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Die geheime Reise der Mariposa

Die geheime Reise der Mariposa

Titel: Die geheime Reise der Mariposa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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Erschöpfung aus dem Herzen. Sie lagen nebeneinander im Sand, hielten ihre Gesichter den Tropfen entgegen und spürten, wie das Leben in sie zurückkehrte.
    Schließlich fielen die letzten Tropfen in den Sand. Auf den regennassen Klippen sah Marit wieder rote Strandkrabben umherlaufen, übermütig wie Kinder, die in Pfützen springen. Kurt watschelte mitten zwischen sie, balancierte seinen wuchtigen weißen Körper über die Felsen und begann die feuerroten Meeresgeschöpfe zu fangen. Er fraß sie nicht, sondern legte sie neben José und Marit in den Sand, mehr und mehr, gepackt von plötzlicher Sammelleidenschaft.
    »Ein Feuer«, sagte Marit. »Wir brauchen ein Feuer, José. Wir können sie braten.«
    »Damit der Rauch uns verrät?«, fragte José. »An die, die vielleicht hier auf der Insel sind?«
    »Nicht, damit der Rauch uns verrät«, erwiderte Marit. »Damit wir nicht verhungern.«
    Sie sah zu, wie José die Krabben mit einem Stein tötete, sie zuckte bei jedem Schlag zusammen.
    »Ich töte sie nicht, um ihnen wehzutun«, sagte José ernst, »sondern damit wir nicht verhungern.«
    Marit sammelte Holz hinter dem Strand, und nach einer Menge Versuchen und Flüchen gelang es José, aus zwei kleinen Steinen einen Funken zu schlagen. Während die Flammen in den Himmel loderten und sie mit den Schalen der Krabben kämpften, war es dunkel geworden. Ihre Kleider waren an ihnen getrocknet und hoch über ihnen blinkten die Sterne.
    »Hier sitzen wir also auf der Isla Maldita«, sagte José bitter. »Wir haben es geschafft. Wir sind da. Aber wir besitzen nichts mehr. Nichts außer der Karte. Kein Schiff, kein Gewehr, nicht einmal ein Messer.«
    Marit griff in ihre Hosentasche und zog ein zerknülltes Stück Stoff hervor. »Ich habe die alte Mütze meines Vaters«, sagte sie. »Und ich habe eine Reisratte in meinem Ärmel.«
    Aber natürlich hatte José recht. Sie hatten nichts mehr. Sie waren der Isla Maldita ausgeliefert. Ihr und ihrem Geheimnis.
    José griff ebenfalls in seine Tasche. Er holte eine mehrfach gefaltete Plastikhülle hervor, zog ein Stück Papier heraus und glättete es.
    »Die Karte«, wisperte Marit. Jetzt sah sie sie zum ersten Mal. Casafloras Hülle hatte an einigen Stellen das Wasser durchgelassen und dort waren die Linien auf der Karte verschmiert und unkenntlich. Abgesehen davon bestand sie aus dem Umriss der Insel und einer Menge konzentrischer Kreise. Oder eher Ovalen, ineinandergeschachtelten Ovalen. In der Mitte dieser Ovale gab es je einen Stern.
    »Höhenlinien«, sagte Marit. »Das sind Höhenlinien, José. Die kleinen Zahlen sind die eingezeichneten Höhenmeter. Geschätzten Höhenmeter, würde ich sagen. Der höchste Punkt ist der Stern.«
    »Natürlich«, sagte José, aber sie hörte, dass er nicht daran gedacht hatte. »Allerdings ist der Stern nicht der höchste Punkt. Er ist der tiefste. Der Krater des ehemaligen Vulkans. Alle Inseln haben Vulkane. Alle Inseln sind Vulkane. Aber darum geht es nicht. Siehst du das Kreuz dort?«
    Marit nickte. Es war winzig und schwarz, auf eine gewisse Weise schwärzer als der Rest der Zeichnung.
    »Es führt ein Weg hin«, sagte José. »Hier, die gestrichelte Linie.«
    Die Linie begann am Strand neben etwas, das aussah wie ein Felsen im Wasser: eine Spitze, die aus einer Wellenlinie hervorbrach.
    »Vielleicht sind das die Klippen, genau hier, am Rand der Bucht«, sagte Marit.
    José schüttelte den Kopf. »Die Klippen sind unter Wasser. Zum größten Teil. Es muss noch etwas am Strand geben, etwas Großes, das aus dem Wasser ragt. Und das müssen wir finden. Von dort aus folgen wir dem gestrichelten Weg. Morgen.«
    »Falls es den Weg noch gibt«, sagte Marit. »Die echte Karte, die dein Vater als Kind abgezeichnet hat, wie alt war die? Hundert Jahre? Ich fürchte, das Reisebüro dieser unbewohnten Insel hat nicht daran gedacht, den alten Piratenweg jedes Jahr freizuschneiden.«
    José knurrte. »Wer weiß«, sagte er, »ob sie so unbewohnt ist, wie sie scheint.«
    Und dann begann die erste Nacht auf der Isla Maldita, und sie gehörte zu den langen Nächten, die niemals zu enden scheinen. Wie viele solche Nächte hatte es gegeben, seit sie unterwegs waren! Nächte im Sturm, Nächte voller Misstrauen, Nächte, in denen sie eingesperrt gewesen waren … Nächte, in denen José nicht gewusst hatte, wer wer war und wem er trauen konnte.
    Diese Nacht war voll von den wispernden Geistern aus den Geschichten der Abuelita.
    José lauschte den Stimmen im Busch

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