Die gefangene Braut
Wakefield-Anwesen vermissen, aber John würde ihr andernfalls noch mehr fehlen.
Sie hoffte, man würde John nicht zu weit fortschicken. Er hatte nicht vor, eine militärische Karriere zu machen, aber er wollte seinen Teil für sein Land tun, ehe er sich seßhaft machte. Morgen würden sie wieder in Wakefield sein und dann bald abreisen. Sie hoffte, es würde nicht zu bald sein.
Christina ging nach oben, um ein Bad zu nehmen. Sie liebte entspannende Bäder. Sie taten ihr ebenso gut wie das Reiten.
Christina kleidete sich mit besonderer Sorgfalt, da es ihr letzter Abend in London sein würde. Sie wählte ein Abendkleid in dunklem Burgunder und ließ sich von Mary ihre blonden Locken zu einer kunstvollen neuen Frisur hochstecken. Sie steckte sich blutrote Rubine ins Haar und legte ein dazu passendes Geschmeide an. Ihre Mutter hatte ihr Rubine, Saphire und Smaragde hinterlassen. Die Diamanten und Perlen sollte John seiner Frau schenken, wenn er heiratete. Ihre Mutter hatte einmal zu ihr gesagt, ihre Haut und ihr Haar seien zu hell für Diamanten, und Christina hatte ihr zugestimmt.
Christina bewunderte ihr Spiegelbild. Sie trug liebend gern schöne Kleider und edlen Schmuck. Sie wußte, daß sie hübsch war, aber sie konnte nicht glauben, daß sie so schön war, wie es ihr immer wieder gesagt wurde. Ihr Haar war von einem so hellen Blond, daß ihre hohe Stirn in ihren Haaransatz überzugehen schien. Mit ihrer Figur war sie jedenfalls zufrieden. Ihre Brüste waren voll und perfekt geformt, und ihre schlanken Hüften betonten ihre langen Beine.
Ein Klopfen an der Tür riß sie aus ihrer eitlen Selbstgefälligkeit. John rief von draußen: »Wenn du fertig bist, Crissy, könnten wir doch ein letztes Mal durch den Park fahren, ehe wir zum Essen gehen.«
Als sie die Tür öffnete, sah sie Johns bewundernden Blick. »Ich muß nur noch meinen Umhang holen, dann können wir gehen«, erwiderte sie fröhlich.
»Du bist sehr schön heute, Crissy, aber schließlich bist du immer schön.«
»Du bist ein Schmeichler, John, aber ich mag das«, neckte sie ihn. »Gehen wir?«
Christina und John fuhren gemächlich durch den Regent's Park, ehe sie vor einem schmucken Stadthaus in der Eustin Street anhielten. Tom und Anne Shadwell begrüßten sie an der Tür, und John stellte ihnen Christina vor. Anne Shadwell war die kleinste Frau, die Christina je gesehen hatte. Mit ihrem schwarzen Haar, ihren dunklen Augen und dem weißen Teint sah sie wie eine Porzellanpuppe aus. Ihr Mann war so groß wie John und hatte ein gefurchtes Gesicht.
»Ihr seid die letzten, John. Meine anderen Gäste sind bereits im Salon«, sagte Tom Shadwell, als er ihnen voranging-
Als sie den Salon betraten, fiel Christinas Blick unwillkürlich zuerst auf ihn. Er war unter allen Anwesenden der Größte. Oh, verdammt noch mal, dachte sie, er würde ihr den letzten Abend in London verderben!
Philip Caxton sah Christina in dem Moment, in dem sie den Raum betrat. Sie wandte sich verächtlich ab, als sie ihn sah. Aber schließlich hatte er nicht mit einer leichten Eroberung gerechnet. Am Vorabend schien sie ihn gehaßt zu haben.
Es war ein reiner Glücksfall gewesen, daß er John Wake-
field am Nachmittag über den Weg gelaufen war und von ihm erfahren hatte, daß er und seine Schwester heute abend hier sein würden. Paul kannte Tom Shadwell und konnte eine Einladung für sich und Philip besorgen.
Philip hatte außerdem von John Wakefield erfahren, daß dies ihr letzter Abend in London war, und daher mußte er zügig vorgehen. Er hoffte, daß sich Christina von seiner Kühnheit nicht zu sehr in die Enge getrieben fühlte, aber er hatte keine andere Wahl, als zu versuchen, sie noch heute nacht für sich zu gewinnen. Am liebsten hätte er Christina in seine Heimat mitgenommen und sie zu seiner Frau gemacht, ob sie Einwände dagegen erhob oder nicht – ganz so, wie es beim Volk seines Vaters üblich war. Aber er wußte, daß er das nicht tun konnte, nicht hier, in England. Er mußte versuchen, ihre Zuneigung auf zivilisierte Art zu gewinnen.
Er seufzte und verfluchte die Zeitknappheit. Aber vielleicht spielte Christina Wakefield auch nur das Mädchen, das schwer rumzukriegen war. Schließlich kamen junge Mädchen nach London, um sich einen Mann zu suchen. Und ein so schlechter Fang war er nun auch wieder nicht. Dennoch standen die Chancen nicht gut für ihn, und sie hatten sich erst am Vortag kennengelernt. Verdammt, warum hatte er sie nicht eher getroffen?
Anne
Weitere Kostenlose Bücher