, Klara zu bitten, mit mir hinauszufliegen. Und es gab Tage, an denen ein Schiff mit zwei halb verhungerten, ausgedörrten Überlebenden zurückkam – oder ohne Überlebende – oder ein paar Starts vom vergangenen Jahr als vermisst eingestuft wurden. An solchen Tagen war ich beinahe so weit, Gateway für immer zu verlassen.
An den meisten Tagen zogen wir es vor, die Entscheidung einfach zu verschieben. So schwer war das nicht. Es war eine recht angenehme Art zu leben, Gateway und einander zu erforschen. Klara stellte ein Dienstmädchen ein, eine stämmige, junge blonde Frau aus den Nahrungsgruben von Carmarthen, die Hywa hieß. Abgesehen davon, dass der Grundstoff für die walisischen Einzeller-Proteinfabriken Kohle statt Ölschiefer war, hatte ihre Welt große Ähnlichkeit mit der meinen gehabt. Ihr Ausweg war kein Lotterieschein gewesen, sondern zwei Jahre Dienst auf einem Handelsraumschiff. Sie konnte nicht einmal nach Hause. Sie war auf Gateway von Bord gegangen und hatte ihre Kaution verloren. Und Prospektor konnte sie auch nicht werden, weil sie sich bei einem Raumschiffstart eine Herzarrhythmie zugezogen hatte, die sich manchmal zu bessern schien und sie dann wieder eine ganze Woche ins Hospital brachte. Hywas Aufgabe bestand darin, für mich und Klara sauber zu machen und zu kochen sowie auf die kleine Kathy Francis aufzupassen, wenn ihr Vater Dienst hatte und Klara ihre Ruhe haben wollte. Klara hatte im Kasino ziemlich viel verloren, sodass sie sich Hywa eigentlich gar nicht leisten konnte, aber mich konnte sie sich auch nicht leisten.
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