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Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Die geheime Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die geheime Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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glaube ich eher nicht.
    Georges Laforgue gehört immer noch zum Lehrkörper für Literatur und Sprachen in Hampden; seine Feinde haben es immer noch nicht geschafft, ihn zu ersetzen.
    Dr. Roland hat sich aus dem aktiven Lehrerdasein zurückgezogen. Er wohnt in Hampden Town und hat ein Fotobuch über das College im Wandel der Zeiten herausgegeben, was ihn zu einem begehrten Tischredner in den diversen Clubs der Stadt hat werden lassen. Seinetwegen wäre ich beinahe nicht zum Universitätsstudium zugelassen worden, weil er mir eine Empfehlung ausstellte, in der er mich – so glühend er mich lobte – wiederholt »Jerry« nannte.
    Die wilde Katze, die Charles gefunden hatte, entpuppte sich überraschenderweise als ziemlich nettes Haustier. Sie freundete sich im Laufe des Sommers mit Francis’ Cousine Mildred an und zog im Herbst mit ihr nach Boston, wo sie jetzt ganz zufrieden unter dem Namen »Princess« in einer Zehnzimmerwohnung an der Exeter Street wohnt.
    Marion ist verheiratet, und zwar mit Brady Corcoran. Sie wohnen in Tarrytown, New York – von dort aus hat Brady es nicht weit zur City –, und inzwischen haben die beiden ein Baby, ein Mädchen. Es zeichnet sich dadurch aus, daß es seit – niemand weiß, wie vielen – Generationen das erste weibliche Wesen ist, das in den Corcoran-Klan hineingeboren wurde. Francis berichtet, daß Mr. Corcoran absolut verrückt nach ihr ist und alle seine anderen Kinder, Enkelkinder und Haustiere darüber vergißt. Sie wurde auf den Namen Mary Katherine getauft, aber dieser Name fällt mehr und mehr der Vergessenheit anheim, da die Corcorans - aus Gründen, die sie selbst sicher am besten kennen – es vorgezogen haben, ihr den Spitznamen »Bunny« zu verpassen.
    Von Sophie höre ich hin und wieder. Sie hatte sich das Bein verletzt und mußte bei ihrer Tanztruppe eine Weile aussetzen, aber kürzlich hat sie eine große Rolle in einer neuen Einstudierung bekommen. Wir gehen manchmal zusammen essen. Wenn sie anruft, ist es meistens spätabends, und dann will sie über ihre Probleme mit ihrem Freund reden. Ich mag Sophie gern. Ich schätze, man könnte sagen, sie ist meine beste Freundin hier. Aber irgendwie habe ich ihr nie wirklich verziehen, daß sie mich gezwungen hat, in diese gottverlassene Gegend zurückzuziehen.
    Julian habe ich seit jenem Nachmittag mit Henry in seinem Büro nicht mehr zu Gesicht bekommen. Francis hat es – unter außergewöhnlichen Schwierigkeiten – geschafft, ihn zwei Tage vor Henrys Beerdigung zu erreichen. Er erzählte, Julian habe ihn herzlich begrüßt, sich höflich die Nachricht von Henrys Ableben angehört und dann gesagt: »Ich bin Ihnen dankbar, Francis, aber ich fürchte, da gibt es wirklich nichts mehr, was ich noch tun kann.«
    Vor etwa einem Jahr hörte ich von Francis ein Gerücht – wir haben später herausgefunden, daß es eine romantische Erfindung gewesen war –, demzufolge Julian zum Königlichen Hauslehrer des kleinen Kronprinzen von Suaoriland, irgendwo in Ostafrika, ernannt worden sei. Aber diese Geschichte, so falsch sie war, gewann in meiner Phantasie ein kurioses Eigenleben. Konnte es ein besseres Schicksal für Julian geben, als eines Tages die Macht hinter dem Thron von Suaori zu sein und seinen Schüler in einen Philosophen-König zu verwandeln? (Der Prinz in dieser Legende war erst acht Jahre alt. Ich frage mich, was ich heute wäre, wenn Julian mich in die Hand bekommen hätte, als ich acht war.) Ich stelle mir gern vor, daß er – wie Aristoteles – einen Mann erziehen
würde, der später die Welt erobert. Oder, wie Francis meint, vielleicht auch nicht.
    Was aus Agent Davenport geworden ist, weiß ich nicht – ich nehme an, er wohnt immer noch in Nashua, New Hampshire – aber Detective Sciola ist tot. Er ist vor drei Jahren an Lungenkrebs gestorben. Das weiß ich aus einem Spot der Gesundheitsbehörde, den ich eines späten Abends im Fernsehen gesehen habe. Man sah Sciola, hager und dantesk, vor einem schwarzen Hintergrund stehen. »Wenn Sie diesen Spot sehen«, sagte er, »werde ich tot sein.« Und dann erzählte er, daß es nicht sein Beruf als Verbrechensbekämpfer gewesen sei, der ihn das Leben gekostet habe, sondern zwei Schachteln Zigaretten täglich. Ich sah diesen Film gegen drei Uhr morgens allein in meinem Apartment in einem alten Schwarzweißfernseher mit starken Störungen. Rauschen und Schnee. Er schien unmittelbar mich anzusprechen, aus dem Fernsehapparat heraus. Einen Moment lang

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